Blog

  • Bücher, schnell gelesen: 1.794

    Bücher, schnell gelesen: 1.794

    Ullrich Schwarz – Das ungebaute Hamburg (Dölling und Galitz, 2025)

    Gelesen: 01. – 03.11.2025 (netto 580 Seiten)

    Das geht dann wohl ehr als Fachbuch durch, allerdings finde ich das es für geschichtsinteressierte Hamburger ein wahrer Quell der Freude ist.

    Bereits 1991 gab es ein gleichnamiges Werk (das ich jetzt dringend antiquarisch finden muss), das die letzten 150 Jahre beleuchtet hat.

    Das ungebaute Hamburg (Junius Verlag, 1991)

    Der Nachfolger beschäftigt sich ehr mit den letzten Jahrzehnten, beginnt 1960 und ist voller verrückter Ideen und nicht umgesetzter Entwürfe vor allem aus den letzten 30 Jahren. Das hat u.a. sicher auch damit zu tun, das viele öffentliche Wettbewerbe und das verdammte Internet ein viel besseres kollektives Gedächtnis geschaffen haben.

    Es werden 32 Projekte (Einzelbauten, Wettbewerbe, städtebauliche Projekte, Infrastruktur- und Verkehrsprojekte) vorgestellt, meine Hightlights:

    Die durchgeknallten Wolkenkratzer der Neuen Heimat in St. Georg, die City Süd als wohnungslose Katastrophe, die spannende Living Bridge über die Norderelbe, die verstörenden Ideen für den Spielbudenplatz auf der Reeperbahn, die Umgestaltung von St.Pauli-Süd und dem Fischmarkt, Olympische Spiele (grad mal wieder aktuell), die Autoverkehrsplanung (Auto zuerst!) mit dem dritten Elbtunnel, der zweite Köhlbrandbrücke und einer Tiefgarage unter der Alster. Und, total irre, dem Autobahnnetz direkt durch Hamburg.

    Und natürlich der (Alf) Burchardplatz in der City (hallo Alfie from Ottensen).

    Die jeweiligen Autoren nehmen dabei auch mit scharfem Blick die Rolle von Politik und Wirtschaft in der Stadtentwicklung ins Auge und zeigen auch, das auf den ersten Blick verrückte Ideen Jahre später … sehr reif daherkommen.

    Einfach zu schön zum schmökern und schmunzeln.

    Was Wäre Wenn ist schon immer etwas was mich interessiert hat. Und das gibt es hier auf den Punkt.

    Soundtrack dazu: Backlash – The Visionary, was sonst?

    PS: Die echt irre Idee mit St. Georg…

    ARD Mediathek (bis 15.08.2027 verfügbar)

  • Bücher, schnell gelesen: 1.793

    Bücher, schnell gelesen: 1.793

    Gerhard Paul – Das absurde Ende des “Dritten Reiches” (Verlag Herder, 2025)

    Gelesen: 28. – 31.10.2025 (netto 310 Seiten)

    Mal kein Crime sondern … Geschichte. Mit einem Hauch von Operette.

    Das Ende des zweiten Weltkrieges mit der bedingungslosen Kapitulation der Deutschen Streitkräfte am 08. Mai 1945 gilt für viele als Ende des 3. Reiches und der Nazi-Herrschaft.

    Allerdings gab es da noch eine kleine aber feine Genauigkeit: Mit dem Selbstmord von Hitler am 30.04.1945 galt sowas wie sein politisches Testament, in dem Hitler an allen (auch im 3ten Reich geltenden) Gesetzen vorbei Großadmiral Karl von Dönitz zum Reichspräsidenten machte.

    Der stellte dann auch in der Holsteinischen Schweiz (wohin viele Reichsregierungsstellen aus dem brennenden Berlin ausgelagert worden sind) auch eine Geschäftsführende Reichsregierung zusammen, die am Ende über ein paar Quadratkilometer Marineschule Mürwik (in Flensburg) bestimmte.

    Weil Schleswig-Holstein eben noch nicht von den Engländern besetzt worden war. Vor dort aus entsandte Dönitz dann auch Keitel, Stumpff und von Friedeburg nach Berlin-Karlshorst wo die Kapitulationsurkunde pressefreundlich am 08. Mai nochmal gegenüber allen Alliierten unterzeichnet wurde.

    Was Dönitz und Co. sonst so machten, dem spürt der Historiker Gerhard Paul nach und das ganze ist tatsächlich mit einem gewissen Schmunzeln zu lesen. Wenn nicht Dönitz und seine Knallchargen weiterhin 3te Reich gespielt hätten.

    Wo im Rest von Deutschland bereits Hakenkreuz und Waffen verboten waren, gab es diese in Mürwitz noch … inkl. Standurteile gegen Defätisten, Fahnenflüchtlinge etc.

    Und Heinrich Himmler, der samt der SS Führung dort auch aufschlug, sorgte für den mehr oder weniger erfolgreichen Umstieg in die Nachkriegszeit: Ordentlich falsche Papiere wurden ausgestellt.

    Erst am 23. Mai 1945 setzten die Engländer dem ganzen ein Ende und verhafteten die ganze Bagage. Dafür reichte dann ein Zug britischer Soldaten.

    Detention Card für Karl Dönitz

    Spannend, unterhaltsam und immer mit dem Finger in der Wunde. Denn Paul stellt an jedes Kapitelende ein “Übrigens” und zeigt auf das z.B. Nazigeneräle eine Ehrentafel bekamen aber KZ-Gefangene, die irgendwie nach Flensburg verschleppt wurden, nicht. Dito einfache Soldaten, die noch nach der Kapitulation zum Tode verurteil wurden.

    Und nach dem Krieg jede Menge Politiker, Bürgermeister etc. die an nichts erinnern wollen.

    Geschichte, die erzählt werden muss. Geschichte, die gekannt werden muss. Geschichte, die verdammt nochmal kein Fliegenschiss ist.

    Soundtrack dazu: No Hope For The Kids – Das Reich, was sonst?

    PS: Topografie des Terrors!

  • Bücher, schnell gelesen: 1.792

    Bücher, schnell gelesen: 1.792

    Michael Connelly – Götter Der Schuld (Kampa, 2025)

    Gelesen: 15. – 27.10.2025 (netto 479 Seiten)

    Aus dem amerikanischen Englisch von Sepp Leeb.

    Tja, da ich die Lincoln Lawyer Serie im TV gesehen habe und die dritte Staffel (erschienen 2024) auf exakt diesem Buch beruht bin ich dann doch in die Bredouille gekommen: Das durchgehende Gefühl das ich genau weiß wie es weiter geht.

    Als TV Serie wird dieses Buch in 10 Folgen per ca. 50 Minuten gepackt, also ein büschen mehr als 8 Stunden. Und natürlich nutzt die Serie die verschiedenen twists’n’turns des Buches als Cliffhänger der Einzelfolgen.

    Als ganzes und als Buch funktioniert es aber natürlich auch. Michael Connelly schafft es einfach perfekt eine eigentlich lineare Geschichte (Verteidigung eines des Mordes angeklagten Klienten) nicht nur in spannende Handlungsstränge zu zerlegen sondern diese sowohl was das Prozessgeschehen als die Ermittlungsarbeit angeht relevant und echt zu halten.

    Seine Stärke diese Prozesse klar zu beschreiben zieht sich ja durch alle seine Bücher, hier gibt es das von A bis Z.

    Und es ist ein Fall wo der Michael Haller nicht nur gewinnt sondern auch Opfer bringen muss. Seine Ermittlungsarbeit kostet einem Mitarbeiter das Leben. Bringt einen ex-Polizisten dazu sich umzubringen. Rettet en passant einen Bösewicht des Kartells und dieser bedankt sich in dem er einen DEA Bösewicht erledigt.

    Klingt wild, fügt sich aber logisch zusammen.

    Spannend, rund und … vieleicht ein wenig zu gefällig? Egal, ich mag dieses Zeug.

    Soundtrack dazu: The Muffs – Guilty, was sonst?

    PS: Und Michael so?

    Der Trailer…