Bücher, schnell gelesen: 1.644

Peter Papathanasiou – Steinigung (Polar Verlag, 2023)

Gelesen: 28. – 30.05.2023 (netto 352 Seiten).

Aus dem australischen Englisch von Sven Koch.

Öfter mal eine neue Schublade, diese hier wird mit dem Aufkleber Outback Noir versehen, keine Ahnung warum das so sein muss. Aber passen tut das Buch 110% zur Constable Hirschhausen Serie von Garry Disher (der eine eigene Schublade verpasst bekommen hat mit Rural Noir drauf – Noir my ass!).

Wenn wir die Label beiseite lassen dann bekommen wir ein sehr dichtes Buch über ein hochaktuelles Thema: Ein Land (hier Australien) versucht Immigranten respektive Flüchtlinge …. ja was eigentlich? Abzuschrecken durch Schrecken?

Zitat Amnesty International:

It is obvious that the prolonged periods of detention, characterised by frustration and insecurity, are doing further damage to individuals who have fled grave human rights abuses. The detention policy has failed as a deterrent and succeeded only as punishment.

How much longer will children and their families be punished for seeking safety from persecution?

Quelle (von 2002 bereits)

Detective Sergeant Giorgios “George” Manolis wird in die Kleinstadt Cobb geschickt, wo eine junge und beliebte Lehrerin ermordet wurde. Der beinharte Einstieg in das Buch zeigt uns den Mord – eine Steinigung.

George wird nach Cobb geschickt weil es vor Ort nur einen kleinen, unterbesetzten und wohl auch unterbemittelten (in allen Belangen) Polizeiposten gibt. Und ein Internierungslager für illegale Ausländer respektive Eingereiste respektive Flüchtlinge. Und während George die Stadt seiner Jugend als einen Ort des Familienglücks (seine Eltern betrieben eine Milchbar) erinnert ist die Realität härter:

( (c) Polar Verlag 2023)

Suff und Elend, sowohl bei den Aborigines als auch bei den Weißen. Blackfella and Whitefella united sozusagen, vor allem im Elend. Die Blackfellas saufen, die Whitefellas halten sich an Meth. Und die Regierung hat versprochen das das Internierungslager Geld und Arbeit bringt. Pustekuchen, die Jobs im Lager erhalten Zeitarbeiter von Außerhalb, die wochenweise Dienst schieben.

Und mittendrin eine Steinigung. Die Blackfellas interessiert das nicht, die Whitefellas sind sicher das es Muslims aus dem Internierungslager waren – die Steinigen ja immer.

Peter Papathanasiou nimmt sich viel Zeit die Geschichte zu entwickeln und schält dabei ziemlich genau zum Kern: Die, die heute auf die Flüchtlinge zeigen und runtergucken, waren früher selber welche. Oder Sträflinge. Dabei hält er die Story bis zum Ende spannend und offen, die Lösung des Falles kommt fast nebenbei und überraschend, aus jeder Blickrichtung.

Vielleicht ein wenig lang, aber trotzdem eine gute und spannende Story vor einem durch-und-durch elendigem Setting: Australien, Hitze im Outback, Rassismus und eine verkackte Flüchtlingspolitik. Und jedem Menge Roos.

Soundtrack dazu: The Chats – Heatstroke, was sonst?

PS: Und Peter so?

Bücher, schnell gelesen: 1.643

Walter Mosley – Blood Groove (Ars Vivendi, 2022)

Gelesen: 25. – 27.05.2023 (netto 317 Seiten).

Aus dem amerikanischen Englisch von Jürgen Bürger.

Wer Walt Mosley zitiert sollte auch Walt Mosley lesen, ergo kommt nach S.A. Cosby jetzt was von Easy Rawlins. Passt perfekt.

1992 habe ich mein erstes Buch von Walt Mosley gekauft, “Der Weiße Schmetterling” erschienen im Knaus Verlag. Zu der Zeit hatte ich bereits James Ellroy entdeckt und hab angefangen vor allem Krimis aus L.A. zu verschlingen.

Blood Groove spielt 1969 und trotz der relaxten post-Hippie Zeit ist es für einen Schwarzen immer noch sowohl schwer erfolgreich zu sein als auch gefährlich, mit dem L.A.P.D. (der wahrscheinlich rassistischsten Polizeibehörde der Welt) auch nur aufeinanderzutreffen.

Auftritt Easy Rawlins, erfolgreicher Privatdetektiv, der genug Kontakte in L.A. hat um so ein Aufeinandertreffen mit einem L.A.P.D. Streifenpolizisten zu überleben (wenn er in einem Rolls-Royce Phantom angehalten wird).

Blood Groove startet einfach: Ein traumatisierter junger Vietnam Veteran glaubt im Streit einen Mann erstochen zu haben – nur fehlt sowohl eine Leiche als auch jegliche Spur. Die Suche von Easy Rawlins entlang der Geschichte des Veteranen nutzt Walter Mosley um trotzdem ein Feuerwerk an Spuren zu zünden.

Und alle diese Spuren haben irgendwie ein Verbindung, so wie Easy als WWII Veteran (der Dachau befreit hat) eine Verbindung zu dem Vietnam Veteran hat. Die Spurensuche nutzt Mosley auch geschickt um Salz in die Wunden von Polizeigewalt, Ausbeutung und Korruption zu legen – wobei Easy auch genau weiß wo er Hilfe bekommt, auch zu einem Preis.

Klasse Buch mit hohem Tempo, Tiefgang und einem klaren Blick auf Schwarz und Weiß in L.A. – jede Wette das dieses 2023 noch genauso ist.

Ich muss jetzt mal versuchen alle Easy Rawlins Romane sowie alles von Walt Mosley zusammenzubekommen. Guter Stoff.

Soundtrack dazu: Swingin’ Utters – No Groove In Gunsights, was sonst?

PS: Und Walt Mosley so?