Bücher, schnell gelesen: 1.694

José Falero – Supermarkt (Hoffmann und Campe, 2024)

Gelesen: 27.03. – 03.04.2024 (netto 311 Seiten)

Aus dem brasilianischen Portugiesisch von Nicolai von Schweder-Schreiner.

Ein sehr südamerikanisches Buch. Marxistisch, wenn es es um die Ideologie geht. Tarantino, wenn es um die coolen Ideen und Dialoge geht. Und gnadenlos realistisch, vor allem auch mit dem Ende der Geschichte.

Willkommen Pedro und Marques, aus den Favelas von Porto Alegre. Arm. Aber mit einem Job in einem Supermarkt. Lager. Regale. Putzen. Für kleines Geld.

Aber Pedro ist durch und durch ein Marxist und will die Ungerechtigkeiten verändern. Und er ist durch und durch Favela-Bewohner und sieht daher eine geniale Geschäftsidee: Die Drogenbosse kümmern sich nur noch um Crack, Koks und Heroin – der gute alte Joint ist in Vergessenheit geraten.

Und da Pedro gerne einen durchzieht um Entspannt sein Elend zu ertragen … will er eine Marklücke nutzen. Clever holt er das OK der lokalen Drogenbosse ein, im Niemandsland Grass zu verkaufen.

Und der Gewinn wird sozialisiert (zumindest gerecht unter den Mitgliedern seiner kleinen Crew). Und ein Plan entwickelt schnell wieder auszusteigen. Nicht aufzufallen.

Pustekuchen. Je mehr Erfolg sie haben, desto weniger bekommen wir Pedros sozialistische Weisheiten zu hören. Um so mehr Geld wird gemacht. Um so mehr schleicht sich unterdrückende Gewalt ein. Wird in reiche Viertel expandiert.

Und so kommt es wie es kommen muss: Das kleine lokale Ding wird zu groß, statt geschicktem Weglabern von Problemen kommen die Probleme mit Gewalt zu ihnen. Und mit der Gewalt kommt der Tod.

Weil der Tod, ist die Realität. In den Favelas.

Ein ziemlich lustiger und kluger Blick auf systemische Ungerechtigkeiten in Brasilien, auf den “Tellerwäscher-zum-Millionär” Mythos und darauf das man mit List und Kreativität was anderes aufbauen kann. Und garantiert vom Weg abkommt.

Eigentlich moderne Arbeiterliteratur. Wie weit würdest du gehen um ein besseres Leben zu erleben? Pedro jedenfalls hat am Ende seine entspannte Ruhe wieder.

Im Knast. Und da kommt José dann noch mit einem kleinen aber feinen literarischen Kniff um die Ecke.

Klasse Buch, macht richtig Spaß. Vor allem weil es Tod und Gewalt nicht auslässt.

Soundtrack dazu: The Movement – We Got Marx, was sonst?

PS: Und so sieht das aus in Porto Alegre…

Comments

Leave a Reply

Your email address will not be published. Required fields are marked *