
Gelesen: 29. – 30.12.2025 (netto 243 Seiten plus ein Nachwort von Nachwort von Günther Grosser)
Aus dem australischen Englisch von Kathrin Bielfeldt.
Das Jahr 2025 ist fast um und ich glaube ich habe gerade eines meiner Lieblingsbücher 2025 gelesen.
Bei Polar ist 2021 bereits Cordie erschienen, ein großartiges Kinderbuch. Ok, ein großartig dunkles Kinderbuch. Nicht unbedingt für Kindern.
Red knüpft daran an, aber nicht inhaltlich. Nachweislich des Nachwortes (mir hätte sich das so nicht ergeben) hat Felicity McLean die Ur-Australische Geschichte von Ned Kelly einfach in die 1990er geschoben und als vermeintlichen Helden ein 15 Jähriges Mädchen genommen.
Ned Kelly hat seine Geschichte damals einem Mitglied seiner Bande 1879 in die Feder diktiert bevor er 1880 dann gefasst und gehängt wurde. Es ist eine beeindruckende Oral History.
Ruby Sherrin McCoy aka Red erzählt uns ihre Geschichte und die Geschichte ihrer Familie aus dem Knast. Dort sitzt sie und wartet auf ein Urteil. Denn sie hat auf einen Polizisten eingestochen.
Das “warum” ist kompliziert und doch einfach: Für die Familie von Red gilt nämlich:
They fought the law. The law won. Such is life.
Daher ist die Story die Red erzählt immer mit Tragik behaftet. Niemand kann von ihrem Schicksal überrascht gewesen. Ihre väterlichen Bezugspersonen Sid und Chook verkörpern abgebrühte australische Männer, die immer auf der Suche nach einem zwielichtigen Geschäft sind. Die Geschichte lebt, wenn sie im Mittelpunkt stehen.
Ihre (und die ihrer Familie) Nemesis Healy ist der Polizeisergeant, ein typischer Dorf-Sheriff mit unkontrollierter Macht. Piesackt Sid und Red. Nutzt Sid aus. Verarscht ihn und Chook und bringt sie mit einem Trick in den Knast.
Fast alle von Red erwähnten Personen fühlen sich dabei sowas von real an. Und das liegt auch am Hauptkniff des Buches:
Die Story wird vollständig aus Reds Perspektive erzählt, in einem hektischen, umgangssprachlichen Stil, gespickt mit vielen „Ja“s und meist ohne Interpunktion. So wie junge und vermeindlich ungebildete Menschen eben sprechen.
Dieser Trick erfüllt dabei mehr als einen Zweck: Felicity McLean versetzt den Leser direkt in Reds Sichtweise und unterstreicht dabei dass die Wahrheit einer Geschichte davon abhängt, wessen Perspektive wir hören. Und das ist die Verbindung zu Ned Kellys eigenem Manifest, in dem er seine Sicht der Übel in der Australischen Kronkolonie darlegt.
Ich habs verschlungen. Und mehr als einmal hab ich mich auf die Seite von Red geschlagen. Aber wer Arm ist, muss Arm bleiben. Wer nicht mitspielt, ist draußen. Wer aufmuckt, wird kleingemacht.
Boah, das ist sowas von heute!
Soundtrack dazu: Stranglehold – Knock Me Down, was sonst?
PS: Und Felicity so?

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