Bücher, schnell gelesen: 1.632

Tom Lin – Die Tausend Verbrechen Des Ming Tsu (Suhrkamp, 2022)

Gelesen: 10. – 11.04.2023 (netto 291 Seiten).

Aus dem amerikanischen Englisch von Volker Oldenburg.

Krimi? Thriller? Mhhhhhh … das Buch passt nur mit viel Mut in diese Schublade. Es passt aber ganz wunderbar neben Die Abendröte Im Westen und Das Böse Im Blut.

Auch hier ist das Stichwort wieder “The Birth of a Nation is a bloody gory exercise”. Diesmal im Südwesten der US of A, Utah, Nevada, Kalifornien. 1869. Beim Bau der Central Pacific Railroad.

Und 10tausende Chinesen, die insbesondere die gefährliche (und oft tödliche) Arbeit in den Bergen ausführten.

Chinese labor was the most vital source for constructing the railroad. Most of the railroad workers in the west were Chinese, as white workers were not willing to do the dangerous work. Fifty Cantonese emigrant workers were hired by the Central Pacific Railroad in February 1865 on a trial basis, and soon more and more Cantonese emigrants were hired. 

Working conditions were harsh, and Chinese were compensated less than their white counterparts. Chinese laborers were paid thirty-one dollars each month, and while white workers were paid the same, they were also given room and board. 

In time, CPRR came to see the advantage of good workers employed at low wages: "Chinese labor proved to be Central Pacific's salvation."

Ausbeutung, Rasissmus, Sklavenarbeit – alles dabei. Und mittendrin ein doppelter Aussenseiter: Ming Tsu, Chinese aber in den US of A geboren und aufgewachsen. Nichteinmal der chinesischen Sprache mächtig. Aber von seinem amerikanischen Ziehvater als Killer ausgebildet.

In die Reihen der Bahnarbeiter hat ihn das Schicksal verschlagen: Die Liebe zu einer weißen Frau wurde vom Schwiegervater brutal beendet und er wurde in die Sklavenarbeit gezwungen. Mit der Bahn kam er nach Utah, ohne die Bahn macht er sich auf von Utah auf zurück nach Kalifornien. Zu seiner großen Liebe Ada.

Eine perfekte “Ein Mann Sieht Rot” Geschichte, in der der Profi-Killer seinen zukünftigen Opfern immer überlegen ist: Zum einen unterschätzen sie ihn ständig (er ist ja nur ein unterwürfiger gesichtloser Chinese), zum anderen ist er Profi. Mit dem Colt. Mit dem angeschliffenen Schwellennagel.

Aber das ganze passt auch andersrum: Für Ming Tsu sind auch alle Weißen gleich, gleich aussehend und gleich egal. Und darum verblasst auch die Erinnerung an seine große Liebe.

Der Rachetrip gen Westen ist aber nicht nur durch lakonische Kills spannend, sondern auch weil Tom Lin ganz wunderbare Landschaftsbeschreibungen beigibt. Und Ming Tsu auch eine etwas andere Begleitung mit auf den Weg gibt: Ein alter Chinese, blind, aber mit Fähigkeiten als Seher. Name: Der Prophet. Dazu eine kleine Sideshow Truppe mit wundersamen Fähigkeiten.

Und während Ming Tsu sich als Rächer gen Westen mordet, hungert und friert ahnt der Leser schon das am Ende nicht der Topf voll Gold wartet. Und trotzdem bekommt Tom Lin ein ordentliches Ende hin, natürlich ohne Happy End.

Im kleinen Klasse, im großen immer noch Klasse und ein Blick in eine Zeit wo der Fortschritt die Anarchie und das Chaos noch nicht eingefangen hat. Mit klugem Blick erkennt aber der Prophet das die Bahn genau dieses machen wird.

Ich mag solche Bücher, zumal dieses extrem kurzweilig daherkommt. Und auch ausreichend blutig, wo Blut fließt. Cool.

Bin definitiv gespannt was Tom Lin nach diesem Erstling noch so fertig bringt.

Soundtrack dazu: Huevos Rancheros – What A Way To Run A Railroad, was sonst?

PS: Und Tim Lin so?

PPS: Some views into the past

PPPS: Und eine kleine Kindheitserinnerung – Hörspiele aus dem Wilden Westen auf Schallplatte

https://www.youtube.com/watch?v=IFrAa4GLDY4

PPPPS: Weil es grad so schön passt …

Comments

Leave a Reply

Your email address will not be published. Required fields are marked *