Tag: suhrkamp

  • Bücher, schnell gelesen: 1.796

    Bücher, schnell gelesen: 1.796

    Candice Fox – Devil’s Kitchen (Suhrkamp, 2025)

    Gelesen: 05. – 11.11.2025 (netto 422 Seiten)

    Aus dem australischen Englisch von Andrea O’Brien.

    Das sind schon packende Bücher, die Candice Fox so schreibt. Ihre letzten Bücher spielen alle in Amerika und sind durchweg Einzelstücke. Diesmal ist sie in NYC zugange und packt sich dortige Helden (um sie schön zu zerlegen).

    Die New Yorker Feuerwehrleute sind seit 9/11 Helden und kommen mit vielen Dingen durch. Ein Truppe, die Crew von Fire Engine 99, treibt es dabei etwas wilder: Feuer werden gelegt um sie zu löschen. Und nebenbei im Brand- und Löschchaos Banken, Juweliere und andere Gelegenheiten auszunehmen.

    Ben gehört zum Team und kommt damit gut klar, zumal er frisch verliebt ist: Luna und ihren Sohn Gabriel hat er bei einem Einsatz kennengelernt. Aber dann sind sie auf einmal verschwunden und er hat Angst das seine Kumpel sie um die Ecke gebracht haben. Weil er Luna zuviel erzählt hat.

    Und das bringt ihn dazu sich der Polzei anzuvertrauen. Die hat aber keinen Bock darauf die Feuerwehrhelden dranzubekommen und gibt das ganze an das FBI. Dort landet der Fall bei Tim Newler, der sich – typisch das aktuelle Amerika – privater Ermittler bedient um seine Fälle schnell und unbürokratisch zu lösen.

    Und das bringt Andrea „Andy“ Nearland, eine Spezialistin für verdeckte Ermittlungen und das “einschleichen” in Verbrecherbanden in das Leben von Ben. Und in das Team von Fire Engine 99.

    Und dann dreht Candice Fox (mal wieder) so richtig auf: Tempo, Härte und eine weibliche Heldin die doppelt so hart drauf ist wie die Männer der Feuerwehr. Die viel mehr ab kann. Die im Leben viel mehr erlebt und ertragen hat.

    Die Spannung wird wunderbar hoch gehalten (ist Andy aufgefolgen?) und steigt immer weiter an. Ebenso wie das Tempo zunimmt. Und das Chaos. Mann spürt förmlich, wie das eingespielte Team von Fire Engine 99 auseinanderbricht.

    Am Ende? Kein Happy End. Zumindest nicht für Ben, nicht für seine Feuerwehrkollegen und nicht für Tim. Aber für Andy, die eigentlich Dahlia heißt. Und sich endgültig selbstständig macht.

    Schon cooler Scheiß!

    Soundtrack dazu: BRUT – Fire and Violence, was sonst?

    PS: Und Candice so?

    PPS: Und der Sound von Fire Engine 99?

  • Bücher, schnell gelesen: 1.790

    Bücher, schnell gelesen: 1.790

    Louise Doughty – Deckname Bird (Suhrkamp, 2025)

    Gelesen: 23. – 28.09.2025 (netto 376 Seiten)

    Aus dem Englischen von Astrid Arz.

    Was ne coole Story, was ne coole Heldin!

    Heather Berriman aka Bird verpisst sich aus einem Meeting Raum, läßt ihren Chef und Kollegen zurück und …

    … lässt ihr ganzes Leben zurück.

    Und das ganze bekommt einen Doppel-Twist dadurch das sie bei einem der geheimen Geheimdienste im United Kingdom arbeitet. Nach einer Karriere (naja, endete mit Rausschmiss als sie einen Offizier umhaute) beim Militär wurde sie Spionin.

    Wie ihr Vater. Und hat sich immer auf diesen Moment vorbereitet. Wenn irgendwas schief geht … dann nix wie weg.

    Das Ganze könnte auch eine Reality-TV Serie sein: Menschen müssen an furchterregenden Orten wie „dem Norden“, „auf dem Land“ oder “auf der Insel” überleben.

    Es zeigt den Schrecken, verfolgt zu werden, greift aber die große Fantasie auf: Wie es wäre, alles stehen und liegen zu lassen und zu fliehen, verschiedene Rollen anzunehmen und sich auf Überlebensfähigkeiten zu verlassen, die man aus Pfadfinderhandbüchern (und in der Ausbildung beim Geheimdienst) gelernt hat.

    Auch wenn Birds Hauptgefühl vielleicht Angst ist, ist die Geschichte für den Leser einfach großer Spaß, mit ganz viel dunklem englischen Humor (und einigen Leichen).

    Eine fast schon leichte, smarte und irgendwie coole Geschichte von eine starken Frau, against all ods. Die aber genau weiß was sie will und wie sie es vom Geheimdienst bekommt.

    Da bin ich auf die Verfilmung gespannt, die Autorin hat bereits sehr erfolgreiche TV Serien geschrieben.

    Soundtrack dazu: The Sect – Firebird, was sonst?

    PS: Und Louise so?

    PPS: Und, klar, ein Book Trailer…

  • Bücher, schnell gelesen: 1.786

    Bücher, schnell gelesen: 1.786

    Jerome Charyn – Ravage & Son (Suhrkamp, 2025)

    Gelesen: 01. – 04.09.2025 (netto 327 Seiten)

    Aus dem Englischen von Jürgen Bürger.

    Hach, Jerome Charyn. Isaac Seidel. Rotbuch Krimi.

    Hach.

    Für mich ist die Isaac Seidel Reihe mit das Beste, was ich all die Jahre gelesen habe. Jerome hat also jede Menge Kredit.

    Ravange & Son ist eine historischer Roman, halb Krimi halb Geschichte der jüdischen Lower East Side in NYC.

    Ab in den DeLorean und ins Jahr 1883.

    Lionel Ravage ist einer der wichtigsten Vermieter in der Lower East Side von Manhattan, dem jüdischen Viertel, das auch als Ghetto bekannt ist.

    Er liebt seine Katze Chlöe, ignoriert seine Frau Henrietta und streift mit seinem silbernen Wolfskopfstock durch die Nachbarschaft. Er drängt junge Frauen zum Sex, indem er ihnen manchmal Mietnachlässe anbietet oder vorgibt, sie zu heiraten.

    Fast Forward nach 1913: Benjamin Ravage, illegitimer Sohn von Lionel, hat sein Studium in Harvard abgeschlossen. Jacob Schiff (der tatsächliche Chef des Bankhauses Kuhn Loeb und Finanzier vieler der größten Eisenbahngesellschaften des Landes) hatte ihn dorthin geschickt, wahrscheinlich um irgendwann ein Druckmittel gegen Lionel zu haben.

    Ben wird einer der Detektive der Kehilla (eine Geheimgesellschaft reicher deutscher Juden aus Uptown NYC, die für Ordnung (Vorsicht, Euphemismus) unter den armen russischen Juden in Downtown NYC sorgt) und wird praktisch überallhin von seinem Partner Monk Eastman (ebenfalls eine historische Figur und ein berüchtigter Gangster) begleitet.

    Ihr Job: Im Sinne der Reichen in der Lower East Side aufzuräumen.

    Doch Ben ist in Wirklichkeit nur daran interessiert, sich an seinem Vater zu rächen, der seine Mutter in die Irrenanstalt getrieben hat.

    Seine Arbeit wird dabei von Abraham Cahan (dem echten Herausgeber des Jewish Daily Forward, einer jiddischen Zeitung, die 1913 eine größere Auflage hatte als die meisten englischsprachigen Zeitungen) verfolgt, der befürchtet, dass die Kehilla den sozialistischen Trend des Viertels unterdrückt.

    Jerome Charyn erschafft eine schwindelerregende Vielfalt an Charakteren und Handlungspunkten. Dazu gibt es jede Menge kleine Geschichtsstunden, die Manhattaner Institutionen wie Lord & Taylor und das Montefiore Hospital berühren, ganz zu schweigen von Cahan, dem Daily Forward und den Spannungen zwischen deutschen Juden und ihren verarmten russischen Genossen.

    Fiktion und Realität sind fließend, ab und an habe ich parallel recherchiert um den Kontext zu verstehen.

    Letztlich konzentriert sich Ravage & Son auf Bens Rachefeldzug gegen seinen Vater und lässt andere Erzählstränge auf der Strecke. Dabei sind einige der anderen Stränge ebenso interessant wie Bens Geschichte, die zum Glück tragisch endet.

    Spannend aber kein Isaac Seidel Niveau. Es geht ja letztendlich auch im etwas anderes: Gewalt, herzlose Schurken und Klein halten. Ausnutzen. Auspressen.

    Innerhalb der jüdischen Diaspora in NYC, vor dem ersten Weltkrieg.

    Soundtrack dazu: Jeff Dahl – Ravaged, was sonst?

    PS: Und Jerome so?

    PPS: Und der Bintel Brief im Jewish Daily Forward?