Tag: Polar Verlag

  • Bücher, schnell gelesen: 1.619

    Bücher, schnell gelesen: 1.619

    Chris Harding Thornton – Pickard County (Polar Verlag, 2022)

    Gelesen: 20.12. – 25.12.2022 (netto 293 Seiten)

    Aus dem Amerikanischen von Kathrin Bielfeldt.

    Der Polar Verlag hat ja bei mir mehr als einen Stein im Brett und trotzdem schafft er es immer wieder kleine Überraschungen zu setzen.

    Pickard County (im Original Pickard Couny Atlas) ist so ein Buch: Kein Krimi im direkten Sinn (denn es gibt für den Cop kein wirkliches Verbrechen zu klären) sondern eine extrem detailierte Ansicht des Lebens in den Sandhills von Nebraska.

    Harley Jensen ist die Nachtschicht des County Sheriff und verbringt seine ruhelosen Nächte auf den Straßen des Counties. Und in den verlassenen Farmen. Ebenso ruhelos ist Pam Reddick, eine junge Frau und irgndwie Trailer-Trash. Und sie möchte nur weg. Wärend Harley ihren Schwager – den lokalen Bösewicht – festsetzen möchte.

    Das ganze Buch ist wunderbar dunkel (wie die Nachtschicht von Harley), die Menschen sind einsam und auf der Suche und jeder schleppt eine Tragödie mit sich rum.

    Alles deutet auf eine tödliche Kollision der Charactäre hin – aber Chris Harding Thornton hat das ganze viel cleverer angelegt.

    If Pickard County Atlas taught me anything, it’s that writing, for me, is method acting. I’ve accepted that, so that’s something different. People give method actors a tough time, and I get it, but I had to be Pam and Paul and Harley and Virginia and Rick and Babe and the rest. I had to live in their heads to be able to write them.
    
    Chris Harding Thornton in einem Interview.
    

    Ein fast schon ungewöhnliches Buch – trotz mangels an Mord, Todschlag sowie Blut und Tränen extrem spannend. Und das stimmig hinzubekommen ist schon eine Leistung!

    Soundtrack dazu: Levi Bradis – Sandhill Plains, was sonst?

    PS: Und Chris Harding Thornton so?

  • Bücher, schnell gelesen: 1.618

    Bücher, schnell gelesen: 1.618

    Gunnar Staalesen – Kalte Herzen (Polar Verlag, 2022)

    Gelesen: 15.11. – 19.12.2022 (netto 311 Seiten)

    Aus dem Norwegischen von Gabriele Haefs und Nils Schulz

    Mit Todesmörder brachte der Polar Verlag Band 15 aus der Varg Veum Reihe heraus, in der Dark Places Reihe von Polar kommt jetzt Band 16 (im Original 2008 erschienen).

    Und für diesen Band sind die Dark Places ziemlich genau die kalten Herzen der Norweger: Drogen, Sexhandwerk und die Kombination von beiden werden ehr als geschäftliche Transaktionen gesehen und ausgeblendet.

    Aber Var, der ex-Sozialarbeiter, guckt nicht weg als eine Sexarbeiterin ihn beauftragt eine Freundin zu finden. Und als Privatdetektiv macht er das was er als Sozialarbeiter bereits gelernt hat – zuhören. Beobachten. Nicht locker lassen.

    Und Schicht für Schicht der Geschichte aufpulen. Und das schlägt dann voll auf die ach-so-guten Norweger zurück.

    Am Ende 2 Jahre Knast für die Geschäftemacher, länger für die Mörder und der Tot für die Opfer. Irgendwas läuft falsch in Norwegen, oder?

    Im Nachwort von Carsten Germis wird Var mit Ross MacDonals Lew Archer verglichen – ein sehr passender Vergleich. Und damit ein auch ein ehr un-norwegischer Krimi. Und das gefällt mir!

    Soundtrack dazu: The Abusers – On Dope And Broke, was sonst?

    PS: Die norwegische Verfilmung gab es auch im Deutschen TV

  • Bücher, schnell gelesen: 1.614

    Bücher, schnell gelesen: 1.614

    John Vercher – Wintersturm (Polar Verlag, 2022)

    Gelesen: 08. – 13.11.2022 (netto 230 Seiten plus Nachwort von William Boyle)

    Aus dem Amerikanischen von Sven Koch.

    Der Polar Verlag ist offensichtlich ein echtes Trüffelschwein: Dieser Erstling von John Vercher ist aber sowas von Großartig – kein anderes Buch 2022 hat mein Kopfkino so gezündet.

    Und das, obwohl es eine recht einfache Geschichte ist. Eine einfache Geschichte allerdings, die dem Leser Rassismus und Gewalt ganz nahe bringt. Greifbar macht.

    John sagt in einem Interview zur Entstehung:

    Um dieselbe Zeit habe ich den Film American History X gesehen (falls es nicht sowieso klar ist: Ich bin ein großer Fan von Kino und Fernsehen) und hatte den Einfall zu einer Figur, deren Leben umgekehrt verläuft – das heißt, was wäre, wenn jemand wie der von Edward Norton dargestellte Protagonist im Film durch die Gefängniserfahrung kein besserer, sondern ein schlechterer Mensch würde?

    Bobby ist hat einen schwarzen Vater und eine weiße Mutter. Und hat früh als Kind instinktiv entschieden das er als Weißer besser durchs Leben kommt – und kommt dank seines Aussehens auch als Weißer durch. Sein Geheimnis behält er für sich, seine Mutter gibt den Vater als verstorben aus.

    Sein bester Freund Aaron, aus privilegierten weißen Verhältnissen, begibt sich allerdings auf einen kriminellen Pfad und landet im Knast. Will keinen Besuch.

    Bobby kämpft mit seiner Alkoholkranken Mutter um das Geld die Miete zu zahlen, hat nichts außer seinem Willen. Über den bricht nach 3 Jahren Knast dann aber Aaron her, der im Knast zum aufgepumpten White Supremacist wurde. Und am Abend ihres Wiedersehens erstmal einen jungen Schwarzen mehr oder weniger ohne Grund erschlägt.

    Während Aaron easy damit klarkommt (und ganz offensichtlich elegant auf einer Abwärtsspirale fährt) ist Bobby durch den Wind. Und das Schicksal meint es alles andere als gut, den seine Mutter erkennt den Vater von Bobby in ihrer Stammkneipe. Und bringt Bobby mit seinem Vater zusammen.

    Und Bobby möchte jetzt alles richtig machen – und hat überhaupt nicht im Blick das er bei Aaron auf dem Beifahrersitz in die Hölle sitzt.

    Spannender Aufbau und einer ganz hervorragendes negatives Finale. Arschloch tot. Held tot. Vater und Mutter – könnten sich eigentlich auch gleich umbringen.

    Wow! Aber so was von Wow!

    Ach ja, zuerst war das Buch ein – nicht erfolgreicher – Drehbuch Versuch. Dann die Masterarbeit von John im Literaturstudium. Der Spannungsbogen und das Ende sind 100% Filmreif, daher hat mein Kopfkino auch voll gezündet.

    Lesen!

    Soundtrack dazu: Smogtown -Bobby Brickface, was sonst?

    PS: Im englischen Original ist der Titel “Three-Fiths”, eine Referenz an die Historie des durch- und durch rassistisch geprägten Wahlsystems in den US of fucking A. Stichwort Gerrymandering.

    PPS: Und John Vercher so?