Tag: Polar Verlag

  • Bücher, schnell gelesen: 1.634

    Bücher, schnell gelesen: 1.634

    Adam LeBor – District VIII (Polar Verlag, 2023)

    Gelesen: 19. – 26.04.2023 (netto 381 Seiten).

    Aus dem Englischen von Jürgen Bürger.

    Adam Lebor ist ein englischer Journalist der seit 1991 als Auslandskorrespondent in Budapest lebt und schreibt: Für Zeitungen aber auch Bücher. Beim Lesen des Buches merkt man ziemlich schnell das er sowohl die Ungarische Politik (und deren Machtzentren) als auch die Stadt und ihre Bewohner im Detail kennt und in Szene setzen kann.

    Das Setting ist 2015, zum Höhepunkt der Flüchtlingskrise, als Ungarn versuchte … ja was eigentlich? Die westlichen EU Länder zu erpressen? Die Syrischen Flüchtlinge zu instrumentalisieren? Europa vor den Flüchtlingshorden zu schützen?

    Ne, ganz bestimmt nicht. Ungarn dachte zuerst an sich selbst und das in der Form einer korrupten Regierungskaste. Alte Linien, bis zurück zur Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg bzw. in den zweiten Weltkrieg.

    Die Hauptfigur ist wie die Flüchtlinge ein Aussenseiter: Balthazar Kovác, Kommissar bei der Mordkommission, ist Rom. Gypsy. Zigeuner. Aus Sicht des gemeinen Ungarns ein mit hoher Wahrscheinlichkeit Krimineller (was tatsächlich für seinen Bruder zutrifft). Über einen toten Syrer stolpert er in eine sehr banale Geschichte, die aber immer höher geht und am Ende ein System aufdeckt bei dem die Mächtigen so richtig absahnen.

    Mit relativ wenig Tempo geht die Geschichte voran, unter anderem auch weil Adam Lebor sehr viel Wert darauf legt die Stadt, ihre Bewohner, die Historie und die Minderheiten (Roma, Juden, Flüchtlinge aus dem Balkankrieg) zu beschrieben.

    Zum Ende hin nimmt die Geschichte Tempo auf und bekommt auch ein wenig mehr Härte: Eine Ministerin, die einen Killer mit dem Absatz ihrer Stilettos um die Ecke bringt ist schon eine echte Show. Obendrauf kommt dann sogar noch etwas von einem internationalem Spionagethriller.

    Spannend, interessant im Blick auf Budapest und Ungarn – das manchmal mangelnde Tempo ist zu verschmerzen.

    Soundtrack dazu: Stiletto Boys – Throw Me To The Wolves, was sonst?

    PS: Das war Budapest 2015…

    PPS: Unrealistischer Killer Plot? Nope!

  • Bücher, schnell gelesen: 1.620

    Bücher, schnell gelesen: 1.620

    Attica Locke – Pleasantville (Polar Verlag, 2022)

    Gelesen: 26.12.2022 – 04.01.2023 (netto 431 Seiten)

    Aus dem Amerikanischen von Andrea Stumpf.

    Pleasantville spielt inhaltlich 15 Jahre nach Black Water Rising und funktioniert wahrscheinlich am besten wenn es im Zusammenhang gelesen wird.

    Jay, der Anwalt aus Black Water Rising, hat Cole Oil in die Knie gezwungen – allerdings nur vor Gericht. Gezahlt haben sie bisher nicht. Dazu ist noch seine Frau verstorben, so dass ein ehr verbitterter und müder Jay – mit zwei Kindern an der Backe – irgendwie versucht einen Burn-Out zu vermeiden.

    Als eine junge Schwarze verschwindet rutscht Jay in eine Geschichte die Vordergründig eine Krimi ist aber Attica Locke ehr dazu dient eine historische Anklage zu schreiben: Aufstieg und Niedergang der schwarzen Mittelschicht in Pleasantville (es lohnt sich die Geschichte dieser Siedlung nachzulesen).

    Locke seziert förmlich den Konflikt zwischen Alteingesessenen und den Jüngeren und legt offen wie das Weiße Amerika (hier in Form der Republikaner) es schaft das Wahlsystem so zu pervertieren das eine Wahl so oder so zu ihren Gunsten ausgeht. Und dabei eben gewachsene Communities wie Plesantville zerstört.

    Der Krimi-Plot beschert Jay und seiner Familie jede Menge Ärger, die politische Geschichte zeigt auf warum die US of A heute eine derart verhunzte Demokratie sind und warum das Land so tief gespalten ist.

    Kein Krimi, sondern großartige politische Literatur.

    Soundtrack dazu: Bozos – Echo Chamber, was sonst?

    PS: Und Attica so?

    PPS: Ein guter Abriss über die Geschichte von Pleasantville

  • Bücher, schnell gelesen: 1.619

    Bücher, schnell gelesen: 1.619

    Chris Harding Thornton – Pickard County (Polar Verlag, 2022)

    Gelesen: 20.12. – 25.12.2022 (netto 293 Seiten)

    Aus dem Amerikanischen von Kathrin Bielfeldt.

    Der Polar Verlag hat ja bei mir mehr als einen Stein im Brett und trotzdem schafft er es immer wieder kleine Überraschungen zu setzen.

    Pickard County (im Original Pickard Couny Atlas) ist so ein Buch: Kein Krimi im direkten Sinn (denn es gibt für den Cop kein wirkliches Verbrechen zu klären) sondern eine extrem detailierte Ansicht des Lebens in den Sandhills von Nebraska.

    Harley Jensen ist die Nachtschicht des County Sheriff und verbringt seine ruhelosen Nächte auf den Straßen des Counties. Und in den verlassenen Farmen. Ebenso ruhelos ist Pam Reddick, eine junge Frau und irgndwie Trailer-Trash. Und sie möchte nur weg. Wärend Harley ihren Schwager – den lokalen Bösewicht – festsetzen möchte.

    Das ganze Buch ist wunderbar dunkel (wie die Nachtschicht von Harley), die Menschen sind einsam und auf der Suche und jeder schleppt eine Tragödie mit sich rum.

    Alles deutet auf eine tödliche Kollision der Charactäre hin – aber Chris Harding Thornton hat das ganze viel cleverer angelegt.

    If Pickard County Atlas taught me anything, it’s that writing, for me, is method acting. I’ve accepted that, so that’s something different. People give method actors a tough time, and I get it, but I had to be Pam and Paul and Harley and Virginia and Rick and Babe and the rest. I had to live in their heads to be able to write them.
    
    Chris Harding Thornton in einem Interview.
    

    Ein fast schon ungewöhnliches Buch – trotz mangels an Mord, Todschlag sowie Blut und Tränen extrem spannend. Und das stimmig hinzubekommen ist schon eine Leistung!

    Soundtrack dazu: Levi Bradis – Sandhill Plains, was sonst?

    PS: Und Chris Harding Thornton so?