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  • Bücher, schnell gelesen: Teil 1.499

    Bücher, schnell gelesen: Teil 1.499

    Nick Kolakowski – Love & Bullets (Suhrkamp, 2020)

    Gelesen: 01. – 03.01.2021, netto 418 Seiten

    Ein perfekter Lesestart in das Jahr 2021, ich habe lange nicht mehr so laut gelacht beim Lesen.

    Im Original ist das eine Trilogie, erschienen in einem kleinen amerikanischen Verlag. Vernünftigerweise wurde das ganze in Deutschland in ein Buch gepackt. Wer Joe R. Lansdale und seiner Hap & Leonard Bücher liebt (und das tue ich, sehr) der wird hier aber sowas von allerbest bedient.

    Bill hat den Rockaway Mob um gutes Geld erleichtert, zuviel um das einfach so durchgehen zu lassen. Also schickt der Boss dem guten Bill ein paar Killer hinterher.

    Und hier biegt die Geschichte ganz wunderbar vom vorhersehbaren Pfad ab: Bill ist nicht nur ein luxusverliebter Dandy (dem es um Reichtum und Bling-Bling geht) sondern auch noch ein nicht totzubekommender Überlebensstolperer. Du willst ihn abknallen? Jede Wette du rutscht aus und er überlebt! (Kleiner Hinweis: Das kommt so im Buch vor – worauf der Bösewicht ausrutscht wird aber nicht verraten, ist aber ein weiterer Lacher).

    Fiona ist ein nettes Mädchen, das aber die grobe Arbeit macht. Leuten wehtun hat sie von der Pieke auf gelernt (und ihr Lehrmeister war ihr Dad, ein Hitman des FBI). Was der Mob nicht wusste ist das Fiona rettungslos in Bill verknallt ist, damit ist sie die denkbar schlechteste Killerin – und killt die anderen Killer die der Mob schickt. Einer davon ist … Elvis.

    Nick Kolakowski (c) 2020 Suhrkamp

    Nebenbei killen (und grillen, in bester Simpsons Manier) Bill und Fiona ein ganzes Hinterweltlerdorf, das auch gefallen an dem Geld gefunden hatte. Und eine paar mehr Killer in Südamerika (Fluchtpunkt 1), in Kuba (Fluchtpunkt 2) ehe sie zurück nach NYC kommen um Nazi Gold zu bergen. Das auf solide Art während des zweiten Weltkrieges erworben wurde:

    Nick Kolakowski (c) 2020 Suhrkamp

    Das ganze ist nicht einfach nur eine Slapstick-Nummer, im Buch sitzt jede Pointe (gefühlt 1 Satz = 1 Pointe) und es gibt sowohl wunderbare Charaktere als auch Gangster mit soliden und vernünftig begründeten Prinzipien. Und eben Bill und Fiona die aber auch jeden Cliffhänger … überleben. Nie unbeschadet. Nie reicher. Bis sie am Ende ihrer Flucht weder Geld noch Obdach haben und sich in NYC im Rohbau einer Luxusappartmentanlage verstecken.

    Ihr ahnt es schon, aus dem kommen sie auch raus. Aber mit Gold und mit noch mehr Geld.

    Super spannend, super lustig, super brutal mit viel Blut – einfach ein großartiges Buch. Leider nur eine Trilogie aber bitte bitte verfilmt diesen geilen Scheiß!

    Soundtrack dazu: The Mob – Step Forward, was sonst?

    PS: Nick hat auch die korrekten musikalischen Referenzen am Start

    Nick Kolakowski (c) 2020 Suhrkamp

    PPS: Die 3 amerikanischen Originale machen natürlich mehr her …

    Nick Kolakowski – Love & Bullets Hookup Trilogy (Down & Out Books)
  • Bücher, schnell gelesen: Teil 1.498

    Bücher, schnell gelesen: Teil 1.498

    Pat Blasheill – Texas Is The Reason (Bazallion Points, 2020)

    Gelesen: 31.12.2020, netto 241 Seiten

    Noch schnell im alten Jahr habe ich mir auch das wunderbare Fotobuch “Texas Is The Reason” zur Brust genommen.

    Es ist ein echtes Fotobuch, daher ist es schnell gelesen. Zwischen den Fotos gibt es kurze und prägnante Statements einzelner Protagonisten, die auf eine Zeit zurückschauen die ich ähnlich erlebt habe – zum Teil benutzen sie auch die gleichen Sprachbilder die ich benutzen würde.

    In jedem Fall fühle ich mich in der Szene die beschrieben (und bebildert) wird ganz wie zuhause:

    Gary Floyd (Dicks) and Cristi Delgado (screaming).
    Voltaire’s Basement in Austin, April 1984
    (c) 2020 Pat Blashill

    S/W, irgendein Keller, ein Sänger nah dran, mitsingende Zuschauer in Reihe 1, überraschend viele Frauen (und Cristi mit einer ganz wunderbaren Pose).

    Die Bandbreite ist dabei schmal – alles Austin und alles so 1982-1986. Aber so ist das eben, denn 1987 ging Pat nach NYC um dort für SPIN und Rolling Stone zu arbeiten. Heute – fun fact – lebt Pat in Wien und engagiert sich in der Flüchtlingshilfe.

    Was sagt Pat?

    
    Blashill told Texas Standard the scene that emerged in the university town was a rebuke of the racism, religious conservatism and the conservative Greek culture dominant on the University of Texas campus at the time.
    
    "Some of the bands, they were kind of playing with the idea that Texans are these kind of backwards, slack-jawed yokels," Blashill said.
    
    He said Austin's punk scene, which included bands like Butthole Surfers and Poison 13, was a collection of artists looking for creative ways to express angst and dissatisfaction toward mainstream culture. The scene thrived in a way unlike in any other mayor city because Austin was off the beaten path.
    
    "There wasn't this intense media, news or Hollywood or advertising industries in our town ... so it had a chance to kind of fester and grow on its own," Blashill said. "That was an advantage because then, I think, the scene was much more unusual, and it became much more unique and diverse."
    
    See: https://www.kut.org/texas/2020-10-23/austins-rule-breaking-80s-punk-scene-on-full-display-in-texas-is-the-reason
    

    Und der klügste Satz:

    The thing that amazed me about punk music in Austin was how creative and passionate everyone was. Most everyone who wasn't a musician either had a zine, took photos, dressed in an interesting and inspring way, or simply supported and loved the bands. (Donna Rich)

    Eines der besseren Fotobücher, da die Bilder durchgehend eine individuelle Qualität von “Nähe” haben und der Standpunkt des Fotographen immer ganz nah an oder auf der Bühne war.

    Lohnt sich, da es das im guten Fachhandel in DE gibt und das unfassbar teure Porto aus den US of A entfällt.

    Soundtrack dazu: The Offenders – Endless Struggles (Full LP), was sonst?

    PS: Pat in einem Interview …

  • Bücher, schnell gelesen: Teil 1.497

    Bücher, schnell gelesen: Teil 1.497

    James Ellroy – Jener Sturm (Ullstein, 2020)

    Gelesen: 22. – 30.12.2020, netto 959 Seiten

    Ein echtes Monster. 900+ Seiten Wahnsinn von Januar bis Mai 1942. Einmal LA, runter zur Baja California und wieder zurück. Einmal Nigger, Japsen, Mexen, Nazis, Priesterschänder und Kommunisten killen. Auf der Suche nach Gold. Auf der Suche nach Erlösung. Auf der Suche nach Liebe. Auf der Suche nach Rache.

    Das Buch knüpft direkt an Perfidia an, und die wilde Hatz geht noch schneller und noch überdrehter weiter. Allerdings sind wir auch 5 Jahre weiter und James Ellroy ist inzwischen über 70. Und überdreht. Leider.

    Für das Buch hätten auch 450 Seiten gereicht und die ausufernde Geschichte (mit ca. 4 Plots) hätte ein wenig mehr Struktur gebraucht.

    Perfidia war ja sehr nah an der historischen Realität, in Jener Sturm benutzt Ellroy zwar jede Menge realer Personen aber lässt diese frei rotieren: Faschisten und Kommunisten treffen sich in Mexiko (nachdem sie sich in den 30ern in Deutschland an der TH Dresden getroffen hatten) und machen einen Deal mit den Mexikanern.

    Gold für eine Chance nach dem Krieg, egal wie er ausgeht. Der Golfschatz wurde dabei vor Jahren in den US of A geklaut. Von einem KommunistenNazi. Mit einem schwarzen Helfer. Und … und … und …

    Ich hab das Buch verschlungen und in das Ellroy Universum einzutauchen ist schon Klasse, aber hier und in diesem Buch sind Ellroys Jugendphantasien (“I want to transport readers back in time and make them live history as intensely as I live it and as intensely as I put it on the page. I want to give readers the gift that was first given to me as a young boy discovering the world, and that gift was the past. “) eine Nummer zu dick auf- und vorgetragen.

    Zumal am Ende nichts als zynischer oder auch manischer Nihilismus übrig bleibt. Und den Goldschatz, den gibt es natürlich nicht.

    Schade – mal sehen ob der nächste Band des zweiten L.A. Quartetts wieder so schwer im Kopf liegt. Ein Kritiker vergleich dieses Buch mit dem Auge eines Sturm, der sich um sich selbst dreht und in dem nichts wirklich passiert. Das passt irgendwie.

    Ich bleibe zwar eine treue Seele als Ellroy Leser aber auf den nächsten Band kann ich mich nicht freuen.

    Soundtrack dazu: The Eleminators – Punta Baja, was sonst?

    PS: Das US Cover ist ein wenig deutlicher als das Deutsche, das völlig sinnfrei James Ellroy zum Cover Model macht.

    James Ellroy – This Storm (Alfred A. Knopf, 2019)

    PPS: Und was sagt James?