Category: Bücher

  • Bücher, schnell gelesen: 1.705

    Bücher, schnell gelesen: 1.705

    Alexander Pfeiffer – Terrorballade (Edition Outbird, 2024)

    Gelesen: 09. – 11.05.2024 (netto 220 Seiten)

    Da hatte aber jemand eine ganz feine Spürnase!

    Das Buch ist am 01.02.2024 erschienen, am 26.04.2024 wurde Daniela Klette in Berlin festgenommen.

    Was hat das miteinander zu tun? Ganz einfach, Alexander Pfeiffer entwirft ein ziemlich cooles Krimi Szenario rund um die RAF Rentner (Burkhard Garweg, Ernst-Volker Staub und eben Daniela Klette) und verpackt das ganze mit jeder Menge street credibility.

    Und platziert das ganze in seiner Heimat Wiesbaden, die nicht nur Heimat des BKA sondern, im Gegensatz zu den vorherigen Generationen der RAF, auch eng verknüpft mit der sogenannte Dritten Generation der RAF war.

    Sänger, der echte Name bleibt im dunkeln, ist arbeitslos und hat in der Vergangenheit mal detektivische Aufgaben erledigt. Eine alte Bekannte aus der linken resp. RAF Unterstützerszene überredet ihn, ihren alten Freund und WG Mitbewohner Robby zu suchen.

    Auch diese Figur im Buch ist dem Umfeld der RAF Renter entnommen, das ist ziemlich offensichtlich der V-Mann Klaus Steinmetz.

    Sänger selbst war immer nur zynischer Beobachter der Szene, so wie er als Filmvorführer immer Filme von außen beobachtet hat. Hingezogen fühlte er sich nie, aus guten Gründen (er spricht mir aus der Seele):

    ( (c) Edition Outbird, 2024)

    Den Auftrag nimmt er an, das Geld kann er für Alkohol (und Miete) gut gebrauchen. Und fängt an in der Vergangenheit zu buddeln. Und – dank seiner Beoabachterrolle damals – findet auch langsam Zugang zum Kern der Geschichte: Wer sucht eigentlich wen und warum? Wer hat eigentlich wen warum verraten?

    Alexander Pfeiffer verpackt das ganze wirklich smart und bietet dabei drei Dinge: Eine spannende Detektivgeschichte im radikalen linken Milieu, eine ziemlich schonungslose Familienstudie ala “was ist aus ihnen geworden” sowie ein extrem elegant angelegtes alternatives Narrativ über die RAF Rentner und den V-Mann.

    Als Zugabe noch jede Menge Alkohol und zügellosen Sex. Und passende musikalische Referenzen.

    Könnte so gewesen sein.

    Als Bonus für mich kommt dann auch noch jede Menge Hamburger Lokalkolorit, da Sänger Robby in Hamburg verortet und sucht.

    Klasse Buch, schöne – wohl nur ganz leicht verschobene – Realität aus einer längs untergegangenen Zeit. Und ein kleiner, böser, Stachel im traditionellen Narrativ einer Szene, die ich so einschätze wie Sänger.

    Gerne mehr!

    Soundtrack dazu: Sods – R.A.F., was sonst?

    PS: Und Alexander Pfeiffer so?

    PPS: Und ganz wunderbar bei Simone Buchholz hat er auch noch geräubert: Die Staatsanwältin in Hamburg ist … eine Simone Buchholz. Und am LKA41 in Hamburg ermittelt … ein Roland Spranger. Ich finde es schön, wenn die Namensfindung von fiktiven Charakteren … festen Regeln folgt.

    PPPS: Wiesbaden, Horst Herold (aka Der Letzte Gefangene Der RAF) und meine verschwendete Jugend

  • Bücher, schnell gelesen: 1.704

    Bücher, schnell gelesen: 1.704

    Louisa Luna – Abgetaucht (Suhrkamp, 2024)

    Gelesen: 06. – 08.05.2024 (netto 446 Seiten)

    Aus dem amerikanischen Englisch von Karin Diemerling.

    Das erste Buch aus der Reihe in Deutsch (das zweite aus der Alice Vega Reihe) war ein ziemlich flotter Kracher, sehr modern und mit fast schon hektischem Tempo.

    Abgetaucht nimmt das Tempo etwas zurück und verlagert den Inhalt tief ins Ur-amerikanische: College Football Legenden vorne, eine miese Suppe aus Hinterwäldler-Nazis und INCEL’s hinten. Tief im Nord-Westen der US of A, in Ilona, Oregon.

    Alice Vega soll diesmal einen 1984 verwundenen College Football Star namens Zeb Williams suchen. Dieser wurde am 17.11.1984 zur Legende, als der kurz vor Schluss des Spiels den Ball nicht Richtung gegnerische Endzone trug. Sondern in die andere Richtung. Und aus dem Stadion lief. Und für immer verschwand.

    Seine ex-Freundin aus College Zeiten, eine Reiche Erbin, ist inzwischen verheiratet. Und ihr Mann beauftragt Alice mit der Suche. Als einziger Anhaltspunkt dient ein Foto … aus Ilona, Oregon.

    Dort trifft Alice zwar Leute, die Zeb gekannt hatten, aber schon lange ist er aus Ilona verschwunden. Dennoch bleibt Alice dort hängen und legt sich mit den lokalen Nazis an. Und holt sich eine blutige Nase und kriecht schwer verletzt nach Hause zurück.

    Im zweiten Anlauf wird das ganze dann aufgedröselt, Alice nimmt keine Gefangenen und …

    … kann sogar ihren Partner Caplan, der sich lieber um seine Tochter kümmerte, mit einbeziehen. Und das FBI.

    Das Buch ist nicht ganz so klasse wie Tote Ohne Namen, aber dennoch flott zu lesen und mit vielen falschen Fährten. Und einer schönen Abhandlung darüber, was für Irre die US of A hervorbringen. Aber das die Liebschaft mit Caplan in diesem Buch quasi im nichts endet, das passt irgendwie nicht.

    Und auch, dass Alice mit dem FBI und ihrem Hacker-Kumpel Bastard immer wieder ein Ass aus dem Ärmel zieht – das ist irgendwann unrealistisch.

    Weniger Groß, mehr Intim. Weniger Tempo, mehr Hintwerwäldlertiefe. Weniger Caplan, mehr Alice.

    Jetzt darf Suhrkamp aber auch bitte den Erstling aus der Serie veröffentlich, bevor Band 4 in Deutsch erscheint.

    Ich mag Alice Vega, ist irgendwie eine amerikanische Lisbeth Lasander.

    Soundtrack dazu: The Weirdos -The Hideout, was sonst?

    PS: Und Louisa Luna so?

    PPS: Und College Football 1984 so?

  • Bücher, schnell gelesen: 1.703

    Bücher, schnell gelesen: 1.703

    James Lee Burke – Das Verlorene Paradies (Heyne, 2024)

    Gelesen: 02. – 05.05.2024 (netto 315 Seiten)

    Aus dem Amerikanischen von Daniel Müller.

    Das hätte ich nicht gedacht, das ich von James Lee Burke tatsächlich mal ein Buch lese das am Ende so richtig – ja, was eigentlich? Kacke ist?

    Aaron Holland Broussard aus Dunkler Sommer hat den Korea Krieg überlebt (aber hat einen ziemlichen Hau davongetragen). Nach seinen Worten leided er sein ganzes Leben lang unter Blackouts. Traumatische Kriegserlebnisse im Koreakrieg haben seine Probleme verschärft.

    Irgendwann hat er einen Abschluss in Journalismus erworben und strebt danach, Romanautor zu werden. Aber jetzt, im Jahr 1962, fährt er im Hobo-Stil mit Güterwaggons durch Amerika, um seinen Dämonen zu entkommen, und glaubt, dass das, was er als nomadischen Lebensstil bezeichnet, speziell für Menschen wie ihn geschaffen wurde. Für Leute mit einem Hau.

    Er springt in Colorado mit seinen Kumpels Spud und Cotton ab. Sie machen sich auf den Weg in die Stadt Trinidad und finden Arbeit bei Jude Lowry, einem sozial engagierten Vorbild und vorbildlichen Arbeitgeber.

    Und verliebt sich. Und bekommt Ärger mit dem lokalen Macker und seinem Sohn. Und den Cops. Und durchgeknallten Beatniks, die die Drogen in die Stadt bringen. In bester James Lee Burke Manier wird ein ziemlich großes Epos entworfen und natürlich wird es ziemlich schnell schlimm. Für Aaron.

    Das Buch hat das Zeug zu einer düsteren Geschichte im amerikanischen Westen über Käuflichkeit, Mord und Rache in einer Atmosphäre aus brütender Gewalt und lauernder Böswilligkeit.

    Dann beginnt das seltsame Zeug. Als ob James Lee Burke keine Lust hatte 600 Seiten zu schreiben. Sondern, nachdem das Bild entworfen wurde, das ganze A0 Papier zusammengeknüllt und angezündet hat.

    Die Geschichte ist wie immer zeitgemäß und gelungen, die Handlung wird am Ende aber unzusammenhängend und der übernatürliche Scheiß so lächerlich, dass das Buch eine enttäuschende Ergänzung der Holland-Saga darstellt.

    Ein gescheitertes Experiment?

    Soundtrack dazu: The Manix – Midwest In Jest, was sonst?

    PS: Genauso lackluster wie das Buch selbst endet geht Heyne damit um…

    … kleines TB Format, passt nicht zum Rest der Serie

    … die Vorlage über die Referenz-Details wurde nicht editiert, da steht der Platzhalter AUTOR

    … der Waschzettel impliziert das Aaron die Morde an sechs Frauen untergeschoben bekommt, das ist im Buch aber nicht der Fall.