Category: Bücher

  • Bücher, schnell gelesen: 1.729

    Bücher, schnell gelesen: 1.729

    Don Winslow – City In Ruins (HarperCollins, 2024)

    Gelesen: 07. – 11.09.2024 (netto 433 Seiten)

    Aus dem Englischen von der wunderbaren Conny Lösch (ein Qualitätsmerkmal). 

    Das 24te Buch von Don Winslow das ich hier verewige und das letzte Buch das Don – nach seiner Aussage – geschrieben hat.

    Und das staubige Ende der Danny Ryan Trilogie (denn Don Winslow führt Danny nicht durch sondern in die Wüste).

    Es begann in Rhode Island, als der junge Danny mit ansehen musste, wie der Mob-Krieg zwischen den irischen und italienischen Familien eskalierte (City on Fire).

    Nach seiner Flucht aus Rhode Island nach Kalifornien gerät Danny zunächst in Kontakt mit einer zwielichtigen Gestalt aus den Geheimdiensten der US of A und landet dann in Hollywood (City Of Dreams).

    Jetzt hat er in der Glücksspielbranche in Las Vegas Fuß gefasst und sein Glück gefunden. Eine Branche mit traditionellen Mafiaverbindungen, die aber inzwischen tief im Hintergrund sind. Eine Branche, die mit aller Kraft versucht, ihre schmutzigen Verbindungen zur organisierten Kriminalität zu lösen – ein Damoklesschwert, das Danny während seines gesamten Aufstiegs in der Branche belastet.

    Ganz zu schweigen von den schmutzigen kleinen Geheimnissen der meisten Vermögen, die auf dem Strip gemacht wurden. Wo kam eigentlich das Geld von Danny her?

    Don Winslow erzählt drei parallele Geschichten: Dannys in Vegas, Chris Palumbos versteckt im Mittleren Westen und dann zurück in Rhode Island sowie die eines Mafia-Mordprozesses in Rhode Island. Die drei Handlungsstränge sind miteinander verbunden, aber Don Winslow bringt sie nicht wirklich zusammen – wer die anderen Bücher nicht im Kopf hat, dem fehlt hier was.

    Das Buch hat Tempo, das Buch hat ausreichend Brutalität und das Buch ist sogar realistischer als der Vorgänger – das Ende aber ist, na, “almost lackluster“. Schade, hätte mir eine Überraschung, ein Big-Bang – ein Killer Moment gewünscht. Aber – es ist ein allzu menschliches Ende, wenigstens.

    So bleibt eine Trilogie, die sicher nicht zum Besten von Don Winslow gehört. Eine Trilogie, die James Ellroy in ein Buch verpackt hätte.

    Dennoch: Danke für viel Lesevergnügen Don!

    Soundtrack dazu: Proton Packs – Ruins Of The Galaxy, was sonst?

    PS: Und Don Winslow so …

  • Bücher, schnell gelesen: 1.728

    Bücher, schnell gelesen: 1.728

    Shashi Tharoor – Die Zeit Der Finsternis (Aufbau Verlag, 2024)

    Gelesen:04. – 06.09.2024 (netto 403 Seiten plus 23 Seiten Nachwort von Mithu Sanyal)

    Aus dem Englischen übersetzt von Cornelius Reiber.

    Der englische Originaltitel geht ein wenig flotter zur Sache:

    Inglorious Empire: What the British did to India.

    Die Geschichte, wie das Britische Empire respektive die East India Company einen ganzen Subkontinent beherrschte, hatte mich irgendwie schon immer interessiert.

    Diese Buch gibt die Chance, die handelsüblichen Schlagwörter (“Die Briten haben das Land geeint”, “Die Briten haben die Industrialisierung gebracht”, “Die Briten haben Demokratie und Recht geschaffen”, “Die Briten haben Cricket eingeführt” etc etc) einmal pointiert aus Indischer Sicht kommentiert zu bekommen.

    Und da lernt der Leser dann schnell, anhand von Fakten, das einiges anderes war.

    ( (c) Aufbau Verlag 2024)

    Mitnichten hatte die East India Company und die britische Aristokratie eine andere Idee als Reichtum aus Indien nach England umzuverteilen. Auf dem Rücken der Inder.

    Mithu Sanyal kommentiert das in ihrem Nachwort auf den Punkt:

    Und dann recherchierte mein Mann 2015 im Internet, ob seine Familie auch Menschen versklavt hatte. Mein Mann ist Engländer, und die Briten haben ein Online-Register, in dem man das nachschauen kann. Ich sagte irgendetwas wie: »WTF?« 
    
    Und er erklärte mir, dass diese Listen entstanden waren, weil Großbritannien nach dem Verbot der Versklavung 1835 Wiedergutmachungen gezahlt hatte. Ich war beeindruckt, bis ich erfuhr, dass diese Gelder nicht an die Menschen, die versklavt worden waren, gegangen sind, sondern an die »Sklavenhalter«, die ja nun »Eigentum« verloren hatten. 
    
    Insgesamt 200 Millionen Pfund – oder nach heutigem Wert: 17 Milliarden Pfund; so viel Geld, dass Großbritannien dafür einen Kredit aufnehmen musste, den es 180 Jahre lang abbezahlte. Als Großbritannien 2015 endlich damit fertig war, tweetete UK Treasury stolz: »Millionen von Ihnen haben mit ihren Steuern zur Beendigung des Sklavenhandels beigetragen.« 
    
    Nein! Die britischen Steuerzahler:innen hatten Menschen alimentiert, die aus der Ausbeutung anderer Menschen Profit geschlagen hatten. Und die »Befreiten« mussten nach 1835 noch weitere sechs Jahre für ihre ehemaligen »Besitzer« arbeiten: 45 Stunden die Woche, ohne Bezahlung! 
    
    Dieses fehlende Wissen darüber, wie Kolonialismus unsere Sicht auf die Welt und vor allem auf die ehemals Kolonialisierten prägt, führt dazu, dass wir koloniale Narrative mit ermüdender Regelmäßigkeit reproduzieren.
    
    (c) Aufbau Verlag 2024
    

    Noch und nochmal ließen die Briten die Inder alles, aber auch alles, bezahlen. So oder so.

    Kolonialgeschichte, immer wieder Wert der Kolonialmacht rückblickend eine zu ballern!

    Das Buch selbst ist aus einem Redebeitrag von Shashi Tharoor anlässlich einer Debatte an der Oxford University entstanden. Es ist manchmal trocken, manchmal arg Wissenschaftlich aber am Ende … ein entschlossener Standpunkt.

    Passt, wenn auch – aus meiner Sicht – zu wenig historischer O-Ton.

    Soundtrack dazu: TMA – Dying The Empire Way, was sonst?

    PS: Book Collectors are pretentious assholes – #1108 der nummerierten Erstausgabe!

    PPS: Die Rede selbst …

  • Bücher, schnell gelesen: 1.727

    Bücher, schnell gelesen: 1.727

    Wayne Johnson – Das Rote Kanu (Polar Verlag, 2024)

    Gelesen:02. – 03.09.2024 (netto 377 Seiten)

    Aus dem Amerikanischen von Karen Witthuhn.

    Buck besuchte vor über vierzig Jahren ein katholisches Internat außerhalb des Reservats. Dort hieß er Michael Fineday, aber sein Ojibwe-Name ist Miskwa’doden (Rotwild). Er verdient seinen Lebensunterhalt als Zimmermann und Bootsbauer in der Nähe des Shakopee Sioux Reservats.

    Doch als seine Frau Naomi ihm die Scheidungspapiere aushändigt, denkt Buck über Selbstmord nach. Es ist nur Zufall, das ihn zwei Streuner davon abhalten: Ein wilde Katze und ein wildes junges Mädchen.

    Das Mädchen ist Lucy, ihr Ojibwa-Name ist Gage’binch (Ewiger Vogel). Sie ist klug, gut in der Schule und hat dort drei enge Freunde, aber wenn ihr Vater, ein Polizist, bei der Arbeit ist, vergewaltigen seine Polizistenfreunde sie abwechselnd. Und drohen ihr das sie sich um ihren Vater “kümmern” würden, wenn sie etwas sagt.

    Wie Buck ist auch Lucy auf dem Weg nach unten – eine downward spiral. Aber als sie Buck entdeckt, fühlt sie sofort das er einer ist. der sich kümmert. Buck ist vorsichtig, denn Lucy ist genauso wild wie die Katze und hat von Natur aus Angst vor fremden Männern.

    Und da spielt auch der Grund mit, warum Bucks Frau ihn verlässt: Sie ist es leid das Buck ein Heiliger ist. Einer, der nie nachgibt und immer jeden retten muss. Und Lucy ist Buck‘ neuestes Rettungsprojekt.

    Aber Buck ist ein ungewöhnlicher Retter (mit ungewöhnlichen, militärischen, Fähigkeiten). Er bringt Lucy bei, ein Kanu zu bauen, und plant dann, dieses Kanu zu benutzen, um ihr zu helfen, sich zu rächen.

    Die beiden haben dabei ein paar schlaue Verbündete in zwei von Lucys Freunden: Ryan, einem chinesischen Einwanderer, und Booker, einem jungen Schwarzen, der versucht, Lucy zu beschützen, weil er weiß, dass sie von der Polizei sexuell missbraucht wurde. Dann ist da noch Ryans Mutter, eine Frau, die in China mehr gesehen hat, als irgendjemand sehen sollte.

    Und was im ersten Teil ein vorsichtiges Buch ist, das nie ausspricht was böses passiert oder passiert sein könnte, wird im zweiten Teil ein feuriger Revenge-Slasher. Auch dank Mrs. Chen, Ryans Mutter.

    ( (c) Polar Verlag 2024)

    Das Buch ist düster und melancholisch. Manchmal deprimierend. Oft Brutal. Wayne Johnson zeigt die „Zerbrochenheit“ seiner Charaktere mit großer Empathie und ohne Sentimentalität.

    Aber seien wir ehrlich: So viele indigene Völker haben null Hoffnung oder null Chance. Und die Weißen behandeln sie nicht immer freundlich. Und das ist ein Euphemismus.

    Und deswegen müssen Lucy, Buck und der Rest es auch mit der Rache übertreiben!

    Wenn es eine gerechte Welt geben würde, dann wäre dieses Buch ein Pflichtbuch in Schulen für 13-15 Jährige. Auch wenn es voller Blut und Rache ist.

    Eine perfekte Mischung aus The Equalizer und Ron Corbett. Härter als die Bücher von Frauke Buchholz und die Polizei, tja, auf die kann niemand hoffen.

    Einfach klasse! Bitte mehr, der Autor hat noch mehr auf Lager!

    Soundtrack dazu: All Systems Go – Sweet Revenge, was sonst?

    PS: Und Wayne Johnson so?