Tag: Polar Verlag

  • Bücher, schnell gelesen: 1.667

    Bücher, schnell gelesen: 1.667

    William Boyle – Shoot The Moonlight Out (Polar Verlag, 2023)

    Gelesen: 09. – 14.11.2023 (netto 329 Seiten).

    Aus dem Amerikanischen von Andrea Stumpf.

    William Boyle schreibt großartige Bücher über seine Heimat Brooklyn. Einfach nur großartig! Die Washington Post hat das ganz schlicht auf einen passenden Nenner gebracht:

    The Washington Post noted that Boyle "tries to write about how bad people can do good things and good people can do bad things."
    

    Und in diesem Spannungsfeld bleibt er bei vergleichsweise kleinen Geschichten. In “Shoot The Moonlight Out” treiben die konzentrischen Kreise eines Steinwurfes ins Wasser auf eine Handvoll Menschen aus dem Viertel zu und versenken vier von ihnen.

    Allerdings hat der Stein da schon moralischen Ballast zu tragen: Zwei gelangweilte Jungs, so 12 bis 13 Jahre alt, verbringen ihre Zeit mit allerlei Blödsinn am Rande einer Mall. An einer Freeway Auffahrt. Und kommen auf die coole Idee Steine auf Autos zu werfen … als sie endlich treffen treffen sie ins offene Fenster der 19 jährigen Amelia Cornacchia. Und die stirbt.

    Was beide nicht ahnen: Der Vater von Amelia arbeitet im Viertel als Problemlöser der einfachen Leute. Im Angebot: Endgültige Lösungen. Er bleibt nämlich beim Killen ganz kalt, für ihn ist das moralisch kein Problem.

    Fast Forward von 1996 in den Sommer 2001: Die konzentrischen Kreise des Steines treffen auf Land, die Wellen brechen und William Boyle packt ganz großartige Charaktere in die Story, die natürlich auf einen Showdown zwischen dem Vater von Amelia und … pssst!

    Und neben einer spannenden Story die auf einen Höhepunkt hinzielt bleibt William Boyle auch noch Zeit für großartige Details:

    William Boyle - Shoot The Moonlight Out (c) Polar Verlag 2023)

    William Boyle Welt ist klar und lebendig, Brooklyn ein Ort der er im Detail kennt. Er ist in der Lage, das Durcheinander des Lebens mit der Schärfe eines gnadenlosen Realisten einzufangen. Dabei formt er dieses Durcheinander so, dass die Geschichte auf einen Höhepunkt resp. Showdown zeigt der alles auflöst.

    Ganz großes Kopfkino. Und die Menschen? Sind am Ende glücklich:

    Lily kipt ihren Wiskey. Nach allem, was sie gesehen und erfahren hat, mag es falsch sein, glücklich zu sein, aber das ist ihre egal. Sie lässt Schuldgefühle Schuldgefühle sein, schenkt nach und findet es okay, dass sie sich so fühlt.
    
    (William Boyle - Shoot The Moonlight Out (c) Polar Verlag 2023)
    

    Perfekt!

    Soundtrack dazu: Joe Coffee – Shoot The Moon (And All Who Live There), was sonst?

    PS: Und William Boyle so?

    PPS: Beautiful and save, anyone?

  • Bücher, schnell gelesen: 1.666

    Bücher, schnell gelesen: 1.666

    Robert Reuland – Brooklyn Supreme (Polar Verlag, 2023)

    Gelesen: 20.10. – 08.11.2023 (netto 487 Seiten).

    Aus dem Amerikanischen von Andrea Stumpf.

    Ein ziemlicher Brocken und für mich nicht wirklich flüssig zu lesen, obwohl es eigentlich ein spannendes Buch ist. Mit einer ganz neuen Perspektive.

    Robert Reuland ist Jurist. Er hat in der Wirtschaft gearbeitet bevor er zur Bezirksstaatsanwaltschaft Brooklyn gewechselt ist. Nach 5 Jahren dort ließ er sich als Anwalt in NYC nieder und verteidigt Personen, die aufgrund von polizeilichem und staatsanwaltschaftlichem Fehlverhalten zu Unrecht verurteilt wurden.

    Sein Blick auf die Polizei, die Staatsanwaltschaft und die Richter ist also geprägt. Und offensichtlich hat eine ganz persönliche Konsequenz gezogen: Vertrauen muss wieder hergestellt werden. Denn ohne Vertrauen in Polizei und Justiz geht das Gemeinwesen den Bach runter.

    Reuland zeichnet mit vielen Details ein Panorama das offensichtlich von seiner Arbeit als Staatsanwalt und Strafverteidiger geprägt ist. Und dieses Panorama trieft vor Zynismus: „Wahrheit spielt im Brooklyn Supreme Court keine Rolle, nicht am Ende. Das Einzige, was zählt, ist die Lüge, mit der sie dich erwischen.“ Und um diese Lüge zu bekommen wird manipuliert. Und zwar alle gegen alle.

    Im Buch geht es um Will Way, einen Gewerkschaftsvertreter der lokalen Polizeigewerkschaft mit dem launigen Namen Patrolmen’s Benevolent Association. Er soll einer noch sehr frischen Polizistin beistehen, die einen farbigen Jugendlichen erschossen hat (nachdem dieser ein Geschäft überfallen hat). Sie war vorher Marine (also bei den Streitkräften). Der Junge war bewaffnet, zumindest wurde eine Waffe bei ihm gefunden.

    Schnell wird klar das da was nicht stimmt, ihr Partner war nicht bei ihr und das mit der Waffe …. mmmhhh, stimmt wohl auch nicht. In der Öffentlichkeit gibt es einen Riesenaufschrei, die Politik mischt sich ein und Will ist jetzt noch mehr angestachelt die Polizistin in diesem Wahnsinn von “Keine Gewalt gegen Schwarze – Weg mit der Polizei” zu beschützen.

    Reuland greift immer wieder zu kleinen Kniffen in dem er Sachen verschweigt und dann später in der Handlung klarstellt. Den Alltagsrassismus des Lesers erwischt er früh: Nach den ersten Demos und Protesten wg. “Gewalt gegen Schwarze” erfahren wir beiläufig das die Polizistin farbig ist. Eine Schwarze. Niemand hat danach gefragt.

    Will Way erkennt schnell das alle, die mit dem Fall zu tun haben, entweder versuchen ihre eigene Suppe zu kochen oder aber einen Schuldigen zu finden. Und er erkennt auch, das er als nächster hingehängt wird.

    Und das wird er auch, für seine Haltung fährt er ein:

    ( (c) Polar Verlag 2023)

    Hammer. Nix für hard-boild Krimi Fans aber für alle die nochmal kräftig über ein durch- und durch kaputtes Rechtssystem abkotzen wollen.

    Soundtrack dazu: Jon Cougar Concentration Camp – Georgina, was sonst?

  • Bücher, schnell gelesen: 1.651

    Bücher, schnell gelesen: 1.651

    Ken Bruen – McDead (Polar Verlag, 2023)

    Gelesen: 10. – 12.07.2023 (netto 126 Seiten plus Nachwort von Peter Henning).

    Aus dem Englischen von Karen Witthuhn.

    Wenn Bücher wie Musik wären das wäre dieses Buch eine EP (mit einem schwarzen Cover) einer Hardcore Band, 7 Songs und die Songs so ca. 0:56 bis 1:20 lang. Texte ehr kurz. Bretthart. Knackig. Also ob jemand eine DoLP Rock-Oper in einem Hochdruckofen eingekocht hat.

    Darf ich das Wort “Perfekt” in den Mund nehmen?

    Hier sitzt jeder Satz, hier passt jeder Dialog, hier gibt es einen schnellen Tod – egal ob selbstgewählt oder im wahrsten Sinne zugestoßen. Und die handelnden Figuren sind herrlich Amoralisch. Die meisten sind Cops – in dieser Serie keine Überraschung!

    Peter Henning schließt sein kundiges Nachwort mit:

    Der große libanesische Schriftsteller Etel Adnan bekannte einmal:
    
    "Eine Geschichte kann eine ganz eigene, wie in sich verkapselte Welt sein. Und ihre Resonanz wirkt oft als Verstärker und kann die ihr innewohnende Kraft und das, was ungesagt geblieben ist, vergrößern.
    
    Ken Bruens "Brant & Roberts"-Romane führen eben dieses besondere Kunststück der Vergrößerung eindrucksvoll vor.
    

    Meine Lieblingsstelle ist wo der böse und gut vernetzte Gangster nicht von den Cops erledigt wird, sondern vor den Augen seiner Gang (und den Cops) ganz beiläufig von jemanden erledigt wird den er unterschätzt hat. Der sprichwörtliche Nobody.

    Trocken. Ganz trocken.

    Mit diesem Buch hat Polar Band #3 der Serie ergänzt, von den 7 Büchern der Brant & Roberts Serie sind damit 6 bei Polar erschienen, fehlt nur noch Ammunition von 2007. Wann darf ich damit rechnen? 2024? Zuuuuu späääääääääät!

    Soundtrack dazu: Violent Reaction – Own Worst Enemy, was sonst?