Bücher, schnell gelesen: Teil 1.595

Jacob Ross – Die Knochenleser (Suhrkamp, 2022)

Gelesen: 04. – 08.07.2022 (netto 365 Seiten)

Was für ein wunderbares Buch! Jacob Ross kommt eigentlich von Grenada (ursprünglich 1498 von Kolumbus entdeckt und Concepción genannt) und lässt seinen Krimi in seiner alten Heimat spielen.

Cooler Inselslang, coole Gestalten und vor allem starke Frauen. Dazu schräge Bräuche und irgendwie drunter etwas ganz Dunkles.

Michael “Digger” Digson, illegitimer Sohn des Police Commissioners, wird von einem klugen Detective in eine ehr illegale Truppe von Polizisten shanghaied und nach England geschickt um Forensik zu lernen. So einfach, so clever. Denn zurück auf der Insel sorgt die Truppe für Aufklärung von Dingen, die wohl in der Vergangenheit einfach unter den Teppich gekehrt worden wären.

Das wunderschöne Grenada 1758

Digger verfolgt dabei mehrere Fälle: Einmal den Tod seiner Mutter (nie aufgeklärt, nie gesühnt) sowie alles was anfällt, vor allem einen alten Fall um einen verschwundenen Jungen. Denn das kann Digger richtig gut – die Knochen lesen.

Und dabei gräbt Digger ganz tief, vergrätzt die jede Menge Leute und steht kurz vor dem Aus. Aber er ist clever und kann Gut und Böse unterscheiden. Und kann auch politische Spiele spielen.

Extrem spannend, super lockere Sprache (perfekt übersetzt) mit perfekt sitzenden Dialogen und ziemlich viel Tiefgang in die Geheimnisse der Gesellschaft. Und auch wenn Frauen unter der Knute einer durchgeknallten Feuerbaptistenkirche leiden bleiben vor allem die starken und selbstbewussten Frauen hängen. Die sind cool.

Teil Eins einer Trilogie, im Original von 2016. Her mit dem Rest! Unbedingt!

Soundtrack dazu: The Bolokos – Caribbian Dream, was sonst?

PS: Und Jacob Ross so? Der ließt euch vor!

Bücher, schnell gelesen: Teil 1.593

Sybille Ruge – Davenport 160×90 (Suhrkamp, 2022)

Gelesen: 20. – 25.06.2022 (netto 253 Seiten, aufgrund eines Konzert-Marathons 2 Tage ohne Lesevergnügen)

Thomas Wörtche ist schon ein Trüffelschwein: Der Erstling von Sybille Ruge ist schon ein veritabler Knaller. Für ein deutsches Buch viel Sprachwitz, hohes Tempo, ausreichend Blut und mit einem trocken Blick auf die Gesellschaft. Weiblich noch dazu.

Die Heldin, mit dem coolen Namen Sonja Slanski (Hallo Slansky!), hält sich eigentlich wunderbar raus. Aber über ihre Affären stolpert sie in einen echten eigenen Job: Inkasso, auf die andere Art. Und als ihre Schwester in ihrer Wohnung umgebracht wird gibt sie auch noch die Privatdetektivin.

Drogen? Klar. Sex – geht immer. Rücksicht? Keine. Liebe – gibt es nicht (obwohl sie sich in einen Polizisten vom BKA verguckt). Feinde? Alle da draußen, vor allem die selbstgefälligen Wirtschafts- und Kunstmäzene, ihre Society Damen und die Anwälte.

Und neben bei legt sie sich auch noch mit Albanischen Drogenhändlern an, ist aber klug genug einen Rückzieher zu machen.

Ein sehr cleverer Krimi aus einer aggressiven Ich-perspektive, wunderbar Sprunghaft und teilweise Assoziativ in seiner Erzählweise. Ich hab mich ganz wunderbar unterhalten gefühlt und bin gespannt ob da noch mehr kommt. Würde mich freuen!

Soundtrack dazu: The Offenders – Lucky Enough To Live, was sonst?

PS: Davenport 160×90, was soll das sein? Das ist ein ganz wunderbarer Kniff, den ihr am besten selbst rausfindet. Ich sage nur “Detektiv, Büro”. Und Zirkelschluss.

Bücher, schnell gelesen: Teil 1.586

Candice Fox – 606 (Suhrkamp, 2021)

Gelesen: 17. – 21.05. (netto 458 Seiten)

Da hab ich mal wieder Thomas Wörtche vertraut – wenn er weitere Bücher von Candice Fox herausbringt, dann hat zwischendrin einfach was zwischen mir und einem Buch nicht gepasst.

Und ich wurde nicht – überhaupt nicht – enttäuscht. Das Buch ist ein großartiges Road Movie ala Dr. Kimble auf der Flucht, nur viel besser. Weil mehr Pulp. Mehr Blut. Und mehr Überraschung.

Mit einem klitzekleinen Kniff verschafft sich Candice Fox dabei quasi einen Freibrief: Aus einem Hochsicherheitsgefängnis in der Wüste von Nevada brechen alle Gefangenen aus, ohne Gegenwehr (die Story hierfür ist zwar dünn aber ohne die Idee funktioniert der Rest nicht). Und dann? Dann zündet Candice Fox ein echtes Feuerwerk!

600 prisoners escaping justice.

And one hunting it.

(Untertitel des Originals, siehe Cover unten)

Wenn wir mal über den Umstand hinwegsehen das in der deutschen Version 606 Häftlinge ausbrechen (und der Untertitel verhunzt wurde), dann gibt es einen coolen Road Movie:

Der Großteil der Ausbrecher wird schnell gefasst, bringt sich gegenseitig um oder kehrt mehr oder weniger freiwillig zurück. Einer – der, der das ganze organisiert hat – bekommt Unterstützung und will sein großes Ding landen (ein übler weißer Supremacist). Einer hängt sich an einen anderen, der clever erscheint.

Und der Clevere – John Kradle – , der hat einen Plan: Ab in die Wüste, hin zu einem Flugplatz und ab nach Hause. Über die Straßensperren hinweg. Er würde nämlich gerne beweisen, das er kein Mörder ist. Und auf ihn hat es Celine Osbourne abgesehen, sie lag nämlich ewig im Clinch mit ihm. Als Aufseherin im Todestrakt. Dazu kommt dann noch das FBI, die US Marshals und und und…

… Celine ist die einzige die spürt, das John Kradle anders als die anderen ist. Sie bleibt ihm auf der Spur. Am Ende kommt es zu mehr als einem Showdown, mehr als einem überraschenden Opfer und ordentlich Blut. Und das ganze wunderbar humorvoll dargebracht. Mit dem richtigen Schuss Brutalität. Gaaaanz lakonisch.

Eine durch und durch großartige Geschichte, gebt sie Quentin Tarantino zum verfilmen.

Soundtrack dazu: Chris Masuak – Cold Rock Prison, was sonst?

PS: Wo kommen die 6 zusätzlichen Häftlinge in Deutschland her? Was hab ich übersehen?

Candice Fox – The Chase

PPS: Und Candice Fox so?