Tag: Polar Verlag

  • Bücher, schnell gelesen: Teil 1.448

    Bücher, schnell gelesen: Teil 1.448

    Ron Corbett – Preisgegeben (Polar Verlag, 2020)

    Gelesen: 22. – 24.05.2020, netto 383 Seiten

    Aus dem Schneesturm von Colorado direkt in die Schneewüste der Northern Divide in Kanada. Die Zutaten sind vergleichbar, aber die Hoffnungslosigkeit am Oberlauf des Springfield River ist anders.

    Die alte Zellstoff Fabrik? Aufgegeben! Das Five Mile Camp, in dem die Cree lebten, die für den Papierkonzern gearbeitet hatten? Leer und verottet! Ragged Lake, der kleine Ort an der Bahnstrecke? 12 Einwohner und die abgewarzte Mattamy Fishing Lodge, die maximal ein paar Wildnis-Touristen anlockt.

    Alles dem Verfall preisgegeben.

    Unweit des Five Mile Camp hat eine kleine Familie eine Hütte gebaut, eine illegale Landnahme die aber ohne Konsequenzen bleibt, da die Besitzer des Landes im Moment mit dem Holz nichts anfangen können bzw. wollen.

    Und doch werden der Mann, seine Frau und ihre zwei–jährige Tocher ermordet. Ein Baummarkierer findet sie und alarmiert die Polizei. Die kommt in Form von Detectice Yakabuski und zwei jungen Constables, sie reiten auf Schneemobilen in Ragged Lake ein, da keine Straße da hin führt (und der Zug auch nur unregelmäßig kommt).

    Das Setting ist in großartiger, einsamer Natur, die Menschen wortkarg und die Täter müssen noch im Ort sein – keine Spur führt aus Ragged Lake heraus.

    Was ein einfacher “who dunit?” werden könnte entpuppt sich als unfassbar spannender Kill-Em-All Plot, am Ende ist die Schlagzahl bei 26 Toten. Ein fast endloser Showdown, unterbrochen nur von kurzen Zeit/Raum Sprüngen, die einem Futter für das Kopfkino liefern. Perfekte Charaktere und böse Bösewichter. Und Gute, die Sterben. Und jeder hat etwas preiszugeben.

    Umsonst dazu gibt es den coolen Kniff das Tagebuch der Toten aus der Hütte in das Buch einzupassen: Das verschiebt den Focus des Kopfkinos auf ganze neue Motive.

    Ich möchte da im Winter nicht leben. Aber von Detektive Frank Yakabuski möchte ich unbedingt mehr lesen!

    Großartiges zweites Buch in der “Dark Places” Serie des Polar Verlages, ein durch und durch düsteres Buch das nicht einmal durch den Schnee erhellt wird.

    Soundtrack dazu: The Riptides featuring The Ripettes – Camp Crystal Lake, was sonst?

    PS: Ron Corbett ist einguter Schnacker!

  • Bücher, schnell gelesen: Teil 1.447

    Bücher, schnell gelesen: Teil 1.447

    Benjamin Whitmer – Flucht (Polar Verlag, 2020)

    Gelesen: 19. – 22.05.2020, netto 386 Seiten

    1968, in den Bergen von Colorado. Silvester. Ein Gefängnis und ein Ausbruch. Ein Schneesturm. Und eine gnadenlose Hatz mit nur einem Ziel: Hier kommt keiner lebend raus!

    Die Wärter wohnen in einer Stadt ohne Namen, das Gefängnis nennt sich “Old Lonesome Prision” und wird mit gnadenloser Hand vom einem gnadenlosem Arsch mit dem irren Namen Cyprus Jugg geführt.

    Seine Mitarbeiter sind durch die Bank durchgeknallte Irre, die ihre Seele entweder in Europa (Zweiter Weltkrieg), Korea (Koreakrieg) oder in Vietnam (Vietnamkrieg) verloren haben und froh sind anderen das Leben zur Hölle zu machen (damit sie ihre eigene Hölle ertragen).

    In einem endlosen Showdown in einem endlosen Schneesturm kommen dabei innerhalb von 15 Stunden nicht nur die Ausbrecher, sondern auch einige Kollateralschäden ums Leben. Unter anderem auch weil der Direktor großzügig Marschiertabletten aus Army-Beständen verteilt.

    Hart wie die Landschaft in den Rocky Mountains, gnadenlos und archaisch wie das US-Vollzugssystem. Da können auch zwei Journalisten nichts ändern, die sich der Menschenjagd anschließen.

    Mit hohem Tempo und mit viel Liebe zu Details (und wenigen, klaren Worten) nimmt uns Benjamin Whitmer mit auf die Hatz. Ein gutes Ende? Never. Ein Hoffnungsschimmer? Wird zerballert!

    Und das beste, mein persönliches Highlight: Frauen kommen in dem Buch nur am Rande vor …

    Benjamin Whitmer – Flucht ( (c) Polar Verlag 2020)

    oder so:

    Benjamin Whitmer – Flucht ( (c) Polar Verlag 2020)

    … und am Ende ist Dayton Horn nicht nur meine Heldin sondern die eigentliche Gewinnerin unter Männern, die nichts anderes können als aus allem ein Gefängnishof zu machen:

    Benjamin Whitmer – Flucht ( (c) Polar Verlag 2020)

    Bestes Kopfkino, Country Noir mit einem Totschlaghammer. Go, Dayton Horn, go!

    Soundtrack dazu: The Seeds – No Escape, (was sonst?)

    PS: Das ganze hat eine echtes Vorbild – 1947 sind am 30.12. zwölf Gefangene aus dem Staatsgefängnis in Canon City, Colorado, entflohen. Innerhalb einer Woche waren sie entweder tot oder wieder im Knast. Verfilmt wurde das ganze dann ehr schlecht … ich hoffe Whitmers Roman wird von einem besseren Regisseur verfilmt…

  • Bücher, schnell gelesen: Teil 1.446

    Bücher, schnell gelesen: Teil 1.446

    Attica Locke – Heaven, My Home (Polar Verlag, 2020)

    Gelesen: 11. – 18.05.2020, netto 305 Seiten plus ein Nachwort von Sonja Hartl.

    Heaven, My Home” geht da weiter, wo “Bluebird, Bluebird” geendet hat. Texas Ranger Darren Mathews hat im Prinzip den Mord an einem widerlichen Arsch der Arischen Bruderschaft gedeckt – er hat die Waffe die benutzt wurde versteckt.

    Leider hat er sie bei seiner durchgeknallten Mutter versteckt, so dass diese ihn nun erpressen kann. Da kommt ihm der Fall des verschwundenen Levi, Sohn eines hohen Mitglieds ebendieser Bruderschaft (und auf Jahre im Knast) gelegen – zum einer kann er vor dem Staatsanwalt flüchten, der ihn wg. der Waffe nervt, zum andere kann er es vieleicht so drehen, dass er den Sohn findet und den Mord irgendwie der Bruderschaft unterschiebt,

    Pläne sind wie immer nur so gut, wie mann sie kontrollieren kann. Darren kann das aber nicht, zu sehr ändert sich die politische Lage durch die Wahl von Trump. Zu sehr versuchen die Texas Ranger und das FBI Hassverbrechen auf allen Seiten zu ahnden und suchen deshalb händeringend nach einem Fall in dem Schwarze ein Hassverbrechen begangen haben.

    Und Levi, der in einer Wohnwagensiedlung voller rechter weißer Hinterwäldler lebt, ist in der Umgebung von Hopetown verschwunden. Hopetown? Eine Siedlung von texanischen Ureinwohnern, die sich irgendwann mal mit entflohenen schwarzen Sklaven gemischt haben. Und tatsächlich verdächtig sind.

    Das ganze Buch über fragt der Leser sich daher wen oder was der schwarze Texas Ranger eigentlich retten will. Sich? Seine Karriere? Seine Ehe? Den Jungen? Seine Kumpel, der wohl den Mord an dem Bruderschaftler begangen hat? Und dabei tauchen wir in eine Welt ein, die auch schon Joe R. Lansdale so wunderbar beschrieben hat. Anders. Ganz anders.

    Hochspannend, vielschichtig und im Grunde hochpolitisch. Aber ohne dick aufzutragen. Sondern ehr die ganz dicke Suppe des Alltagsrassismus. Von allen Seiten. Auf allen Seiten. Eine Welt, die einen wie Trump dann irgendwie nicht zufällig an die Macht spült.

    Und ein schöner Cliffhänger, Klasse. Mehr davon. Viel mehr!

    Soundtrack dazu: Negro Terror – We Need Support, was sonst?