Bücher, schnell gelesen: Teil 1.596

Loraine Peck – Der Zweite Sohn (Suhrkamp, 2022)

Gelesen: 09. – 12.07.2022 (netto 414 Seiten)

Ein Erstling aus Australien mit einer prägnanten Mafia Story und einer ganz besonderen Erzählweise. Ziemlich überraschend.

Das Buch spielt in der kriminellen ex-Jugoslawischen Diaspora von Sydney. Die Novaks, Kroaten, sind die Gangleader und über eine Kette von Fischgeschäften waschen sie das Geld was sie mit ihren kriminellen Aktivitäten verdienen. Ärger haben sie mit den Serben und Italienern , aber das sind ehr so kleine und aus Europa mitgebrachte Streitigkeiten um den Kuchen.

Das ganze gerät aus dem Gleichgewicht als Ivan Novak, der erstgeborene Sohn des Familienoberhauptes, erschossen wird. Milan Novak schwört Rache und die soll sein Zweitgeborener Johnny Novak liefern. Der aber ist alles andere als ein Killer. Dazu ist seine Frau Amy nicht aus der Familie und möchte lieber heute als morgen mit Johnny aussteigen.

‘A tense, sinuous, fast-moving debut where hard answers are given to questions of honour and justice.’

Garry Disher

Ja, Garry Disher hat recht: Das Buch ist schnell und profitiert dabei vor allem bei der besonderen Erzählweise. Die Kapitel pendeln als Ich-Erzählung zwischen Johnny und Amy hin- und her. Während Johnny versucht seinem Vater und der Gang gerecht zu werden entfernt sich Amy immer weiter von Ihm.

Und Loraine Peck schafft dann einen zusätzlichen Spannungsbogen, denn die Gefahr für die Novaks kommt nicht von den verhassten Serben oder den Italienern, sie kommt von einer neuen Gang. Lokale Biker versuchen sich breit zu machen und den Novaks ihr Business abzunehmen.

Ab da nimmt das Buch noch mehr Tempo auf und lange bleibt unklar ob Johnny da heil rauskommt. Am Ende ist der Kniff vorhersehbar, aber mit einem erst ganz spät sichtbaren (aber leider zu offen präsentiertem) Extra. Ach ja, die Polizei spielt auch mit, ist aber nur Spielball.

Wirklich gelungener Mafia-Stoff mit einem Helden (und einer Heldin) die selber zu Sündern werden müssen um von ihren Sünden loszukommen. Im doppelten Sinn. Und das macht die Sache so spannend.

Zum Glück mit einem Cliffhänger (wenn auch ein sehr billiger), ich freu mich definitiv auf ein Wiedersehen.

Soundtrack dazu: The Hitmen – Don’t Hit Girls, was sonst?

PS: Und wieder mal ein Trailer der die Verfilmung vorhernimmt. Da original Cover gefällt mir definitiv besser als das von Suhrkamp by the way …

PPS: Und Loraine so im TV?

Bücher, schnell gelesen: Teil 1.595

Jacob Ross – Die Knochenleser (Suhrkamp, 2022)

Gelesen: 04. – 08.07.2022 (netto 365 Seiten)

Was für ein wunderbares Buch! Jacob Ross kommt eigentlich von Grenada (ursprünglich 1498 von Kolumbus entdeckt und Concepción genannt) und lässt seinen Krimi in seiner alten Heimat spielen.

Cooler Inselslang, coole Gestalten und vor allem starke Frauen. Dazu schräge Bräuche und irgendwie drunter etwas ganz Dunkles.

Michael “Digger” Digson, illegitimer Sohn des Police Commissioners, wird von einem klugen Detective in eine ehr illegale Truppe von Polizisten shanghaied und nach England geschickt um Forensik zu lernen. So einfach, so clever. Denn zurück auf der Insel sorgt die Truppe für Aufklärung von Dingen, die wohl in der Vergangenheit einfach unter den Teppich gekehrt worden wären.

Das wunderschöne Grenada 1758

Digger verfolgt dabei mehrere Fälle: Einmal den Tod seiner Mutter (nie aufgeklärt, nie gesühnt) sowie alles was anfällt, vor allem einen alten Fall um einen verschwundenen Jungen. Denn das kann Digger richtig gut – die Knochen lesen.

Und dabei gräbt Digger ganz tief, vergrätzt die jede Menge Leute und steht kurz vor dem Aus. Aber er ist clever und kann Gut und Böse unterscheiden. Und kann auch politische Spiele spielen.

Extrem spannend, super lockere Sprache (perfekt übersetzt) mit perfekt sitzenden Dialogen und ziemlich viel Tiefgang in die Geheimnisse der Gesellschaft. Und auch wenn Frauen unter der Knute einer durchgeknallten Feuerbaptistenkirche leiden bleiben vor allem die starken und selbstbewussten Frauen hängen. Die sind cool.

Teil Eins einer Trilogie, im Original von 2016. Her mit dem Rest! Unbedingt!

Soundtrack dazu: The Bolokos – Caribbian Dream, was sonst?

PS: Und Jacob Ross so? Der ließt euch vor!

Bücher, schnell gelesen: Teil 1.593

Sybille Ruge – Davenport 160×90 (Suhrkamp, 2022)

Gelesen: 20. – 25.06.2022 (netto 253 Seiten, aufgrund eines Konzert-Marathons 2 Tage ohne Lesevergnügen)

Thomas Wörtche ist schon ein Trüffelschwein: Der Erstling von Sybille Ruge ist schon ein veritabler Knaller. Für ein deutsches Buch viel Sprachwitz, hohes Tempo, ausreichend Blut und mit einem trocken Blick auf die Gesellschaft. Weiblich noch dazu.

Die Heldin, mit dem coolen Namen Sonja Slanski (Hallo Slansky!), hält sich eigentlich wunderbar raus. Aber über ihre Affären stolpert sie in einen echten eigenen Job: Inkasso, auf die andere Art. Und als ihre Schwester in ihrer Wohnung umgebracht wird gibt sie auch noch die Privatdetektivin.

Drogen? Klar. Sex – geht immer. Rücksicht? Keine. Liebe – gibt es nicht (obwohl sie sich in einen Polizisten vom BKA verguckt). Feinde? Alle da draußen, vor allem die selbstgefälligen Wirtschafts- und Kunstmäzene, ihre Society Damen und die Anwälte.

Und neben bei legt sie sich auch noch mit Albanischen Drogenhändlern an, ist aber klug genug einen Rückzieher zu machen.

Ein sehr cleverer Krimi aus einer aggressiven Ich-perspektive, wunderbar Sprunghaft und teilweise Assoziativ in seiner Erzählweise. Ich hab mich ganz wunderbar unterhalten gefühlt und bin gespannt ob da noch mehr kommt. Würde mich freuen!

Soundtrack dazu: The Offenders – Lucky Enough To Live, was sonst?

PS: Davenport 160×90, was soll das sein? Das ist ein ganz wunderbarer Kniff, den ihr am besten selbst rausfindet. Ich sage nur “Detektiv, Büro”. Und Zirkelschluss.