Tag: pulp master

  • Bücher, schnell gelesen: 1.718

    Bücher, schnell gelesen: 1.718

    Gerald Kersh – Hirn Und Zehn Finger (Pulp Master, 2024)

    Gelesen: 25. – 27.07.2024 (netto 106 Seiten)

    Übersetzt auf dem Englischen von Angelika Müller.

    Das Buch ist von 1943 und die Ausgabe von Pulp Master ist tatsächlich die Deutsche Erstausgabe.

    Gerald Kersh war ein Englischer Vielschreiber, der 1938 – so wird gesagt – denn britischen Noir erfunden hat. Das Buch Night and the City ist dabei sogar zweimal verfilmt worden (allerdings weit weg vom Original).

    Geholfen hat es nicht, 1968 ist er verarmt und krank im Alter von 56 Jahren in NYC verstorben.

    Hirn Und Zehn Finger ist eine lakonische Hommage an die jugoslawischen Partisanen im Zweiten Weltkrieg. Das Buchs schildert den Überfall auf ein Camp italienischer Besatzer, den Raub von Waffen, Sprengstoff und Zündern und die Flucht des immer weiter dezimierten Trupps in die Sicherheit des Hinterlandes.

    In einer für 1943 wahrscheinlich sehr einfachen Sprache geben dabei die Protagonisten ein Protokoll eines blutigen Tages im Krieg – Tot gehört dazu, und das am Ende von dreißig Kämpfern nur ganz weniger Überleben, das ist halt so.

    Trostlos, doch voller Anerkennung für den Einsatz dieser einfachen Slowenen, Kroaten und Serben für ihr Land. Kersh hatte je keine Ahnung das 50 Jahre später diese Landsleute aufeinander losgehen würden.

    Kein Krimi, ein Blick zurück in die Vergangenheit (die, wenn’s schlecht läuft, unsere Zukunft ist). Der ist aber sehr gelungen, weil es fast sowas wie eine Oral-History ist.

    Soundtrack dazu: Entfällt. Siehe unten.

    PS: Krieg, schon immer kacke.

  • Bücher, schnell gelesen: 1.682

    Bücher, schnell gelesen: 1.682

    Les Edgerton – Primat Des Überlebens (Pulp Master, 2024)

    Gelesen: 22.01. – 23.01.2024 (netto 336 Seiten)

    Übersetzt aus dem Amerikanischen von Ango Laina und Angelika Müller.

    Hach, was für ein wunderbar negatives, böses und hoffnungsloses Buch. Jede Entscheidung der handelnden Personen wählt zielsicher den Pfad, der bergab geht.

    Wie ein dreckiger Schneeball der eine zerstörende Lawine auslöst, aber nicht aus wunderbar glitzerndem Schnee sondern aus Schlamm, Dreck und Eis.

    Get down deeper and down
    Down down deeper and down
    Down down deeper and down
    Get down deeper and down
    

    Und die Storyline wird immer begleitet von sowas wie schwarzem Humor, Street Credibility oder Ganovenehre.

    Mit dem Hintergrund des Buches kennt sich Les Edgerton aus: Er ist ein ehemaliger Häftling, der wegen Einbruchs im Pendleton Reformatory in Indiana einsaß, das vom damaligen Präsidenten Lyndon Johnson als „das schlimmste Gefängnis der USA“ bezeichnet wurde.

    Auftritt Jake Bishop, Einbrecher und wg. Einbruch schon 2x eingesessen. Bei den harten Jungs. Jetzt ist er raus und will auf keinen Fall nochmal in den Knast (denn da wartet jemand auf ihn … und wird ihn killen). Und daher keine Einbrüche mehr, da er sonst wg. des 3 Strikes Law lebenslang bekommt. Also arbeitet er als Friseur, heiratet eine tolle Frau und hat den Plan sich mit einem eigenen Salon selbständig zu machen. Resozialisiert.

    Pustekuchen! Denn er ist vielleicht resozialisierbar, viele andere aber nicht. Zum Beispiel sein Knastkumpan Walker, dem er noch etwas schuldet und der einfach sein Maul nicht halten kann. Weswegen Jake nun auch noch jemand anderem was schuldet.

    Und natürlich geht danach alles den Bach runter, natürlich hilft Jake Walker bei einem Einbruch, natürlich geht alles schief. Natürlich gibt es Tote. Natürlich entpuppt sich Jakes Frau als starke Frau, die ihn nicht verdammt sondern das beste rausholen will: Für Jake, für ihr ungeborenes, für ihre Zukunft.

    Und genauso gegenläufig ist der Erfolg: Der Bruch gelingt, mehr Geld und Diamanten als geplant. Mitwisser sterben durch die Hand von Jake, immer dann wenn er mit dem Rücken zur Wand steht. Und das bringt ihm noch mehr Geld.

    Herrlich – bergab ins totale Desaster mit ordentlich Kohle auf dem Wohnzimmertisch.

    Den Endpunkt setzt Les Edgerton dann so, das es richtig weh tut. Und wo es vorher immer noch Auswege (die für Jake schmerzhaft waren) gab, gibt es dann nur noch eine große Leere. Mit aller Konsequenz.

    Wow, mit das un-happiest non-Happy End das ich je gelesen habe. Chapeau dafür!

    Soundtrack dazu: Blackmarket Syndicate – Avalanche, was sonst?

    PS: Der deutsche Titel passt vor allem weil das ziemlich gut sitzende The Bitch aus dem amerikanischen Original in der deutschen Übersetzung … eine Fehlbesetzung wäre. Und: The Snitch hätte auch gepasst.

    Das Original Cover packt die Story in zwei Worte und ein Bild. Passt schon.

    Les Edgerton – The Bitch (New Pulp Press, 2014)

    PPS: Während Covid wurde das Buch als … Zoom-Stück gestreamt

  • Bücher, schnell gelesen: 1.672

    Bücher, schnell gelesen: 1.672

    Mark SaFranko – AmeriGone (Pulp Master, 2023)

    Gelesen: 05. – 07.12.2023 (netto 262 Seiten plus 10 Seiten Nachwort von Michael Grimm).

    Aus dem amerikanischen Englisch von Sepp Leeb.

    Die Amerikaner sind ja so stolz auf ihre freie Wirtschaft, so stolz auf ihren Business Erfolg. Ihre Techindustrie. Ihre Product Management.

    Auftritt Parker Saturn, Product Manager von Trusonics Inc., der in einem Hotel in NYC auf einen Kollegen von der Westküste wartet, mit dem er ein wichtiges Business Meeting machen soll. Wichtig.

    Der Kollege mit dem Namen Iwan Rubelski entpuppt sich als vom Amerikanischen Traum beseelter Irrer, der den Raubtierkapitalismus in den US of A wörtlich nimmt. Und so muss zuerst ein Etagenkellner dran glauben, der das Frühstück serviert.

    Und Parker wird sowas wie eine Geisel bzw. ein vom Stockholm-Syndrom durchsetzter Sidekick eines “…ausser Kontrolle geratenen Gulag-Golem“. Und während sich Rubelski von Ost nach West durch die US of A schlachtet erklärt er, ganz Wirtschaftsphilosoph, seine Lebens- und Todesphilosophie. Keine Emphatie. Keine Solidarität. Nur der persönliche Gewinn, auch auf Kosten des Lebens anderer.

    Mark SaFranko sieht das jedenfalls mit klugem Blick:

    Da wir ja alle zumindest in gewisser Weise auch Opfer sind, müssen wir lernen, mit unserem Dasein als Prostitutierte in Einklang zu kommen.
    

    Auch wenn der erste Gedanke “Brett Easton Ellis” war ist dieses Buch eine ganze Ecke klüger. Denn zur Philosophie von Rubelski gehört das es einfach keinen Grund gibt.

    Und so kommt es in Hollywood zum Showdown, eine bekannte Schauspielerin und ihre Tochter sind die Opfer … und Parker wird auch zum Killer. Und seine Synapsen knallen durch. Wie es sich gehört.

    Klasse Buch, schön Böse und der Leser auf dem Beifahrersitz.

    Perfekt.

    Soundtrack dazu: Barbie Army – Ivan, was sonst?

    PS: Und Mark SaFranko so?