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  • Bücher, schnell gelesen: Teil 1.533

    Bücher, schnell gelesen: Teil 1.533

    J. Todd Scott – Die Weite Leere (Polar Verlag, 2021)

    Gelesen: 12. – 20.07.2021, netto 427 Seiten

    Geil, ein echter Western.

    Und einer, der absolut passend in der heutigen Zeit spielt. Einzig den Ort der Handlung hat J. Todd Scott “anonymisiert”: Aus Marfa, Texas, wurde Murfee, Texas. Und Murfee liegt ganz hinten links in Texas, da wo der Rio Grande am Big Bend National Park diese nette Kurve macht.

    Grenzland. Wüste.

    Kleine Städte, kleine Könige. Viel weites Land, im englischen Titel The Far Empty. Der kleine König von Murfee ist Standford “Judge” Ross, der Sheriff. Ein alter Haudegen, Revolverheld und Ankläger und Vollstrecker in einem. Er hat das Sagen. Er macht die Geschäfte. Seine Frauen kommen gerne mal abhanden bzw. sterben bei häuslichen Unfällen.

    Und daneben? Da ist sein Chief Deputy Duane hat sich knietief in Crystal Meth gestützt. Der Deputy Chris, der seine Football Karriere wegen einer Verletzung aufgeben musste und mit seiner Freundin Melissa ehr unglücklich nach Murfee zurückgekommen ist. Die Lehrerin Anne, die der Judge nach Murfee gelobt hat. Und der Sohn des Judge, Caleb, der sich sicher ist das der Judge nicht nur seine Mutter ermordet hat sondern auch noch 3 weitere Männer.

    Kapitel für Kapitel werden die handelnden Personen skizziert und Kapitel für Kapitel wird das Land größer, weiter … und die Probleme ernsthafter, boshafter und tödlicher.

    J. Todd Scott schickt im Grunde ein ganzen Planetensystem auf Kollisionskurs, dazu mit der DEA und der mexikanischen Mafia noch ein paar Kometen. Und der Leser guckt zu wie Planeten mit ihrer Anziehungskraft einander ins taumeln bringen, Kometen einschlagen und tiefe Krater reißen und der eine und andere Planet – bäng – zerknallt.

    Gnadenlos gut, extrem realistisch und schön gewalttätig. Und das Beste? Auch die Bösen haben Partner und Bosse, die noch Böser sind. Und keine Ärger gebrauchen können.

    J. Todd Scott war selbst 20 Jahre bei der DEA tätig und hat sehr genau hingeschaut. Und darum ist sein Western so cool, so echt … so überraschend!

    Soundtrack dazu: Meat Puppets – Plateau, was sonst?

    PS: Das ist Marfa …

    https://www.youtube.com/watch?v=6OAc3gx9K3Y

    … und der Big Bend:

  • Bücher, schnell gelesen: Teil 1.515

    Bücher, schnell gelesen: Teil 1.515

    Jon Bassoff – Factory Town (Polar Verlag, 2021)

    Gelesen: 12. – 13.04.2021, netto 237 Seiten.

    Von Jon Bassoff ist bei Polar schon ein Buch erschienen, nämlich Zerrüttung (2016). Das war ein echtes Horror Buch (Schublade Horror-Noir) und vor allem extrem clever geschrieben: Die gleiche Geschichte, von einer Person, aus 3 Perspektiven.

    Factory Town ist das ganze potenziert, keine Ahnung in welcher Potenz. Horror auf Speed? Auf Meth? Im Vorhof zu Hölle?

    Das ganze Buch ist eine einzige Verstörung, lediglich im Prolog und Epilog herrschen für wenige Momente Klarheit. Dazwischen aber geht es ohne Stop, ohne Schlaf und ohne Halt in den Irrsinn.

    Die Geschichte ist auch hier absolut einzigartig angelegt, erzählt und hat einen dermaßen großen Aha-Effekt das ich ums verrecken nichts verraten möchte. Das sollte jeder selber erlesen und erleben. Aber Vorsicht: Das Buch ist eine echte Qual, das durchhalten fällt schwer. So tief sitzt der Irrsinn. So derbe geht es zu.

    Großartig. Und auf den zweiten Blick sogar verfilmbar. Wenn sich nur jemand traut.

    Wahnsinn, aber ganz fette Beute. Nur für Hardcore-Connoisseure!

    Soundtrack dazu: Factory Minds – Better Days, was sonst?

    PS: Jan Bassoff ist garnicht so schräg wie seine Bücher…

  • Bücher, schnell gelesen: Teil 1.514

    Bücher, schnell gelesen: Teil 1.514

    Taylor Brown – Maybelline (Polar Verlag, 2021)

    Gelesen: 09. – 11.04.2021, netto 392 Seiten.

    Die Polar Dark Places Reihe hat was. Mit gekonnter Hand werden Bücher ausgewählt in der die Landschaft, die Örtlichkeiten und das ganze drumherum eine Hauptrolle spielen. So auch in Maybelline, das in den 1950er Jahren im Hochland von North Carolina spielt.

    Die Wälder am Berg sind alt, dunkel und voller Geheimnisse. Und Menschen, die vor vielen Jahren auf den Berg gezogen sind. Und ihr Geld mit illegalem Alkohol verdienen.

    Taylor Brown schafft mit wenigen Charakteren eine stimmige Szenerie: Rory, der junge Bootleger mit dem getunten Schmuggelauto (Krankenwagenmotor mit Turbolader) und seine Großmutter, die Kräuterhexe vom Berg. Rory hat einen großen Nachteil, er hat in Korea ein Bein verloren und der Job als Alkoholschmuggler ist der einzige den es für ihn gibt.

    Schmuggler, irre Priester, korrupte und Bullen die kleine Könige sind. Aber das sind nicht die Starken in diesem Buch (das weniger Krimi sondern Milieustudie ist). Die Starken sind die Frauen: Rorys Mutter, die in einer Irrenanstalt sitzt seit der KKK ihren Freund ermordet hat. Seine Großmutter, die Dinge sieht (und vorhersieht) die alles auf dem Berg umkrempeln.

    Und Rorys Freundin, die Tochter des irren Priester, die als starke Frau einen einsamen einbeinigen liebt.

    Eine unfassbar stimmige Geschichte, mit ein wenig Crime, in einer tollen Landschaft. Und jede Menge 1952 Feeling. Wow – ganz stark!

    Soundtrack dazu: One Man Army – The Bootleggers Son, was sonst?

    PS: Was mich dann doch verwundert hat ist das es tatsächlich auch heute noch “dry counties” gibt, in denen der Verkauf von Alkohol weitestgehend verboten ist. Auch in North Carolina.

    Map of Dry Counties

    PPS: Taylor Brown ist auch ganz nett…