Category: Bücher

  • Bücher, schnell gelesen: 1.661

    Bücher, schnell gelesen: 1.661

    James Lee Burke – Verschwinden Ist Keine Lösung (Pendragon, 2023)

    Gelesen: 08. – 21.09.2023 (netto 451 Seiten plus 7 Seiten biographische Notiz von Jochen König).

    Aus dem Amerikanischen von Jürgen Bürger.

    Der 3und20zigste Band der Reihe und, vermutlich, der letzte. Ein wenig enttäuscht war ich dann aber schon, das am Ende dieses zum Teil ziemlich durchgeknallten Buches sowohl Dave Robicheaux als auch Clete Purcel am Leben bleiben.

    Lässt sich hier James Lee Burke eine Hintertür offen?

    Die Story ist weniger Krimi als sonst, ehr eine ziemlich glitschige Angelegenheit auf einer Abwärtsspirale. Dave und Clete mischen sich mal wieder in Sachen ein, die sie eigentlich nichts angehen. Aber Gerechtigkeit, Unrecht und das Retten von Seelen die eigentlich nicht gerettet werden wollen ist ihre Leben (neben der Flasche und neben der Liebe – die aber immer die Falsche trifft oder tödlich endet).

    Zwei Jugendliche, zwei große und alte Gangsterfamilien, das Böse in Person und ein Racheengel der um Vergebung bittet. In der Mitte des Buches hat man irgendwie das Gefühl das weniger Logik sondern das Übernatürliche sich des Geistes der beiden Protagonisten bemächtigt. Und genau so ein Ende habe ich erwartet: Durchgedreht, Irre, Abgeknallt. Ende. Aus.

    Aber James Lee Burke bringt das ganze zu einem ziemlich und im Wortsinn wahnsinnigen Ende. Vergebung wird erteilt. Opfer werden zu Engeln. Rache wird serviert.

    ( (c) Pendragon Verlag 2023)

    Ein auch für die Dave Robicheaux Serie ziemlich krachiges und wahnsinniges Ende. Um dahin zu kommen muss der Leser aber auch den einen oder anderen Hirnfick bei Dave und Cletel ertragen.

    Ein Abschluss mit satanischen Pauken und engelsgleichen Trompeten. Und ein letzter genauer Blick auf die offensichtlich durch und durch verdorbene, üble, rassistische, korrupte und widerliche Gesellschaft da unten in Louisiana.

    Ich glaube James Lee Burke mag die nicht.

    Soundtrack dazu: Crime Wave – You Are All Satan, was sonst?

    PS: Ziemlich viele Leute gratulieren ihm zu diesem Buch…

    PPS: Und er selbst?

  • Bücher, schnell gelesen: 1.660

    Bücher, schnell gelesen: 1.660

    Jörg Buttgereit – Nicht Jugendfrei! (Martin Schmitz Verlag, 2023)

    Gelesen: 06. – 07.09.2023 (netto 354Seiten).

    Eine Biographie. Irgendwie nicht aus der Musik Szene. Aber mit jede Menge Überschneidungen mit der Musik Szene – in Berlin.

    Jörg Buttgereit ist vor allem durch seine frühen No Budget Splatter-Filme bekannt, insbesondere durch Nekromantik. Seit seiner frühen Jugend Horror Film Fan und regelmäßiger Kinogänger (mit viel Erfahrung auch 18+ Filme schon in jungen Jahren zu sehen) und Rock Musik Fan tauchte er (Jahrgang 1963) Ende der 70er auch in die Punk-Szene in Berlin ein, wo er auch seine ersten Filme drehte und zeigte (in bester DIY Manier auf Super 8).

    Das erste Drittel des Buches widmet er seiner Jugend, der Liebe zu Filmen und der Musik – und dieser Teil ist der für mich interessante. Auch in Hamburg gab es Off-Kinos die schräges zeigten, gerne auch gepaart mit schräger Musik. Einige seiner Filme habe ich damals auch gesehen, aber mehr so im Vorbeigehen.

    Sein Aufwachsen, die Wahl einer Ausbildung, das Erleben der Subkultur, das Hängenbleiben bei der eigenen Liebe (Filme, mit viel Horror und mangels Geld selbstgemachten Effekten) ist eine spannende und flott erzählte Geschichte. Mit vielen Referenzen an Personen und Orte, die ich bei Berlin Besuchen auch gesehen bzw. teilweise auch kennengelernt habe.

    Auch schön das sich konsequent die Punk Polizei, der Punk Verrat und die Ablehnung von Annette Humpe und Ideal als Sozialarbeiterrock durch das Buch zieht.

    ( (c) Martin Schmitz Verlag 2023)

    Der zweite Teil des Buches erzählt im wesentlichen seinen filmischen Weg, sein Kampf mit der Justiz (in Sachen Nekromantik) und ein wenig privates (weniger von ihm und seinen Freundinnen sondern von seiner Familie, vor allem seinem Vater). Das ganze wird mit einigen Interviews ergänzt, die mich aber nur zum Teil interessieren (da ich irgendwann aus dem Konsum von Splatting Image und den dazugehörigen Filmen ausgestiegen bin).

    Alleine für die ersten 220 Seiten lohnt sich das Buch, zumindest für mich. Für echte Filmfreunde lohnt sich bestimmt das ganze Buch…

    Soundtrack dazu: Es War Mord – Das Blut An Den Fahnen, was sonst?

    PS: Ja, das war damals lustig!

  • Bücher, schnell gelesen: 1.659

    Bücher, schnell gelesen: 1.659

    William McIlvanney – Fremde Treue (Kunstmann, 2015)

    Gelesen: 01. – 05.09.2023 (netto 341 Seiten).

    Aus dem Englischen von Conny Lösch.

    Der Abschluss der Jack Laidlaw Trilogie. Und dieses Buch ist ganz anders als die anderen. Das erste von 1977 ist perfekter hard-boiled crime. Das zweite von 1983 ist nicht weniger hard-boiled aber mit mehr gesellschaftskritischem Blick.

    Der dritte Band von 1991 nimmt zwar einen sehr persönlichen Tod (der Bruder von Jack ist überfahren worden) als Trigger, geht dann aber auf Wanderschaft in die Vergangenheit:

    Jack spürt dem Tod seines Bruders Scott nach – der offensichtlich nur ein Unfall war – und gräbt dabei in dessen und seiner eigenen Vergangenheit. Und diese sehr persönliche Graben bringt zum einen tatsächlichen Crime zum Vorschein und endet mit einer Verhaftung eines echten Gangsters. Zum anderen aber bringt es Jack an viele eigene Enden: Der Alkohol, die Entfremdung von ex-Frau & Kindern und die selbst verursachte Trennung von seiner neuen Liebe.

    Vor allem das nachspüren der eigenen und Scotts Vergangenheit, immer angetrieben durch Alkohol und die eigene Wut, liefert den Hintergrund für eine tiefe Sozialgeschichte. Ganz stark wird das Buch ab dem Moment wo Jack sich auf die Studienfreunde seines Bruders fokussiert und deren Geschichte, deren Werdegang und deren Erinnerung nachspürt.

    Wenig hard-boiled, wenn auch Jack hart mit sich selbst und anderen ist, und weniger ein Krimi. Im Gesamtbild der drei Bände und als Milieustudie von Glasgow und Umgebung aber unschlagbar gut.

    Und mit den vielen persönlichen Abgründen der handelnden Personen einfach wunderbar dunkel, ein perfekter Abwärtsstrudel. Und das beste: Ob es Jack in den Orkus zieht … bekommen wir nicht zu lesen.

    Klasse Trilogie, warum hab ich die nur so lange links liegen lassen?

    Soundtrack dazu: Skids – Brothers, was sonst?

    PS: Das Original heißt “Strange Loyalties” und das trifft das Buch auch viel besser. Und das Cover ist das zentrale Thema des Buches (ein Bild von Scott, das Jack als Wegweiser nutzt), warum nur wurde das in der deutschen Ausgabe … ignoriert?

    William McIlvanney – Strange Loyalties (Hodder & Stoughton, 1991)