Category: Bücher

  • Bücher, schnell gelesen: 1.678

    Bücher, schnell gelesen: 1.678

    Anthony J. Quinn – Frau Ohne Ausweg (Polar Verlag, 2023)

    Gelesen: 03.01. – 06.01.2024 (netto 286 Seiten)

    Aus dem Englischen von Sven Koch.

    Die Serie um Inspektor Celcius Daley erscheint im Polar Verlag ‘n büschen … vorwärts rückwarts.

    Zuerst erschien 2020 mit Gestrandet der eigentlich 5te Band der Serie, danach 2021 mit Auslöschung der erste Band der Reihe. Frau Ohne Ausweg ist im Original der 2te Band … ich erwarte dann Band 4 2024 und dann Band 3 …

    Das gute ist aber das alle Bücher, obwohl sehr ähnlich in Setting und Bildsprache, auch in sich geschlossen sind und tatsächlich wohl in beliebiger Reihenfolge gelesen werden können.

    So sehr ich Crime und Noir aus L.A. liebe, so sehr hat sich auch Nordirland in mein Herz geschrieben: Sam Millar, Stuart Neville, Adrian McKinty … und eben auch Anthony J. Quinn.

    Die Frau ohne Ausweg ist Lena Novak, ein hübsches Mädchen irgendwo aus den Bergen ex-Jugoslawiens. Und mehr oder weniger auf den ersten Besten reingefallen, der ihr ein Leben woanders versprochen hat. Woanders entpuppte sich als billiges Bordell in der Grenzregion zwischen der Republik Irland und Nordirland, betrieben durch ihren Verführer und lokalen osteuropäischen Gangsterboss Josip Mikolajek.

    Dailey stolpert quasi in diesen Fall und während seine Kollegen das offensichtliche Untersuchen (ein Auto samt Gangster ist in Flammen aufgegangen) sieht er die Spuren von nackten Füssen im Schnee … und fragt sich wer da ohne Schuhe weggelaufen ist.

    Und ab da ist es ein ganz wunderbares Buch, das sich vor allem mit Grenzgängen beschäftigt, ein Grenzgänger ist Dailey. Denn er hat sich mehr oder weniger in die wunderbare Lena verguckt und versucht sowohl den eigentlichen Fall (der in Nordirland natürlich direkt zu den Nutznießern der Troubles führt) zu lösen als auch Lena zu retten. Obwohl sein Chef ihm das mehr als einmal untersagt, da der nur eine verschwundene illegale Einwanderin sieht.

    In einem Nordirland voller brandneuer, verlassener Wohnsiedlungen, die während des Booms gebaut und während der Pleite verlassen wurden. Gebaut und geputzt von Osteuropäern, legal oder illegal – aber immer verachtet von den Einheimischen.

    Und wie in den anderen Büchern bereits schafft es Anthony J. Quinn das Kopfkino perfekt mit Bildern des Grenzgebietes und ihrer Natur zu befüllen. Das Grenzland, in dem Celcius und Lena agieren, ist übersät mit gesprengten Brücken und Gebäuden, verlassenen Häusern und dichten Wäldern. Dunkel, windig. Elend.

    Spannend angelegt und am Ende mit einen ganz wunderbaren Höhepunkt an weiblicher Rachkunst.

    Großartig, jetzt bitte auch den Rest!

    Soundtrack dazu: Swell Maps – Border Country, was sonst?

    PS: Das kundige Nachwort von Christian Koch stellt die drei beherrschenden Thema der Bücher von Anthony J. Quinn heraus – GRENZE, NATUR, GESCHICHTE. Und trifft damit den Nagel auf den Kopf.

    PPS: Und Anthony J. Quinn … klingt so…

  • Bücher, schnell gelesen: 1.677

    Bücher, schnell gelesen: 1.677

    Marie Rutkoski – Real Easy (Suhrkamp, 2022)

    Gelesen: 29.12.2023 – 02.01.2024 (netto 391 Seiten)

    Aus dem amerikanischen Englisch von Stefan Lux.

    Das Buch stand bei mir schon länger im Leserückstand, ich habe immer andere vorgezogen. Und ich kann mich nach dem Lesen nicht wirklich entscheiden ob das ein Fehler war.

    Das Buch ist der Erstling in Sachen “Thriller” von Marie Rutkoski, im echten Leben Kinder- und Jugendbuchautorin mit Professur für Englische Literatur.

    Das Buch ist definitiv Thriller (und weniger Crime), da der Leser a) bei der Suche nach einem Serienmörder dabei ist und b) dieser im Buch auch aus seiner Sicht (als Namenloser ER) erzählt wird.

    Das Setting ist in jedem Fall gelungen, den Hauptspielort ist ein Strip-Club namens Lovely Lady und die Geschichte wird hauptsächlich aus der Sicht der Frauen erzählt, die sich hier ihr Geld verdienen. Und dieser Teil der Story ist echt stark, verschiedene Charaktere und sehr individuelle Gründe warum sie dort arbeiten. Und ziemlich coole Gespräche zwischen den Girls hinter der Bühne.

    Aus “Stripperinnen: Eine Tote, eine Verschwundene – die eine Woche später tot auftaucht” wird die Suche nach einem Serienkiller, angeführt von einem weiblichen Detektive mit ordentlich Seelenbalast, ebenso traumatisiert wie viele der Stripperinnen.

    Ungefähr in der Mitte des Buches liegt ein kleiner Tipp der das Buch quasi auflöst, dagegen stellt Marie Rutkoski dann eine – fast schon bemüht wirkende – Flut an falschen Fährten bzw. Verdächtigen.

    Der Teil, der die Schicksale der Frauen (inklusive der kleinen Tochter von einer der Toten) ziemlich genau ausleuchtet ist echt gut (da gibt es zB eine XY-Frau, ein geborenes Opfer, eine Einsame – die sich in eine Lesbische Kollegin verliebt).

    Das der Fall am Ende nicht von der Polizei (die hier mehr oder weniger Fähig hingestellt wird) sondern von einer Stripperin gelöst wird, die gelernt hat sehr genau hinzuhören, passt zu der Story. Frauen sind hier im Focus und das echt gut.

    Die Geschichte und das Setting in der typisch amerikanischen Strip Club Kultur gefällt mir, der Umsetzung hätte ein wenig mehr Schärfe und weniger Seiten eventuell gut getan.

    Aber gute Unterhaltung. Mir fehlte da dennoch ganz deutlich das Böse, das Noir und … der Pulp.

    Soundtrack dazu: ALL – Strip Bar, was sonst?

    PS: In anderen Ländern ist das Cover einfach … stimmiger.

    PPS: Und Marie so?

  • Bücher, schnell gelesen: 1.676

    Bücher, schnell gelesen: 1.676

    Paul Hanley – sixteen again (Route Publishing, 2024)

    Gelesen: 27. – 28.12.2023 (netto 267 Seiten, in Englisch – wird wohl ehr nicht auf Deutsch erscheinen) 

    #bookcollectorsarepreteniousarseholes – Ich habe mir für einen ordentlichen Batzen Geld eine “Advance Edition” geleistet: Signed, limited und vor dem Erscheinen im April 2024 pünktlich zu Weihnachten hier. Mit einem collen Badge (in alter Buzzcocks Tradition). Post-Brexit Porto und Zoll sind mehr als der Buchpreis, Danke Merkel!

    2021 ist ja bereits ein Buch über Pete erschienen, daneben hatte Steve Diggle bereits 2002 eine “Biographie” von einem Journalisten schreiben lassen (die habe ich damals nach kurzem Querlesen nicht gekauft). Ansonsten gibt es kaum etwas, ehr als Abfallprodukt der Arbeiten von Malcolm Garrett, der mit seinen Designs für die Buzzcocks ja Plattencover, Poster und Badges für die Ewigkeit erschaffen hat.

    Paul Hanley, der Autor, ist sowohl Fan als auch Kenner der Musik-Szene Nordenglands, er spielte 1980 bis 1985 bei The Fall. Und er schreibt dieses Buch aus der Sicht eines informierten Fans…

    ( (c) Paul Hanley 2024)

    Und weil es aus der Fan Perspektive geschrieben ist fußt es aus O-Tönen, die er aus allen möglichen Quellen zusammengetragen hat (87 insgesamt, alle im Anhang verzeichnet). Und dabei zeichnet er ein ziemlich realistisches Bild einer Band, die früh dabei war (1976) und wie viele andere ebenso früh fertig war (mit sich, mit der Musik).

    Spannende Fußnote: Fertig waren sie in der Markthalle, Hamburg, 23.01.1981. Danach war Schicht im Schacht – erstmal. Und Steve Diggle und Pete Shelley hatten sich erstmal 8 Jahre nix zu sagen.

    ( (c) Paul Hanley 2024)

    Durch den Mix aus O-Tönen und dem kundigen Kommentar bzw. der persönlichen Einordnung ließt sich das Buch extrem gut, ich habe es mehr oder weniger verschlungen. Auch weil ich Fan geblieben bin.

    Da Hanley selber Musiker ist (auch wenn er bei einer weniger Ohrenschmeichelnden Band) kann er das musikalische auch richtig verorten. Downstrokes galore!

    ( (c) Paul Hanley 2024)

    Was er aber auch offen und ehrlich rüberbringt ist, wie die Band im Grunde verglüht ist und sowohl Pete (der mit mehr elektronischer Musik zumindest ein klein wenig Erfolg hatte) als auch Steve nutzen nach den Buzzcocks das immer noch ein wenig hereinkommende Geld um Soloideen nachzugehen. Die anderen beiden (John Maher, Steve Garvey) setzten sich in ein erfolgreiches und normales Berufsleben ab.

    Und ab hier wird das Buch dann schonungslos ehrlich, die Reunion war wohl ehr dem Geld geschuldet (aber das daraus entstandene Konstrukt von Pete/Steve plus Tony/Phil gab es dann satte 13 Jahre und damit etliche Jahre mehr als die erste erfolgreiche Inkarnation.

    ( (c) Paul Hanley 2024)

    Es war am Ende dann doch ein Beruf, bei dem es um regelmäßiges Einkommen ging. Privat wollte man nix mit den Kollegen zu tun haben.

    ( (c) Paul Hanley 2024)

    Das es am Ende vor allem für Steve vor allem um Ego, Einkommenund Versorgung mit Champagner ging wurde spätestens 2019 klar: Die Buzzcocks hatten eine “40 Years of Singles Going Steady” show in der Royal Albert Hall geplant – der Herzinfakt von Pete kam im Dezember 2018 dazwischen. Steve nutzte den Termin dann für ordentlich Egopolitur:

    ( c) Paul Hanley 2024)

    Klasse Buch: Vergötterung wo erforderlich, Kritik wo angebracht. Mit viel detailliertem Fachwissen (eg. Petes Liebelieder kammen immer ohne mänlichen oder weiblichen Bezug aus, mit Absicht. Steve konnte oder wollte das nicht und durchbrach das in einem seiner Songs für die Buzzcocks).

    Und immer mit dem Blickwinkel der Working Class (die übrigens Spiral Scratch möglich gemacht hat, das nur am Rande). Und in Summe ein klarer Blick auf was Erfolg aus einem machen kann. Manchmal gutes. Manchmal schlechtes.

    Soundtrack dazu: Buzzcocks – Singles Going Steady, immer noch – was sonst?

    PS: Der Buchtitel löst natürlich wieder eine Träne – Sixteen Again war die ganz hervorragende Buzzocks Cover-Band von Helge (RIP).

    PPS: #bookcollectorsarepretentiousarseholes #75/300 (um 2 falsch, Danke Merkel!)

    Buch kann hier bestellt werden! Der Autor hat auch einen historischen (endet 2020) Blog mit (in eigenen Worten) Ruminations, accusations, felicitations, and that