Bücher, schnell gelesen: 1.607

Garry Disher – Stunde Der Flut (Unionsverlag, 2022)

Gelesen: 31.08. – 02.09.2022 (netto 326 Seiten)

Wow, das erste Buch – im Original 2021 erschienen – in dem Covid-19 als natürlich Hintergrund vorkommt.

Kein Teil seiner vielen Serien sondern ein Solitär. Dennoch tief verbunden mit seinem typischen Themen: Cops, Macho-Welten und Verbrechen in einer vordergründig guten Gesellschaft.

Charlie Deravin ist unter Cops aufgewachsen, sein Vater ist Cop und er wurde selber einer. Aber irgendwas ist vor 20 Jahren passiert. Seine Mutter, die sich von seinem Vater getrennt hat, ist verschwunden. Die Cops konnten nichts ermitteln, seiner Vater wurde verdächtigt aber nie angeklagt. Keine Leiche, kein Verbrechen.

Da Charlie gerade suspendiert ist, kümmert er sich einfach mal um diese offene Geschichte. Denn er hat auch noch einen eigenen Fall offen: Als junger Polizist war er am gleichen Tag als seine Mutter verschwand vor Ort im Einsatz, auf der Suche nach einem kleinen Jungen. Aber auch hier: Keine Leiche, kein Verbrechen.

Und so trifft “alt” auf “neu” und Charlie hat das Gefühl das die alten Cops immer noch irgendwas verbergen, inklusive seinem Vater.

Mit typischer Präzision erzählt Garry Disher eine Geschichte von Schuld und Sühne, von Geheimnissen und … Männern, die Opfer erzeugen. Dazu als Gegenpol Liebe, mal zart, mal heimlich, mal anders. Aber immer in Frage zu stellen.

Tolle und vor allem spannende Kleinstadt-Studie mit einigen überraschenden Auflösungen (und jede Menge falscher Fährten). Vor allem der Kniff die Mutter und das verschwundene Kind zusammenzubekommen- absolut genial gemacht.

So richtig fesselnd! Irgendwie ein perfekter Film, wer dreht ihn?

Soundtrack dazu: The Saints – One Way Street, was sonst?

PS: Und Garry Disher so?

Bücher, schnell gelesen: Teil 1.550

Garry Disher – Moder (Pulp Master, 2021)

Gelesen: 05. – 09.10.2021, netto 291 Seiten

Garry Disher produziert für einen Krimi-Autor ein sicher einseitiges aber dafür auch vielschichtiges Œuvre … und lässt seinen alten Gauner Wyatt einfach nicht sterben.

Mit Moder kehrt Wyatt nach Sydney zurück und sein alter Tippgeber Sam Kramer, der wegen eines eigenen krummen Geschäftes im Knast sitzt, versorgt ihn von dort mit einem heißen Tipp:

Der Abzocker (oder besser “Finanzberater”) Jack Tremayne hat ein schönes Ponzi-Scheme am laufen und sitz auf einem Batzen Bargeld als Sicherheit für eine schnelle Flucht, falls die Behörden mal intensiver in den Quark kommen.

Und da Wyatt nichts lieber macht als andere Gangster auszunehmen erkundet er die Lage. Was Wyatt aber nicht ahnt ist das auch andere scharf darauf (und auf ihn) sind:

Einem altgedienter Cop aus dem Dezernat Eigentumsdelikte kommt eine Gestalt zu häufig vor … Wyatt, ohne das der Cop ihn identifizieren kann. Aber der Cop bekommt die Verbindung zu Kramer raus und kommt Wyatt sehr nahe.

Die Frau von Tremayne fickt dessen Anwalt und will eigentlich beide ausnehmen.

Der Sohn von Kramer hat ein Drogenproblem und verrät deswegen anderen Gangstern Details der Zusammenarbeit von Wyatt und Kramer.

Und so wird aus einem schnellen “rein raus” eine sehr komplizierte Angelegenheit und Wyatt, der ja gerne alles unter Kontrolle hat und auf alles vorbereitet ist, schafft es nicht alle variablen unter Kontrolle zu halten. Und damit wird er zur sprichwörtlichen Zielscheibe.

Aber Wyatt wäre nicht Wyatt wenn er trotz Verletzung seinen Plan nicht durchziehen würden, koste es was es wolle. Der alte Cop hat sich übrigens mit Wyatt abgefunden, er killt einen Killer und ist deswegen ein Held (und kann den ganzen aufstrebenden Polizei Managern – die keine Cops mehr sind – den Finger zeigen).

Und am Ende hat Wyatt die Kohle und Kramer wird im Knast gekillt, der Finanzgauner hat nichts mehr (nicht mal sein Leben) und die anderen, die so gierig auf die Kohle waren? Sind alle irgendwie sehenden Auges in den Tod gestolpert. Trottel, macht es wie Wyatt – habt immer Plan B, Plan C und einen Ausweg. Und fuckin’ Geduld!

Und mit der Tochter von Kramer verbinden ihn jetzt zarte Bande. Das wird weitergehen, da bin ich mir sicher. Bring it on, Garry!

Soundtrack dazu: Clowns – You Want It, You Got It, was sonst?

Bücher, schnell gelesen: Teil 1.543

Garry Disher – Barrier Highway (Unionsverlag, 2021)

Gelesen: 04. – 06.09.2021, netto 335 Seiten

Endlich der dritte Band der Hirsch-Serie von Paul Disher. Als Solitär erdacht und zu einer großartigen Serie ausgebaut, chapeau Garry!

Ich kann mit kein besseres Buch über das Leben abseits der großen Stadt, weit draußen im irgendwo, vorstellen. Vor allem nicht wenn es um eine crime setting geht. Einsame Polizisten mit einer endlosen Routine von Kontrollfahrten und spektakuläre Ermittlungen über gestohlene Unterwäsche von alten Damen, Ärger um Schulden oder aber vernachlässigte Jugendliche.

Aber Constable Paul Hirschhausen kommt ja aus der großen Stadt und ahnt, das das kleine Übel das große Übel anzieht. Und so verpackt er das kleine Landleben in langsam fließende Bäche, die am Ende auch einen reißenden Strom erzeugen.

Denn Neid, aufgestauter Ärger und Isolation erzeugen auch im Outback Druck und dieser Druck entlädt sich auch dort. Und der Job von Hirsch ist, als country copper, nicht nur enforcer sondern eben auch Friedensstifter, Ratgeber, Helfer, Beichtvater und zur Bot auch Holzhacker.

Besonders beeindruckend ist das Buch auch, weil Hirsch selbst diesem Druck ausgesetzt wird und am eigenen Leib erfährt was Kleinstadtdruck ist. Obwohl er es besser weiß. Und weil das Buch den Unterschied zeigt: Hirsch ist humble, die Detektives aus der großen Stadt, die bei Mord kommen, sind dagegen nur kalte Egos.

Ein ganz wunderbares Buch, perfekt zu lesen und mit einem funkelndem Kopfkino. Bleibt zu hoffen das Garry Disher Constable Paul Hirschhausen niemals zurück in die Stadt versetzt.

Soundtrack dazu: Radio Birdman – Hand Of Law, was sonst?

PS: Und einen Trailer gibt es auch …