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  • Bücher, schnell gelesen: Teil 1.447

    Bücher, schnell gelesen: Teil 1.447

    Benjamin Whitmer – Flucht (Polar Verlag, 2020)

    Gelesen: 19. – 22.05.2020, netto 386 Seiten

    1968, in den Bergen von Colorado. Silvester. Ein Gefängnis und ein Ausbruch. Ein Schneesturm. Und eine gnadenlose Hatz mit nur einem Ziel: Hier kommt keiner lebend raus!

    Die Wärter wohnen in einer Stadt ohne Namen, das Gefängnis nennt sich “Old Lonesome Prision” und wird mit gnadenloser Hand vom einem gnadenlosem Arsch mit dem irren Namen Cyprus Jugg geführt.

    Seine Mitarbeiter sind durch die Bank durchgeknallte Irre, die ihre Seele entweder in Europa (Zweiter Weltkrieg), Korea (Koreakrieg) oder in Vietnam (Vietnamkrieg) verloren haben und froh sind anderen das Leben zur Hölle zu machen (damit sie ihre eigene Hölle ertragen).

    In einem endlosen Showdown in einem endlosen Schneesturm kommen dabei innerhalb von 15 Stunden nicht nur die Ausbrecher, sondern auch einige Kollateralschäden ums Leben. Unter anderem auch weil der Direktor großzügig Marschiertabletten aus Army-Beständen verteilt.

    Hart wie die Landschaft in den Rocky Mountains, gnadenlos und archaisch wie das US-Vollzugssystem. Da können auch zwei Journalisten nichts ändern, die sich der Menschenjagd anschließen.

    Mit hohem Tempo und mit viel Liebe zu Details (und wenigen, klaren Worten) nimmt uns Benjamin Whitmer mit auf die Hatz. Ein gutes Ende? Never. Ein Hoffnungsschimmer? Wird zerballert!

    Und das beste, mein persönliches Highlight: Frauen kommen in dem Buch nur am Rande vor …

    Benjamin Whitmer – Flucht ( (c) Polar Verlag 2020)

    oder so:

    Benjamin Whitmer – Flucht ( (c) Polar Verlag 2020)

    … und am Ende ist Dayton Horn nicht nur meine Heldin sondern die eigentliche Gewinnerin unter Männern, die nichts anderes können als aus allem ein Gefängnishof zu machen:

    Benjamin Whitmer – Flucht ( (c) Polar Verlag 2020)

    Bestes Kopfkino, Country Noir mit einem Totschlaghammer. Go, Dayton Horn, go!

    Soundtrack dazu: The Seeds – No Escape, (was sonst?)

    PS: Das ganze hat eine echtes Vorbild – 1947 sind am 30.12. zwölf Gefangene aus dem Staatsgefängnis in Canon City, Colorado, entflohen. Innerhalb einer Woche waren sie entweder tot oder wieder im Knast. Verfilmt wurde das ganze dann ehr schlecht … ich hoffe Whitmers Roman wird von einem besseren Regisseur verfilmt…

  • Bücher, schnell gelesen: Teil 1.446

    Bücher, schnell gelesen: Teil 1.446

    Attica Locke – Heaven, My Home (Polar Verlag, 2020)

    Gelesen: 11. – 18.05.2020, netto 305 Seiten plus ein Nachwort von Sonja Hartl.

    Heaven, My Home” geht da weiter, wo “Bluebird, Bluebird” geendet hat. Texas Ranger Darren Mathews hat im Prinzip den Mord an einem widerlichen Arsch der Arischen Bruderschaft gedeckt – er hat die Waffe die benutzt wurde versteckt.

    Leider hat er sie bei seiner durchgeknallten Mutter versteckt, so dass diese ihn nun erpressen kann. Da kommt ihm der Fall des verschwundenen Levi, Sohn eines hohen Mitglieds ebendieser Bruderschaft (und auf Jahre im Knast) gelegen – zum einer kann er vor dem Staatsanwalt flüchten, der ihn wg. der Waffe nervt, zum andere kann er es vieleicht so drehen, dass er den Sohn findet und den Mord irgendwie der Bruderschaft unterschiebt,

    Pläne sind wie immer nur so gut, wie mann sie kontrollieren kann. Darren kann das aber nicht, zu sehr ändert sich die politische Lage durch die Wahl von Trump. Zu sehr versuchen die Texas Ranger und das FBI Hassverbrechen auf allen Seiten zu ahnden und suchen deshalb händeringend nach einem Fall in dem Schwarze ein Hassverbrechen begangen haben.

    Und Levi, der in einer Wohnwagensiedlung voller rechter weißer Hinterwäldler lebt, ist in der Umgebung von Hopetown verschwunden. Hopetown? Eine Siedlung von texanischen Ureinwohnern, die sich irgendwann mal mit entflohenen schwarzen Sklaven gemischt haben. Und tatsächlich verdächtig sind.

    Das ganze Buch über fragt der Leser sich daher wen oder was der schwarze Texas Ranger eigentlich retten will. Sich? Seine Karriere? Seine Ehe? Den Jungen? Seine Kumpel, der wohl den Mord an dem Bruderschaftler begangen hat? Und dabei tauchen wir in eine Welt ein, die auch schon Joe R. Lansdale so wunderbar beschrieben hat. Anders. Ganz anders.

    Hochspannend, vielschichtig und im Grunde hochpolitisch. Aber ohne dick aufzutragen. Sondern ehr die ganz dicke Suppe des Alltagsrassismus. Von allen Seiten. Auf allen Seiten. Eine Welt, die einen wie Trump dann irgendwie nicht zufällig an die Macht spült.

    Und ein schöner Cliffhänger, Klasse. Mehr davon. Viel mehr!

    Soundtrack dazu: Negro Terror – We Need Support, was sonst?

  • Bücher, schnell gelesen: Teil 1.445

    Bücher, schnell gelesen: Teil 1.445

    Pierre Pouchairet - Unheiliges Land (Polar Verlag, 2019)
    Pierre Pouchairet – Unheiliges Land (Polar Verlag, 2019)

    Gelesen: 03. – 10.05.2020, netto 390 Seiten

    Ein etwas anderes Buch im Polar Verlag – weniger noir, weniger Pulp aber zumindest ein wenig hard-boiled.

    Und voll echter Polizeiarbeit. Länderübergreifend. Lokal. Eigentlich kein Wunder, der Autor war selber bei der Französischen Polizei und aktiv in der grenzübergreifenden Drogenfahndung.

    3 Länder, 3 Polzeieinheiten, 3 Herangehensweisen. Im Israel sind die Cops (ausgewanderte jüdische Franzosen) an einem Mord dran, der wohl von Arabern aus Nablus an Jüdischen Siedlern im West-Jordanland verübt worden ist. In Nizza knallen Drogensüchtige komplett durch, nachdem sie eine neue Form von Meth genommen haben. Darauf sucht die Polizei nach der Quelle. Und in den Palästinensischen Autonomiegebieten Maïssa, eine junge palästinensische Polizistin, die herausfinden soll ob die jungen Araber wirklich die Siedler getötet haben.

    Was alle 3 Gruppen verbindet ist echte Polizeiarbeit unter gesetzlichen, politischen und gesellschaftlichen Einschränkungen. Und die Tatsache, das alle in Frankreich die Polizeiarbeit gelernt haben – das merken sie aber erst spät im Buch.

    Und natürlich landen alle 3 Ermittlungen an einem Kern: Die Hamas und russische Gangster nutzen den Status der Autonomiegebiete um Meth zu kochen und dieses nach Frankreich zu verschiffen.

    Das gute an dem Buch ist die detaillierte Polizeiarbeit, der immer wieder Grenzen gesetzt werden. Zwänge, die Abkürzungen vermeiden oder bestimmen. Am Ende gibt es Verlierer und Gewinner – und nicht unbedingt die Erwarteten.

    Gut auch das die Gewalt, die aus dem Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern hervorgeht, schonungslos gezeigt wird ohne eine Seite zu ergreifen. Das machen Polizisten nämlich nicht, sie suchen nur die Wahrheit. Ob diese dann auch zur Anklage oder Veröffentlichung kommt, liegt nicht ihren Händen.

    Ein gutes Buch aber eben kein Hard-Boiled Noir Thriller. Macht aber Lust auf mehr und wenn ich es richtig sehe gibt es da noch mehr. Hoffentlich auch bald in Deutsch.

    Soundtrack dazu: Moms On Meth – Agents of Tradition, was sonst?

    Moms On Meth – Agents Of Tradition

    Agents of tradition
    filled up, sucked dry and thrown aside
    your promised gratification
    seems questionable at best