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  • Bücher, schnell gelesen: Teil 1.488

    Bücher, schnell gelesen: Teil 1.488

    Mike Knowles – Tin Men (Polar Verlag, 2020)

    Gelesen: 12. – 16.11.2020, netto 320 Seiten

    Hach, ein weiteres tolles Buch im Polar Verlag und ein weiteres Buch das aus Kanada kommt. Ganz offensichtlich (und das wird im exzellenten Nachwort von Marcus Müntefering klar) kommen daher klasse Krimis. Da muss ich tiefer einsteigen!

    Nicht jeder Cop ist dreckig, aber die guten schon.

    Perfektes Leitwort für dieses Buch, das sowas wie eine Cop Studie ist. 3 Tin Men (also herzlose Wesen aus Der Zauberer von Oz) werden vorgestellt:

    Oz, der gewalttätige Cop der bisher immer davon gekommen ist. Woody, der drogensüchtige Cop (den eine Familientragödie in die Sucht getrieben hat) und Dennis, der fette Einzelgänger Cop mit der exzellenten Aufklärungsquote (der Angst davor hat das seine Sucht nach transsexuellen Prostituierten bekannt wird).

    Alle drei werden aus dem normalen Trott herausgerissen, da eine Kollegin ermordet wurde. Genauer: Ausgeweidet wurde. Noch genauer: Der hochschwangeren Kollegin wurde das lebende Baby herausgeschnitten.

    3 Cops, 3 Ansätze. 2 Teams (Dennis muss alleine ermitteln). Und noch mehr Tote. Udn Geheimnisse: Os ist nämlich der Vater des Kindes. Das ahnen die anderen beiden aber nicht.

    Am Ende gibt es einen toten Cop, eine Cop der wohl in den Knast wandert und einen Cop der den Fall löst. Interessiert nur keinen, da es ja wieder einen toten Cop gibt.

    Ein ganz großartiges Buch über Polizeiarbeit und Polizeirealität, gewalttätig lustig, verängstigend brutal und hochgradig ansteckend. Und ganz wunderbar lakonisch.

    Im Opus von Mike Knowles ein Solitär – mal sehen ob das so bleibt.

    Soundtrack dazu: Kremlin – No Hope For You, was sonst?

  • Bücher, schnell gelesen: Teil 1.486

    Bücher, schnell gelesen: Teil 1.486

    Sam Hawken – Vermisst (Polar Verlag, 2020)

    Gelesen: 04. – 08.11.2020, netto 381 Seiten

    Es geht um grenzenlose Ausbeutung. Nicht mehr und nicht weniger.

    In Kojoten begleiten wir eine Migrantin vom Süden in den Norden, da wo illegale Migranten nicht nur das Rückgrat der Agrarwirtschaft sind sondern schlicht und einfach zum wirtschaftlichen System gehören, inklusive Rückschaffung.

    Und wer fies genug denken kann, der versteht das diese Rückschaffung in erster Linie dazu dient die Preise im Norden niedrig zu halten. Das Risiko auf die Migranten zu verlagern.

    Vorhang auf für Jack Searle, der als kleiner Bauunternehmer und Witwer versucht seine Töchter an der Grenze zu Mexiko durchzubringen. Der für seine Jobs immer mexikanische Tagelöhner nimmt, ihnen aber guten Lohn zahlt und sie ordentlich behandelt. Was seinem Tagelöhner passiert (Verhaftung, Strafe Ausweisung) passiert ihm nicht (er bekommt einen erhobenen Zeigefinger), obwohl der Illegale in seinem Truck hochgenommen wurde.

    Systemrelevant? Systemrelevant!

    Das Schicksal ereilt Jack südlich der Grenze, in Nuevo Laredo verschwindet seine Tochter als diese mit einer Verwandten auf ein Konzert geht. Und Jack vertraut sich der Polizei an, die in Nuevo Laredo nicht nur einen schlechten Ruf hat sondern von der Militärpolizei wg. Unfähigkeit und Korruption ersetzt wird (ist in 2011 tatsächlich so passiert – drei Jahre später, als Sam Hawken seinen Roman beendete, war die Polizei immer noch suspendiert und die Stadt ein „kriminelles Irrenhaus“).

    Für Jack und den nunmehr suspendierten Polizisten Gonzalo beginnt damit der Abstieg in die Finsternis. Stur hält Jack Kurs und will seine Tochter finden. Was er jedoch findet ist Elend, Korruption, Gewalt und … Tod.

    Und wieder passt das Bild: Das Risiko liegt bei denen aus dem Süden – nicht nur Gonzales stirbt, sondern auch Verwandte von Jack. Die aus dem Norden, die schaffen es geradeso über die Grenze zurück und kommen, trotz zweier bestialischer Morde an Bestien, ohne Anklage davon.

    Systemrelevant?

    Sam Hawken schreibt das ganze langsam, behäbig und sehr lakonisch. Das es schlussendlich in einer Gewaltorgie ala “Ein Man Sieht Rot” endet passt trotz aller Widersprüche zum Buch. Es ist eben keine Rambo-Buch – es ist eine ehr lakonische Erklärung warum die US of A als Konsument all diesen Elends nicht zur Rechenschaft gezogen wird.

    Eben weil es systemrelevant ist.

    Und was? Die Ausbeutung. Im Norden. Im Süden. Mit oder ohne Grenze. Oder Mauer.

    Klasse Buch!

    Soundtrack dazu: Mexican Cheerleader – Run And Tell Your Friends, was sonst?

    nb: Realities…

  • Bücher, schnell gelesen: Teil 1.472

    Bücher, schnell gelesen: Teil 1.472

    William Gay – Stoneburner (Polar Verlag, 2020)

    Gelesen: 02. – 03.09.2020, netto 370 Seiten

    Von William Gay (2012 verstorben) habe ich vor 8 Jahren schon eine schöne Geschichte gelesen. Stoneburner spielt im gleichen geographischem Kosmos – dem Land der Hinterwäldler.

    Das Buch ist nach dem Tod von Gay von seinen Erben aus dem Nachlass gesichert und druckfertig gemacht worden. Diese Arbeit hat sich definitiv gelohnt.

    Und das Buch selbst hat noch mehr Geschichte: William Gay hatte sich mit Cormac McCarthy angefreundet, der seine Bücher in einem ähnlichen Setting spielen lässt. Das Buch selbst war fertig als McCarthy mit No Country For Old Men herauskam und darin ähnliche Versatzstücke verpackte: Drogenhandel, ein Koffer voll Geld auf Abwegen und die Jagd danach. Und eben wegen dieser Überschneidungen legte Gay das Manuskript erstmal auf die Seite.

    Das Buch ist ein klasse 70er hard-boiled Roman, voller verrückter Männer und hübscher Frauen. Die Männer wollen Geld, Alkohol und Frauen. Die Frauen wollen Männer mit Geld. Und deren Geld. Der Privatermittler Stoneburner möchte eigentlich nichts davon, sondern am Ufer des Tennessee River seine Ruhe haben.

    Aber dann kommt sein alter Vietnam-Kamerad Thibodeaux und klaut dem lokalen Schwergewicht nicht nur das Mädchen sondern auch Geld. Und geht auf einen Trip an dessen Ende er natürlich der Verlierer ist. Stoneburner soll das Geld wiederbeschaffen aber das gelingt ihm nicht. Ihm gelingt lediglich am Leben zu bleiben, was nicht jedem im Buch vergönnt ist.

    Das Buch ist klar gegliedert, im ersten Teil erleben wir Thinodeaux, im zweiten Stoneburner. Also eine Geschichte mit zwei Sichten. Und dazwischen gibt es sehr viel Moral, allerdings die Moral der Menschen da hinten in Tennessee, Mississippi, Alabama und Texas. Und die ist und war anders.

    Ein ganz wunderbar dunkles Buch voller Hoffnungen, die sich nicht erfüllen.

    Soundtrack dazu: Swingin’ Utters – More Or Less Moral, was sonst?