Tag: Polar Verlag

  • Bücher, schnell gelesen: Teil 1.590

    Bücher, schnell gelesen: Teil 1.590

    William Boyle – Brachland (Polar Verlag, 2022)

    Gelesen: 28. – 30.05. (netto 339 Seiten plus Nachwort)

    Yes! Ende Mai, Leseurlaub in DK und ein echter Kandidat für das Buch des Jahres nimmt Besitz von meinem Kopfkino.

    Die Geschichte selbst ist winzig, ebenso wie das Viertel aus dem William Boyle seine Welt zaubert. Frauen, Mafia und jede Menge Willkür – von Männern. Aber die Art wie William Boyle die Geschichte voranbringt ist alles andere als klein, die ist ganz groß:

    Wie bei einem Leuchtturm trifft das Licht wie im Kreis auf die handelnden Personen und diese … handeln. Und irgendwann denkt der Leser das der Leuchtturm sich schneller dreht … immer schneller und irgendwann muss was aus den Fugen geraten.

    Und das tut es auch: Die Saat, die 1991 vom korruptem Cop Donnie Parascandolo gesät wurde, ist 1993 zur Ernte bereit. Und zu dem Toten von 1991 kommen noch mehr Tote – Frauen wie Männer. Und die freundliche Nachbarschaft lüftet ganz kurz die Decke des Schweigens, des Akzeptierens … um diese dann wieder ganz schnell und pragmatisch auszurollen.

    Und die Cops? Haben immer keinen Schimmer und werden auch nicht hinzugezogen. Am Ende eine tote Mutter, eine glückliche Tochter, ein toter Ex-Cop, zwei tote Cops und ein glückliches, wenn auch ungleiches Paar.

    In diese Welt einzutauchen ist einfach zu schön, vor allem auch wegen der großartigen Referenzen:

    ( (c) 2022 Polar Verlag)

    Aber dabei bleibt es nicht … trotz aller 70er Jahre Mafia Anklänge ist William Boyle einfach smart.

    ( c) 2022 Polar Verlag)

    Eine bessere Warnung vor Crust Punk, Plugs und Tattoos habe ich lange nicht mehr gelesen, Street Smart Mr. Boyle.

    Warum ich nichts vom Inhalt verrate? Weil der einfach großartig ist, ihr müsst allerdings euer Kopfkino selbst befeuern. Es lohnt sich!

    Soundtrack dazu: Pressing On – Wasteland, was sonst?

    PS: William Boyle nennt diesen Film als Referenz, denn die Hoffnung bleibt.

  • Bücher, schnell gelesen: Teil 1.589

    Bücher, schnell gelesen: Teil 1.589

    David Heska Wanbli Weiden – Winter Counts (Polar Verlag, 2022)

    Gelesen: 26. – 28.05. (netto 431 plus 18 Seiten Anhang & Essay)

    Virgil Wounded Horse hat einen komischen Job: Zu ihm gehen die Lakota im Rosebud Reservat in South Dakota wenn die Stammespolizei oder die staatlichen Behörden (Polizei, Staatsanwälte, Bundespolizei) einen Fall nicht verfolgen. Er ist dann Richter und Strafvollstrecker in Personalunion, bricht Knochen und haut Zähne raus.

    Hard-boiled Krimi? Weit gefehlt. Im Grunde ist das ganze Buch eine einzige Anklage Wogegen? Gegen das System der Reservate. Gegen den Raubbau der Amerikaner an der Natur (und dem Boden der Natives).

    Im Anhang gibt es eine interessante Statistik:

    Über 80 Prozent der Bewohner der Rosebud Reservation sind arbeitslos, über siebzig Prozent von Alkohol und Drogen abhängig, die Selbstmordrate liegt 400 Prozent über dem Landesdurchschnitt, zwei von drei Bewohnern leiden unter Diabetis.

    (Nachwort von Thomas Jeier (c) Polar Verlag 2022)

    Vernichtung durch Selbstverwaltung? Ja, und auch dieses Thema greift David Heska Wanbli Weiden schonungslos auf – wer staatliche Gelder verteilt hat die Hand auf das Geld. Und natürlich landet es in der eigenen Tasche.

    Virgil versucht seinen Neffen auf einem guten Weg zu halten, doch als dieser Drogen probiert und beinahe drauf geht, entscheidet er sich für eine “Ein Mann sieht Rot” Mission. Und muss erkennen das er alleine gegen die mexikanischen Kartelle so gar nichts ausrichten kann.

    Die Bundesbehörden, die diese Kartelle auch verfolgen, wollen seinen Neffen nur als Köder nutzen und verkacken die Nummer natürlich, da ihnen die Natives im Grunde egal sind. Am Ende realisiert Virgil das die “Ein Mann sieht Rot” Nummer nicht außerhalb des Reservates durchgezogen werden muss sondern innerhalb.

    Hohes Tempo, detaillierte Einblicke in das Leben im Reservat, viel über die Gebräuche der Lakota und bis zum Ende ziemliche Spannung, obwohl der Flow ein wenig darunter leidet das zwischen “hard-boiled” und “native culture” hin- und her gesprungen wird. Aber da beides spannend ist, ist das nicht wirklich hinderlich beim verschlingen.

    Und ein paar gute Referenzen…

    ( (c) Polar Verlag 2022)

    Das ganze geht in Serie und da freue ich mich schon auf weitere Folgen.

    Soundtrack dazu: Moss Icon – Sorrow, was sonst?

    PS: Und David Heska Wanbli Weiden so?

  • Bücher, schnell gelesen: Teil 1.578

    Steph Post – Lightwood (Polar Verlag, 2022)

    Gelesen: 06. – 10.04.2022 (netto 422 Seiten plus ein kleines Nachwort)

    Perfekt. Wirklich Perfekt. Vor allem weil das Buch so ganz ohne Ermittler (kein Sheriff, keine ATF, kein FBI) und ohne Rechtsstaat auskommt.

    Willkommen im Süden der US of A, in Florida. Einer Welt voller Kleinkrimineller, Biker Gangs und durchgeknallten Kirchgängern und Priestern.

    Familie Cannon ist dabei für das Kleinkriminelle zuständig, das Familienoberhaupt ist immer auf der Suche nach schnellem Geld, nach einer Möglichkeit jemanden abzuziehen.

    Die Scorpions sind die lokale Biker Gang, abgehalftert und mit beschränkten Möglichkeiten im Drogengeschäft (Meth kochen, was sonst). Und die Last Steps of Deliverance Church of God mit Pastorin Tulah Atwell predigt den notwendigen Gang durchs Feuer um Gottes Gnade zu erreichen (und sorgt hinter den Kulissen dafür das das Geld der Kirchgänger in lukrativen illegalen Geschäften gemehrt wird).

    Ein ganz wunderbares Dreigestirn das natürlich in diesem Buch in freier Fahrt aufeinander trifft. Die Familie Cannon zieht die Biker ab. Die Biker schnappen sich einen Cannon Junior und ziehen ihm die Haut auf dem Asphalt ab. Und die Kirche, deren Investition die Biker an die Cannons verloren haben, nimmt die Biker mit Gottes Zorn in den Blick (und arrangiert sich mit dem Familienoberhaupt der Cannons ).

    Als kleiner Spross der Veränderung gerät jedoch Judah Cannon, nach 3 Jahren Haft zurück in Silas, an seine Jugendliebe Ramey. Und mit ihr bekommt das ganze Gefüge eine Unwucht: Nicht nur lehnt sich Judah gegen seinen Vater auf, nein – Ramey entpuppt sich auch als klug, Zielsicher an einem M-14 und insgesamt als gute Partie.

    Ein Buch voller archaischer Konflikte, Blutrache und einfachen – meist männlichen – Lösungen: Kopf um Kopf.

    Das ist eine Serie, in den US of A bereits drei Bände. Die hätte ich jetzt auch gerne – das ist ein herrliches Lesevergnügen voller Details und ohne dabei Abzuschweifen. Kudos Steph, kudos!

    Ja, die Welt ist schlecht. Ja, auf den Rechtsstaat kannst du in den US of A kacken. Mach es selbst.

    Soundtrack dazu: Morbid Opera – Female Trouble, was sonst?

    PS: Und Steph Post? Kommt schonmal sympatisch rüber…

    PPS: Solche Kirchen gibt es es echt, hier ein Beispiel … Irre!

    Dieses Kirche verkauft T-Shirts mit einem Spruch der besser zu einer Black Metal Band passen würde, einfach irre!