Blog

  • Bücher, schnell gelesen: 1.737

    Bücher, schnell gelesen: 1.737

    Joe R. Landdale – More Better Deals (Festa, 2024)

    Gelesen: 31.10. – 02.11.2024 (netto 322 Seiten)

    Aus dem Amerikanischen von Wulf Bergner

    Und noch ein Stand-alone Lansdale bei Festa. Und 100% ein Buch das so in die hach, leider verstorbene, Hard Case Crime Reihe bei Rotbuch gepasst hätte.

    Zum eigentlich Motto von Festa (“Wo Lesen zur Mutprobe wird …“) passt es nicht, es ist ehr ein klassischer Pulp-Noir. Gewalt, Sex und Cops, die nicht wirklich ehrlich sind.

    Und ganz viel amerikanischer Traum der 60er, gegen alle Wiederstände. Ed ist so ein vom amerikanischen Traum getriebener: Er geht als Weißer durch, ist aber ein Schwarzer nach der vorherrschenden Meinung (und nach seiner Geburtsurkunde, die er kurzerhand hat fälschen lassen). Verkauft Gebrauchtwagen resp. dreht seinen Kunden viel Schrott für viel Geld an.

    Und will raus. Will seiner kleinen Schwester auch eine neue Geburtsurkunde kaufen und ihr ein weißes College ermöglichen. Der Weg dahin führt nicht über verkaufte Autos sondern über Nancy: Wunderhübsch, gequält von einem gewalttätigen Ehemann.

    Und klar landet Ed zwischen den Schenkeln von Nancy, natürlich lässt er sich überreden ihren Mann um die Ecke zu bringen und die Lebensversicherung zu kassieren. Und natürlich geht es von da an für alle Beteiligten ehr bergab als voran im amerikanischen Traum.

    Ordentlich Gewalt, ordentlich Sex und jede Menge Dialoge mit einem Pfund Humor. Lansdale eben, er ist einfach ein cooler Geschichtenerzähler. Und nicht zu vergessen, coole Locations: Drive-In, Tierfriedhof und Kleinstadtmief. Samt Trailer-Park-Trash.

    Am Ende des Buches verspürte ich den Drang an Eds Stelle eine weiße Fahne zu hissen, die ihm die Chance gibt, zwar nicht unbedingt im American Dream weiterzukommen, aber zumindest lebendig aus dem Schlamassel herauszukommen.

    Perfektes Pulp-Noir mit genügend Wendungen, um über das ganze Buch ein Lesevergnügen zu erzeugen.

    Passt.

    Soundtrack dazu: Star Strangled Bastards – American Dream, was sonst?

    PS: Und Joe so?

    PPS: Warum das Cover? Weder Style des Typen noch der Typ des Autos passen zum Amerika nach dem Korea-Krieg, zum Amerika der Kleinstadt in den 60ern. Das Original dagegen … passt zu allem. Und zum Pulp.

    Wer entscheidet bloß über eine so beschissene Cover-Adaption f´ür die Übersetzung?

    Joe R. Lansdale – More Better Deals (Mullholland Books, 2020)

  • Bücher, schnell gelesen: 1.736

    Bücher, schnell gelesen: 1.736

    Colin Niel – Darwyna (Suhrkamp, 2024)

    Gelesen: 26. – 30.10.2024 (netto 291 Seiten)

    Aus dem Französischen von Anne Thomas.

    Und wieder mal ein Buch, das ich liegengelassen hätte wenn es nicht von Thomas Wörtche herausgegeben worden wäre. Drauf steht “Thriller” aber das entspricht nicht wirklich dem Inhalt bzw. entpuppt sich die ganze Geschichte als …. anders.

    Ganz anders.

    Der Autor Colin Niel Colin Niel arbeitete als Agrar- und Forstingenieur im Bereich Biodiversität, u. a. mehrere Jahre in Französisch-Guayana. Kennt also den Dschungel.

    Und dort spielt auch diese kleine und etwas abseitige Geschichte. In einem Slum mit dem euphemistischen Namen Bois Sec (Trocknes Holz). Yolanda, die Mutter von Darwyne, schlägt sich so durch. Mit wechselnden Männern. Die irgendwann immer verschwinden. In einer Blechhütte oben am Berg. Direkt am Dschungelrand.

    Darwyne ist 10 und hat offensichtlich körperlich und geistig einen Hau. Liebt seine Mutter und liebt den Dschungel sowie die Tiere dort. Mehr noch als die Mutter. Die endlose Abfolge von neuen Vätern für Darwyne endet erst als die Sozialarbeiterin Mathurine einer alte anonyme Anzeige wegen “Kindeswohl” nachgeht.

    Sie erkennt in Darwyne eine verwandte Seele (die den Urwald und die Tiere liebt) und sieht nicht nur den Krüppel. Voller Energie, wohl auch angetrieben vom eigenen – unerfüllten – Kinderwunsch, kümmert sie sich um Darwyne.

    Und dann geht alles sprichwörtlich den Bach runter, der Slum versinkt in den klimawandelgemachten Regenfluten. Darwyne verschwindet im Urwald.

    Ungefähr 289 Seiten ist das Buch ehr eine detaillierte Lebensgeschichte mit einem Schuss Fantasy, darauf einen Floater Sozial- und Umweltkritik. Und dann, auf den letzten Seiten, dreht Colin Niel Opfer und Täter um und schafft ein echt knalliges Ende.

    Perfekt lakonische Story über ein Leben das wir uns in Deutschland so nicht vorstellen können. Und das Ende, wow! Das sitzt!

    Soundtrack dazu: No Fuck Bébé – La Jungle, was sonst?

    PS: Un Colin Niel so?

  • Bücher, schnell gelesen: 1.735

    Bücher, schnell gelesen: 1.735

    Michael Connelly – Wüstenstern (Kampa, 2024)

    Gelesen: 21. – 25.10.2024 (netto 400 Seiten)

    Aus dem amerikanischen Englisch von Sepp Leeb.

    Das 5te Buch aus der Renée-Ballard-Reihe von Michael Connelly, wieder mit Harry Bosch. Dazu ein wenig Maddie Bosch und noch ein ganz büschen Michael Haller.

    Das LAPD hat Renée Ballard zurückgeholt und mit ihr eine neue Cold Case Einheit aufgesetzt. Eigentlich. In Wahrheit ist es das Hobby Horse eines Stadtrates, der gerne den ungeklärten Mord an seiner Schwester geklärt hätte.

    Renée hat also wieder ein LAPD-Abzeichen und hat die freie Hand, eine neue Open-Unsolved-Einheit aufzubauen. Allerdings nur mit Ehrenamtlichen. Ex-Cops. Ex-District Attorneys. Und anderen Freiwilligen.

    Ihre erste Wahl jedoch ist Harry Bosch.

    Und der sagt nur deshalb zu, weil er dann sein eigenes Hobby Horse satteln kann: Der Mord an der Familie Gallagher. Bosch weiß das Finbar McShane der Mörder ist, aber er konnte es ihm nie nachweisen. Und seit vielen Jahren ist Finbar auch schlicht und einfach weg.

    Bosch hat im Fall der ermordeten Schwester den richtigen Riecher und macht aus dem Cold Case einen echte Untersuchung. Und verschwindet auf seinen Ego-Trip in Sachen Gallagher.

    Renée dagegen muss den Laden zusammenhalten, politischen Fallen ausweichen und Ergebnisse liefern. Im Grunde umkreisen beide den gleichen Stern – aber immer auf Kollisionskurs.

    Aber sie sind Profis und bekommen beide Fälle gelöst. Und beide Mörder werden überführt. Und beide Mörder sind am Ende tot. Ein typisches Bosch Ende für einen Fall.

    Und das lässt einen ziemlichen Cliff-Hänger stehen: Kommt Bosch ohne Marke, fast 70 und mit Krebs (der alte Fall als er und Jerry Edgar Caesium gesucht und gefunden haben) nochmal davon?

    Die Tage von Bosch sind definitiv gezählt. Und dadurch fühlt sich dieses Buch mehr als nur ein bisschen nach Abschied an.

    Einfach ein klasse Buch, flott zu lesen und wie immer bei Michael Connelly mit viel Details der Polizeiarbeit. Realistischen Details.

    Mehr, immer mehr davon!

    Soundtrack dazu: The Reflectors – Desert Crusader, was sonst?

    PS: Und Michael Connelly so?