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  • Bücher, schnell gelesen: Teil 1.504

    Bücher, schnell gelesen: Teil 1.504

    Helge Schreiber – Network Of Friends (Eigenverlag, 2020)

    Gelesen: 26. – 27.01.2021, netto 428 Seiten.

    Ein echter Backstein. Im Eigenverlag. Chapeau!

    Helge Schreiber hatte 2011 eine erste Auflage gemacht, jetzt hat er das ganze aktualisiert und unter Mithilfe von weiteren Zeitgenossen (vor allem Hennig Prochnow in Sachen Satz&Layout) quasi komplett neu gemacht.

    Es gehört in eine Reihe mit den vielen großartigen Oral-History Büchern die wir aus US of A oder auch UK kennen. Helge konzentriert sich dabei auf etwas, das für viele Außenstehende im 45 Years Of Punk Gesamtzusammenhang nicht mehr als ein Blinzeln war. Wenn man allerdings, so wie ich, Ende der 70er auf Punk gestoßen ist, dabeigeblieben ist und nach der ersten Runde so 83/84 nicht weitergezogen ist … dann ist es ein ziemlich relevantes Blinzeln.

    Punk Rock hatte schon immer ein DIY Element, aber am Ende fußte es doch mit beiden Füßen fest in der Musik- und Veranstaltungsindustrie. Aber dann kam Hardcore und junge Menschen, oft angetrieben von Vorbildern aus der US of A DIY H/C Szene, die das Heft des Handelns in eigene Hände nahmen. Und total offen waren für Menschen aus anderen Städten. Aus anderen Ländern.

    Ich habe das in Teilen auch so erlebt, über unser Fanzine, über die Platten die ich herausgebracht habe und natürlich über die persönlichen Kontakte (Danke Berlin, Danke München). Die internationale Zusammenarbeit und die persönlichen Freundschaften, die daraus entstanden, dokumentiert Helge über die Kommentare der Protagonisten.

    Die Aufteilung ist klasse, das durchgängig S/W Layout nebst Fotos/Flyern etc. ist großartig (und soooo 80er DIY) und die Wortmeldungen überwiegend gelungen. Mein Freund Riebe gewinnt dabei den Ehrenpreis für angewandte Prosa (und Grundehrlichkeit – so wie er nun mal ist), schön auch viel von Armin Hoffmann und Flo Helmchen zu lesen.

    Lieblingspart: Die neu hinzugekommene Rubrik Was wurde aus den Leuten, das finde ich immer spannend.

    Pflichtlektüre. Und wenn du Anfang 20 bist – starte deine Band, dein Fanzine, dein Label, veranstalte Konzerte … mach es selbst! Es funktioniert!

    Soundtrack dazu: Wurde direkt mitgeliefert als “Blasts From The Past” LP. Aber für mich Squandered Message – It’s A Scream, was sonst?

    Den Backstein nebst schwarzem Gold gibt es hier!

    #recordcollectorsarepretentiousarseholes
    #bookcollectorsarepretentiousarseholes

  • Bücher, schnell gelesen: Teil 1.503

    Bücher, schnell gelesen: Teil 1.503

    John Niven – Die F*ck-It-Liste (Heyne Hardcore, 2020)

    Gelesen: 22. – 25.01.2021, netto 307 Seiten.

    Mit Kill ‘Em All hatte John Niven ja sozusagen Boden gutgemacht, ohne jedoch nachhaltig Eindruck zu erzeugen. Insofern kommt es jetzt zu einem Don Winslow Momemt – eigentlich wollte ich keine weiteren Bücher von ihm kaufen…

    … aber eine alternative Zukunft, in der Trump und seine Familie die US of A übernommen haben, ist es dann doch Wert erlesen zu werden.

    Die alternative Zukunft die John Niven entwirft passt schon (wenn denn Trump nicht im Herbst 2020 abgewählt worden wäre), fast alles was Niven hier auffährt wäre bei einer Wiederwahl von Trump mehr als denkbar gewesen, vor allem auch die Weiterabe des Throns an seine Tochter, die in diesem Buch 2026 Präsidentin ist.

    Das Spinnen dieser Zukunft gelingt Niven gut, da er nicht zu sehr abdreht. Der Krimi-Plot ist einfach (Ein Mann sieht Rot plus Lone Cowboy). Wo Krimi und alternative Zukunft aufeinandertreffen wird es teilwiese lustig, teilweise einfach langweilig. Zumal das Endgame relative schnell klar ist.

    Kurzum: Dystopische Momente – tick. Böse – mmhhh, ein kleiner tick. Lustig – ein oberflächlicher tick. Zu Dick aufgetragen – tick tick tick.

    Was Niven allerdings gut hinbekommen hat ist das Ende des Buches. Chapeau!

    Ich bin mal gespannt ob sich an das zu Grunde liegende “was-wäre-wenn” Thema run um Trump und seine Claqueure ein größerer Geschichtenerzähler ran traut. Es ist nämlich ein gutes Thema!

    Ich denke mal mit Buch #10 ist damit Schluss mit Niven. Zumindest bei mir.

    Soundtrack dazu: Erica Russo – Bucket List, was sonst?

    PS: Und John Niven?

  • Bücher, schnell gelesen: Teil 1.502

    Bücher, schnell gelesen: Teil 1.502

    Marcello Fois – Abschiede (Polar Verlag, 2020)

    Gelesen: 17. – 21.01.2021, netto 468 Seiten (plus 18 Seiten über Marcello Fois von der Übersetzerin).

    Das ist italienischer Noir? Mhhhhh, auf jeden Fall ist das anders. Ich habe lange kein Buch mehr gelesen wo der Autor sich so viel Zeit (und Worte) nimmt fast schon uferlos über Wetter, Geographie, Geschichte und und und zu schreiben … um dann quasi mit einem Bang den Krimiplot voranzubringen.

    Das ganze wirkt an der einen Stelle lehrreich, an der anderen Stelle deplatziert und dann manchmal einfach … anstrengend. Wenn der Leser sich aber darauf einlässt, dann entwickelt sich tatsächlich ein ganz eigener Rhythmus, eine ganz eigene Stimmung.

    Es geht um Abschiede und davon sind hier einige zu verfolgen: Kommissar Striggio verabschiedet sich von seiner Kollegin, mit der er einen One-Night-Stand hatte. Leo, der Freund von Striggio, verabschiedet sich beinahe von Striggio – wegen dem One-Night-Stand. Der Vater von Striggio, ein ehemaliger Polizist, will sich eigentlich nicht von seinem Sohn verabschieden, er will lieber alleine mit dem Krebs sterben.

    Und der kleine Michele, der verabschiedet sich nicht von seinen Eltern – der verschwindet einfach.

    Aus dem einfachen Vermisstenfall mach Fois dann eine ordentlich komplizierte und persönliche Angelegenheit: Striggio kommt der Lösung alleine nicht näher und verkackt den Fall eigentlich. Bis sein Vater, ganz alter Polizist, auf den ersten Blick die Lösung hat.

    Spannend und mit einem ganz eigenen Flow. In Summe trotzdem nicht mein Ding – ich brauche mehr Gewalt, mehr Blut, mehr Spannung. Oder aber das ganze etwas “crisper”. Freunde des gewählten Wortes und der blumigen Sprache bekommen allerdings 100% ihr Ding.

    Interessante Noir Facette!

    Soundtrack dazu: Hakan – I Saw God, was sonst?