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  • Bücher, schnell gelesen: 1.771

    Bücher, schnell gelesen: 1.771

    Frank Göhre – Sizilianische Nacht (culturbooks, 2025)

    Gelesen: 21. – 22.05.2025 (netto 138 Seiten plus 11 Seiten Nachwort)

    Historische Romane sind für mich nur spannend wenn es sowas wie Zeit- und/oder Reiseberichte sind. So wie ganz oft in der Anderen Bibliothek. Frank Göhre hat es hier klug vermieden, einen historischen Krimi zu schreiben. Und es damit vermieden, dass ich mich … langweile.

    Auf knappen 138 Seiten, mit den bei Frank Göhre so typischen und locker rüberkommenden knappen Sätzen und Worten. Die aber immer sitzen und immer das Kopfkino befeuern.

    Das Zentrum des Buches ist das Grand Hotel et Des Palmes in Palermo, wo sich viele historische Linien kreuzen:

    Richard Wagner hat hier Parsifal beendet. Der Schachspieler, Dandy und Erbe Raymond Roussel ist dort 1933 verstorben. Und 1957 hat die Mafia dort beschlossen den Heroin Handel in den US of A den sizilianischen Familien zu überlassen.

    Aus Roussel (wohl auch der Erfinder des Wohnmobils) macht Frank Göhre Jean-Paul Durand und spinnt seine eigene Version darüber, was ihn nach Sizilien und in das Hotel gebracht hat. Über seine Träume, Ängste und Sehnsüchte. Über sein Tagewerk.

    Und über die Menschen, die ihn begleiten – bis in den Tod.

    Am Ende überlässt Frank Göhre den Täter der Phantasie des Lesers, alle können es gewesen sein. Auch die, die ebenso wie Jean-Paul sterben.

    Ein kleiner Blick in die Vergangenheit, eingebettet in echte historische Realitäten.

    Cool. Ein historischer Krimi mit Tätern, Ermittlern und Opfern. Der irgendwie kein Krimi ist sondern … reine Phantasie.

    Soundtrack dazu: Stereophonic Space Sound Unlimited – On The Road To Sicily, was sonst?

    PS: Und Raymond so?

  • Bücher, schnell gelesen: 1.770

    Bücher, schnell gelesen: 1.770

    Roland Spranger – Die Kunst Der Bauchlandung (Edition Outbird, 2025)

    Gelesen: 20. – 21.05.2025 (netto 217 Seiten)

    FAIL.

    FAIL AGAIN.

    FAIL BETTER.

    Das Motto dieses kleinen Buches steht ganz groß am Ende.

    Roland Spranger hat mich mit seinem großartigen Drogen-Noir aus Ostdeutschland begeistert, mit seinen blutigen Kurzgeschichten zum schmunzeln gebracht und kommt jetzt mit etwas um die Ecke …

    … das mich sehr an Max Goldt (vor allem seine Bücher bei Haffmanns Anfang der 90er) erinnert.

    Den Anfang macht ein Solo für den Schauspieler Thorsten Danner das sich wie ein verschriftlichter Stand-Up Commedy Auftritt liest. Wo Danner seinen Frust über Kunst, Kultur und Publikum rauslässt (und das Publikum mit einer Waffe unter Kontrolle behält).

    Wessen Handy klingelt, der wird erschossen!

    Dann kommt Andreas Leopold Schadt, ehemaliger Kommissar im Franken Tatort und damit sowas wie ein B-Promi. Auch er hat ein Solo, und auch er scheitert. Nicht erfolgreich sein als Lebensstil.

    Und überleben.

    Denn Abschluss macht Roland Spranger selbst, er scheitert daran ChatGPT eine Kurzgeschichte zu Jean Paul, der Saale und … Thüringen abzuringen.

    Die KI allerdings ist beim Scheitern keine echte Hilfe:

    Scheitern, wie du es kennst – mit all seinen existenziellen Fragen ist mir fremd“.

    Kein Krimi, kein Noir, kein Blut. Aber launige Unterhaltung für die U-Bahn.

    Soundtrack dazu: Autistic Youth – I, Failure, was sonst?

    PS: Und Jean Paul so?

  • Bücher, schnell gelesen: 1.769

    Bücher, schnell gelesen: 1.769

    Steph Cha – Brandsätze (UT Metro, 2025)

    Gelesen: 12. – 19.05.2025 (netto 322 Seiten)

    Aus dem Englischen von Karen Witthuhn.

    Hui, da hab ich das Hardcover bei Ars Vivendi in 2020 aber verpasst, keine Ahnung warum mir das durchgerutscht ist. Denn Ort und Thema sind genau mein Ding: L.A. und das große Chaos, dazu ist die Geschichte quasi die Fiktion zu einem echten Ereignis:

    1991 wurde ein junges schwarzes Mädchen, Latasha Harlins, erschossen. Von einer koreanischen Ladenbesitzerin. Die dafür zwar verurteilt wurde, jedoch nicht in den Knast musste.

    Das “Killing of Latasha Harlins” gilt als einer der Auslöser der 1992 Riots in L.A. und als Katalyst dafür, das das schwarze L.A. quasi über Koreatown hergefallen ist.

    Die Geschichte im Buch nimmt den Tod von Latasha in 1991 als Triggerpunkt und setzt dagegen einen fiktiven Anschlag auf die koreanische Ladenbesitzerin 2019. In diesem Spannungsbogen zeigt uns Steph Cha, die selbst einen American Korean Hintergrund hat, dann was sowohl die Koreaner als auch die Schwarzen in L.A. so an Rassismus aushalten müssen und was sie selbst austeilen.

    Koreaner sind Kaufleute, die die Schwarzen über den Tisch ziehen. Schwarze sind Gangster, die Koreaner ausrauben und killen.

    Und die Weißen, die lehnen sich entspannt zurück. Oder bringen die Story als Journalist. Oder verdienen als Anwalt. Oder haben ihren Täter als Polizist.

    All das bringt Steph Cha in einem kleinen Kosmos unter, eine koreanische Familie und eine schwarze Familie reichen dafür. Und unterm Teppich, tief im Keller, da hockt das alte Gespenst der Blutrache. Das Gespenst von falscher Solidarität weil … die Mensch es nicht anders gelernt haben.

    Und das ist im Zweifel nicht ihre Schuld.

    An das Ende des Buches stellt Steph Cha dann doch einen Funken Hoffnung, eine Geste der Menschlichkeit … Solidarität.

    Fast Forward zu 2025 und dem Orange Clown im Weißen Haus: Wir sind exakt in dem Szenario das Steph Cha letztendlich zu überwinden versucht: Spaltung, Aufwiegelung, ausspielen gegeneinander.

    Kein Zufall das das Buch von Walter Mosley und Attika Locke gepriesen wird, es ist einfach eine gute und durch und durch realistische Story.

    Kaufen!

    Soundtrack dazu: Alice Bag – White Justice, was sonst?

    PS: Das Original Cover und der Originaltitel sind dann doch wieder etwas cooler.

    Steph Cha – Your House Will Pay
    (Ecco/HarperCollins, 2019)

    PPS: Und Steph Cha so?

    PPPS: Und mehr dazu…