Category: Bücher

  • Bücher, schnell gelesen: 1.767

    Bücher, schnell gelesen: 1.767

    Johannes Groschupf – Skin Ciry (Suhrkamp, 2025)

    Gelesen: 01. – 08.05.2025 (netto 225 Seiten)

    Nach Die Stunde der Hyänen lese ich dann mal vorwärts, die ersten beiden Bücher von Johannes Groschupf hab ich immer noch nicht in den Rückstand gepackt.

    Von den Brandermittlern ist Romina Winter jetzt zum Einbruch versetzt, sie hofft eigentlich auf eine ruhige Kugel. Doch professionelle Georgische Einbrecher machen ihr einen Strich durch die Rechnung. Und natürlich die Suche nach der großen Liebe.

    Großartigen Sex hat sie gefunden, aber Liebe … die ist da irgendwo, aber für sie nicht erreichbar.

    Zwei andere Protagonisten bringt Johannes Groschupf auf Kollisionskurs mit Romina:

    Koba, ein junger Georgier der hofft mit seinem Job als Einbrecher genug Geld für ein Leben in Kanada zusammenzubekommen. Aber Pustekuchen, die Organisation für die er arbeitet hat ihn voll im Griff.

    Und gibt ihm Volltrottel als Begleiter.

    Jacques, ein junger Deutscher der gerade seine Zeit im Knast abgesessen hat. Sein Job war Umsatzsteuerbetrug, lief gut aber seine Bosse haben ihn elegant abserviert. Im Knast abgehärtet, will er jetzt in Berlin wieder richtig durchstarten. Als Berater in der Kunstszene.

    Und natürlich kreuzen sich die Bahnen und alles läuft auf einen Car-Crash hinaus. Der dann aber ganz anderes kommt als traditionell in einem Krimi. Und damit ziemlich ruppig das Buch beendet (und noch mehr).

    Alles aus Liebe.

    Flotte Dialoge, flotte Figuren und die Berliner Kunstszene wird ganz wunderbar durch den Dreck gezogen bzw. lächerlich gemacht.

    Was an und für sich ganz bestimmt ein Bonus ist.

    Ich mag sowas, vor allem weil die Heldin … eine Heldin ist.

    Soundtrack dazu: Es War Mord – Die Falsche Uhr, was sonst?

  • Bücher, schnell gelesen: 1.766

    Bücher, schnell gelesen: 1.766

    Garry Disher – Desolation Hill (Unionsverlag, 2025)

    Gelesen: 29. – 30.04.2025 (netto 339 Seiten)

    Aus dem Englischen von Peter Torberg.

    Zu schön das Garry Disher aus dieser Verbannt aufs Land Geschichte eine ganze Serie gemacht hat. Desolation Hill (Day’s End im Original) ist das 4te Buch der Constable Paul Hirschhausen Reihe.

    Disher hat es 2022 fertiggestellt, es ist voller vergessener bzw. verdrängter Covid19 Referenzen. Und es zeigt ganz wunderbar wie die Pandemie es schafft auch im Hinterland den Zusammenhalt der Menschen zu zerstören. Ihre Gehirne zu verstören. Ihr Denken … fehlzuleiten.

    Paul hat mir dem ganz normalen Kleinkram in seinem Bezirk (mal eben so groß wie Belgien) zu tun: Schüler quälen einander via Social Media. Covid Leugner nerven Impfwillige. Durchgeknallte Souveräne hauen sich Ivermectin rein.

    Kleinkriminelle versuche einen schnellen Dollar zu machen. Backpacker verschwinden. Weiße Australier wollen ihre Heimat zurück. Ausgerechnet von den … Aborigines.

    Und dazu eine Leiche in einem Koffer. Nicht der Backpacker. Sondern einer mit Drogenvorstrafen aus der Stadt.

    Und da Paul Hirschhausen ja nur der lokale Constable ist, werden ihm die richtigen Fälle immer noch aus der Hand genommen. Leiche? Da kommen Rechtsmedizin und Detektives aus der Stadt. Rassisten mit Waffen? Da kommt die Bundespolizei.

    Paul darf Tatorte sichern, bis die Profis da sind.

    Natürlich belässt er es nicht dabei. Denn da er den Kleinkram, die Menschen und seine Pappnasen kennt, kann er Verbindungen ziehen. Und bringt am Ende das Puzzle zusammen.

    Garry Disher ist einfach ein Experte Erzählräume zu schaffen. Seine Figuren sind darin nicht nur Schaustücke, sie leben und arbeiten darin, sie sind dieser Raum.

    Er bekommt es wie kein anderer hin Land und Leute einzufangen, ohne den Ort und die Menschen zu vernachlässigen, ohne zu suggerieren, dass das ländliche Australien von einer durchgeknallten Welt umgeben ist.

    Eine perfekte Balance zwischen den Randständigen, den einfachen Leuten, den Orten und den Extremen zu halten.

    Ohne dabei die Härte wegzulassen, die das Leben da draußen erzeugt. Und auch Paul und seine Liebsten trifft.

    Klasse Buch, schön das bereits ein weiteres Buch mit Paul Hirschhausen in der Mache ist.

    Soundtrack dazu: Exploding White Mice – Hate Mail, was sonst?

    PS: Nur echt mit Book Trailer…

    PPS: Und Garry Disher so?

  • Bücher, schnell gelesen: 1.765

    Bücher, schnell gelesen: 1.765

    Nicolás Ferraro – Ámbar (Pendragon, 2025)

    Gelesen: 25. – 28.04.2025 (netto 305 Seiten)

    Aus dem argentinischen Spanisch von Kirsten Brandt.

    Was für ein wunderbares Buch!

    Aus Argentinien, meiner heimlichen Liebe (seit ich 1996 in Buenos Aires war um das vorletzte Konzert der Ramones zu sehen).

    Victor und Ámbar fahren in alten, spottbillig gekauften Klapperkisten von einer kleinen Stadt zur nächsten. Victors Beruf ist Kleinkrimineller, seine Tochter Ámbar ist 15 und sowas wie seine Assistentin. Verarztet sein Schußwunden. Macht Aufklärungsarbeit. Und kennt kein anderes Leben. Und keine andere Schule als die Schule der Straße.

    Nicolás Ferraro macht sich nicht mal die Mühe, die Namen der Städte zu nennen. Sie sind alle gleich: verarmt, schmutzig, verlassen und vernachlässigt. Und voller Machismo.

    Das Buch ist in drei Teile gegliedert. Teil 1 trägt den Titel „Von Nirgendwo“ und ist sowas wie der Road-Movie Teil. Teil 2 heißt „Ins Nirgendwo“. Der Road Movie wird quasi sesshaft, Victor ist auf der Suche nach Rache, Ámbar auf der Suche nach Liebe. Es wird härter, blutiger und echt fies.

    So wie das eben ist, wenn der Rachewunsch auf sein Ziel trifft: Auftritt Mbói, definitiv ein skrupelloser Bösewicht. Mit einem Bruder der noch viel schlimmer ist. Denn der foltert Ámbar und Tana (Victors heimliche Freundin), um Victors Versteck herauszufinden.

    Es ist eine ziemlich plastische und grausame Folterszene, direkt aus einem Slasher oder Gore Movie. Doch Victor, ein kompromissloser Dauerlügner, bleibt der böseste Bösewicht des Buches. Und …

    …Teil 3 trägt dann den passenden Titel „Ámbar“, weil sie sich da ihr Leben zurückholt. Ein Leben, das sich von ihrem Vater loslöst.

    Am Ende ist es – perfekt – kein Happy End sondern der Leser muss sich entscheiden: Hat Ámbar den rechten Weg gewählt. Und was ist aus Sicht des Leser eigentlich “der (ge)rechte” und der “un(ge)rechte” Weg.

    Alles ein Frage des Standpunktes.

    Im Englischen ist das Buch als “My Favorite Scar” herausgekommen und damit verbunden ist auch die Quintessenz des Buches:

    Victors Körper ist mit zahlreichen Narben übersät – Erinnerungen an Scharmützel mit anderen Verbrechern. Außerdem trägt er Ámbars Namen auf seinem Arm tätowiert.

    Victor nennt sowohl seine Tochter als auch das Tattoo „Meine Lieblingsnarbe“. Narben sind in der Regel unansehnliche Makel, die für immer bleiben. Manchmal sind sie schmerzhafte Erinnerungen an tragische Ereignisse.

    Ich möchte eigentlich nicht als jemandes Lieblingsnarbe bezeichnet werden.

    Am großartigen Ende des Buches findet Ámbar einen Weg, das Tattoo dauerhaft vom Arm ihres Vaters zu entfernen.

    Bäng!

    Ich folge Ámbar, no matter what!

    Und ja, kommt definitiv in auf die Shortlist “Buch des Jahres 2025”!

    Soundtrack dazu:

    PS: Das Deutsche Cover ist gut, aber nicht ganz so gut wie das Original von Editorial Revólver…

    Nicolás Ferraro – Ámbar (Editorial Revólver, 2021)

    PPS: Und Nicolas so?