Ein echtes Monster. 900+ Seiten Wahnsinn von Januar bis Mai 1942. Einmal LA, runter zur Baja California und wieder zurück. Einmal Nigger, Japsen, Mexen, Nazis, Priesterschänder und Kommunisten killen. Auf der Suche nach Gold. Auf der Suche nach Erlösung. Auf der Suche nach Liebe. Auf der Suche nach Rache.
Das Buch knüpft direkt an Perfidia an, und die wilde Hatz geht noch schneller und noch überdrehter weiter. Allerdings sind wir auch 5 Jahre weiter und James Ellroy ist inzwischen über 70. Und überdreht. Leider.
Für das Buch hätten auch 450 Seiten gereicht und die ausufernde Geschichte (mit ca. 4 Plots) hätte ein wenig mehr Struktur gebraucht.
Perfidia war ja sehr nah an der historischen Realität, in Jener Sturm benutzt Ellroy zwar jede Menge realer Personen aber lässt diese frei rotieren: Faschisten und Kommunisten treffen sich in Mexiko (nachdem sie sich in den 30ern in Deutschland an der TH Dresden getroffen hatten) und machen einen Deal mit den Mexikanern.
Gold für eine Chance nach dem Krieg, egal wie er ausgeht. Der Golfschatz wurde dabei vor Jahren in den US of A geklaut. Von einem KommunistenNazi. Mit einem schwarzen Helfer. Und … und … und …
Ich hab das Buch verschlungen und in das Ellroy Universum einzutauchen ist schon Klasse, aber hier und in diesem Buch sind Ellroys Jugendphantasien (“I want to transport readers back in time and make them live history as intensely as I live it and as intensely as I put it on the page. I want to give readers the gift that was first given to me as a young boy discovering the world, and that gift was the past. “) eine Nummer zu dick auf- und vorgetragen.
Zumal am Ende nichts als zynischer oder auch manischer Nihilismus übrig bleibt. Und den Goldschatz, den gibt es natürlich nicht.
Schade – mal sehen ob der nächste Band des zweiten L.A. Quartetts wieder so schwer im Kopf liegt. Ein Kritiker vergleich dieses Buch mit dem Auge eines Sturm, der sich um sich selbst dreht und in dem nichts wirklich passiert. Das passt irgendwie.
Ich bleibe zwar eine treue Seele als Ellroy Leser aber auf den nächsten Band kann ich mich nicht freuen.
Wenn dieses Buch von einem amerikanischen Autor geschrieben wäre, der Spielort die Appalachen wären und wenn die handelnden Personen ein wenig mehr Brutal und ein wenig mehr Inzüchtig wären …
… dann wäre das ein großartiger Pulp Roman der bei Polar oder Pulp Master erscheinen könnte.
Aber wir reden hier über Norwegen und wir reden über Jo Nesbø, dem Vater von Harry Hole. Und daher ist das ganze bei Ullstein herausgekommen und wird mit Sicherheit ein großer Erfolg.
Und das zu Recht: Hier passt alles zusammen (nur das Cover der deutschen Ausgabe nicht, mal wieder) und hier arbeitet sich ein Autor der “Spannung” versteht und Spannung entlang von Personen aufbauen kann an einer klitzekleinen Geschichte ab: Der Liebe von zwei Brüdern zu einander und zu ihrer Familie. Und da ist kein Zentimeter Platz für andere.
Und weil diese Nähe so groß ist, beschützt der große Bruder den kleinen – egal was passiert. Und so passiert es, das sich Auto um Auto an einem Berghang auf dem Weg zum Haus der Familie ansammelt. immer mit Leichen beladen.
Und Nesbø pult sich immer tiefer in das Dorfleben: Intrigen, Freundschaften, Seilschaften, verschmähte Liebe, heimliche Liebe, Feindschaften, Hass. Zerstörung von Seelen. Zerstörung einer Dorfstruktur … getrieben durch die Gier nach Geld. Durch den Glauben an Geld.
Ein großartiges Buch das auch mit großartigen Referenzen daherkommt:
( (c) Ullstein Verlag 2020)
Und als Meister der Spannung legt Nesbø perfekte falsche Fährten, die auch einen geübten Krimi-Leser immer mal wieder in die falsche Richtung spekulieren lassen. Ganz großes Kopfkino!