Bücher, schnell gelesen: Teil 1.598

Bella Mackie – How To Kill Your Family (Heyne Hardcore, 2022)

Gelesen: 19. – 26.07.2022 (netto 418 Seiten)

Schöner und tief schwarzer englischer Humor.

Eine “Ich gegen meine Familie” Geschichte mit einer weiblichen Anti-Heldin namens Grace Bernard.

Grace will ihre verstorbene alleinerziehende Mutter rächen, indem sie den Mode-Tycoon-Vater samt seiner Familie umbringt. Für eine Frau von twentysomething ein ehrgeiziges Ziel aber Grace lernt schnell (und arbeitet extrem focusiert).

Die Morde werden beiläufig und aus einer fiktiven Rückschau erzählt, denn Grace sitzt im Knast (für einen Mord den sie ausnahmsweise mal nicht begangen hat).

Das Buch ist voller ironischer Wendungen und durchsetzt von ätzenden Kommentaren zu so allem: Die Schuld von liberalen Gutmenschen, Konsumwahn und dem Leben der Superreichen. Und Resozialisierung im Knast. Nicht.

Auf keinen Fall geht es subtil zu, Bella Mackie, eine erfahrene Journalistin, kreiert eine Antiheldin die es mit bösartigen männlichen Protagonisten wie Patrick Bateman aufnehmen kann und die schlicht und einfach blunt daherkommt.

Schönes Lesevergnügen aber nicht wirklich mit Tiefgang. Aber ein clever und ebenso beiläufig eingestreutes Ende, das ist gelungen (und ein perfektes Script für einen Film, denn hier kann eine Rückschau über eine Rückschau gelegt werden, immer ein guter Kniff).

Soundtrack dazu: The Crunch – Just A Little Bit Of Grace, was sonst?

PS: Mal wieder ist das deutsche Cover verkackt…

… Zielgruppengerecht in Pink?

PPS: Und Marketing war auch schon mal subtiler, aber da sich David Niven und Bella Mackie einen Übersetzer teilen wird ein Teil des Ruhmes…Denkt euch euren Teil.

PPS: Und Bella so?

Bücher, schnell gelesen: Teil 1.568

Alan Parks – Bobby March Forever (Heyne Hardcore, 2021)

Gelesen: 09. – 12.01.2022, netto 415 Seiten

Die Bücher von Alan Parks sind einfach großartige Geschichten aus einer Zeit Anfang der 70er als Glasgow noch eine echte Vollkatastrophe war: Übermackert (gerade auch die Polizei), versoffen, dreckig und arm.

Im dritten Band der McCoy Serie hat nicht nur der Sommer die Stadt im Hitzegriff sondern auch H: Ein mehr oder weniger berühmter Musiker (eben Bobby March) wird tot aufgefunden, eine Überdosis H ohne Fingerabdrücke von ihm auf der Spritze. An allen Ecken poppen Drogen auf, die Jugend will was erleben (und nicht in miefigen Pubs abhängen).

Dazu ist McCoy im Würgegriff seines ärgsten Rivalen bei der Polizei und bekommt daher keine spannenden Aufträge mehr. Nur noch Kleinkram. Oder Privataufträge von einem Chef.

Im Frühling der Serie (“March“) schafft es Alan Parks all diese Dinge nicht nur sprachlich wunderbar zu zeichnen sondern kleine Pflanzen der Hoffnung zu setzen: Auch bei der Polizei gibt es clevere Frauen. Auch die Bösen können weiblich sein. Und die Opfer sind es sowieso, es sei denn sie sind männliche Verdächtige, dann sind sie schon verurteilt.

Das ganze Elend verdichtet sich dabei wunderbar, McCoys Rivale verkackt den großen Fall und McCoy stolpert ungewollt darüber das seine unwichtigen Fälle irgendwie alle zusammenhängen. Und ab da wird es dann auch richtig schön hard-boiled: Befragungen mit dem Bolzenschneider (Finger um Finger zur Wahrheit) und zertrümmerte Kniescheiben zeugen von einer Gesellschaft in der es … einfach nicht genug Waffen gibt.

Ich mag die Atmosphäre (Detective wurschtelt sich clever durch), ich mag die Musik-Referenzen (und die geniale Auflösung der Überdosis) und ich mag vor allem die Frauen in diesem Buch:

( (c) 2021 Alan Parks Random House)

Großes Kino aus Gewalt, Recht, Unrecht, Drogen, Musik, Missbrauch und jede Menge Fiesheiten. Polizisten die Rechtschaffenheit (nicht) und Recht schaffen (wenn sich lohnt) gepflegt unterscheiden.

Und daher freue ich mich schon auf den April. The April Dead.

Soundtrack dazu: The Lurkers – Heroin It’s All Over, was sonst?

PS: Und Alan Parks so? Der zeigt mir mein Kopfkino!

Bücher, schnell gelesen: Teil 1.541

Tracey Thorn – Ein Anderer Planet (Heyne Hardcore, 2020)

Gelesen: 31.08. – 02.09.2021, netto 225 Seiten

Tja, es gibt Dinge auf die ich mich verlassen kann. Zum Beispiel auf ein Buch, das “Übersetzt von Conny Lösch” auf dem Back Cover stehen hat. Das auch noch “Eine Jugend in Suburbia” mit “… in den Siebzigerjahren das wilde Leben, Punk und Abenteuer lockten” verbindet.

So ein Buch kaufe ich blind. Zuhause habe ich erstmal nachgeforscht was ich da habe: Tracey Thorn war 1980 – 1983 bei einer Schrammelpoppostpunk Band die sich Marine Girls nannte (und deren Debut von Kurt Cobain geliebt wurde), danach mit Everything But The Girl Erfolg hatte und heute Mutter und Journalistin ist.

Was bekomme ich? Eine reflektierte Rückschau auf die 70er über das Leben geradeso außerhalb von London. Geprägt durch den Eifer ihrer Eltern es zu was zu bringen und geprägt durch das große NICHTS an Inhalt, eine Lücke die durch Pop Musik gefüllt wurde.

Ordentlich Street-Credibility, das sind ein paar gute Konzerte!

Dazu seziert Tracey die gesellschaftlichen Verhältnisse und ihr Elternhaus mit einem scharfen Auge…

Genau – immer nach unten treten, dann fühlt sich auch unten wie oben an!

Gut geschrieben, klug übersetzt und eine weitere Rückschau auf ein Erwachsenwerden in den 70ern mit Punk Rock als Background Soundtrack.

Ich lese sowas für mein Leben gern!

Soundtrack dazu: Skids – Sweet Suburbia, was sonst?

PS: Und Tracey Thorn?

PPS: Und die Marine Girls? Waren auf Cherry Red, immerhin…