Tag: Earth Island Books

  • Bücher, schnell gelesen: 1.783

    Bücher, schnell gelesen: 1.783

    Bill Sassenberger – Assassin Of Mediocrity (Earth Island Books, 2025)

    Gelesen: 09. – 13.08.2025 (netto 322 Seiten)

    In Englisch gelesen, ob jemals eine Deutsche Übersetzung erscheint … ich glaube ehr nicht.

    Toxic Shock, für mich zuerst ein Plattenlabel. Irgendwann viel Später habe ich gelernt das es eigentlich ein Plattenladen mit angeschlossenem Label war.

    War. Vergangenheit. Wie so viele ehr zufällige Lebensentwürfe hatte dieser – tief im Untergrund – kein ewiges Leben. Aber Bill Sassenberger war konsequent:

    Our mission was to support independent music and the culture it came from. To that end, we refused to sell major label releases and preferred to promote the outsiders in the music “industry.

    Von 1981 (in Pomona, East LA) bis 2014 (in Tuscon, Arizona) hatte Bill, die meiste Zeit mir seiner Frau Julianna, Toxic. Highlights von seinem Label – die auch bei mir in der Sammlung stehen – sind u.a. die Decry – Falling LP, die Neuauflage der Zero Boys – Vicious Circle LP (beides für mich absolut geniale Platten), das Paul Mahern (Zero Boys) Nebenprojekt Datura Seeds und der Barrciaded Suspects Sampler (mit der Band Peace Corpse, wo Bill sang).

    Das Buch gewinnt den Leser vor allem dadurch das jedes Kapitel einen Gegenpol hat: Julianna hatte 2011 einen Schlaganfall, den sie nur knapp überlebte und der sie zum Pflegefall machte. In den US of A immer ein Problem, zuerst mit den Krankenhauskosten (und der Deckung durch eine Versicherung) und dann die Kosten für die Rehabilitation (und deren Deckung).

    Bis Mitte der 90er waren Laden und Label ausreichend um das Leben um finanzieren, dannach hatte zumindest Bill immer einen Job im “echten” Arbeitsleben um beides zu subventionieren. Am Ende bei American Airlines, was ihm zu Freiflügen verhalf.

    Interessant ist das Buch – wie viele andere Lebensgeschichten von Menschen aus der Punk Szene – wenn es darum geht wie Bill da reingeschliddert ist, wie es in den ersten Jahren zuging und was er da so alles erlebt hat (diebische Junkie Kumpels etc).

    Mann merkt beim Lesen allerdings auch das er versucht keine großen Konflikte aufzumachen, ich hätte mich gefreut wenn er auch unerfreuliche Begegnungen im Punk Music Biz benannt hätte, ich gehe davon aus das es diese auch gab.

    Die Italiener von Raw Power kommen immer wieder im Buch vor, ihre wegweisende erste LP hatte auch Toxic Shock zu verantworten, dito die erste DIY Tour der Band in den US of A.

    Spannend zu lesen und im Grund eine tiefe Liebeserklärung an seine Frau (die inzwischen verstorben ist). Und auch irgendwie eine Dokumentation das man sein Ding durchziehen kann (und ggf. rechtzeitig loslassen muss).

    Ich mach solche Bücher, aus so vielen Gründen. Danke Bill!

    Soundtrack dazu: The Dickies – Toxic Avenger, was sonst?

    PS: Das ist die zweite, in UK erschienene, Auflage. Leicht erweitert und aktualisiert.

    Und eine “signed edition” (dank eines lieben Freundes) weil #bookcollectorsarepretentiousarseholes…

    .. Dirk never wears white sox! Fanx Bill!

  • Bücher, schnell gelesen: 1.623

    Bücher, schnell gelesen: 1.623

    Alexandros Anesiadis – We Can Be The New Wind (Earth Island Books, 2022)

    Gelesen: 13.01. – 15.01.2023 (netto 814 Seiten)

    Das ist mal ein ziemlicher Brocken, ich würde sagen das geht als Enzyklopädie durch. Und dann noch über ein Nischenthema, da hat sich der griechische Plattensammler Alexandros Anesiadis aber was vorgenommen!

    Im Grunde versucht er wohl den Link zwischen Punk (End 70er) und Hardcore (Anfang 80er) zu Pop Punk (90er) und Indie Rock (whenever) zu setzen. Und dabei guckt er zurecht in Ecken wie zB die namensgebende LP von 7 Seconds (an der ich mich auch schon abgearbeitet habe) oder aber auch die Post-Hardcore Bands aus DC zur gleichen Zeit.

    Spannend ist mit welcher Bandbreite er unterwegs ist (ca. 150 Bands zumindest mit O-Tönen, ggf. auch aus eigenen Interviews), weitere ca. 900 werden genannt bzw. referenziert. Für mich sind dabei ehr die Bands interessant, die ich nicht kenne bzw. von denen ich keine Platten hab. Bei einigen, die ich auch schätze, freue ich mich das sie hier einen gerechtfertigten Platz bekommen, sei es Adrenalin O.D., J.F.A., Justice League oder auch Trusty.

    Was mich weniger antörnt ist das Format, weil es es mehr Fanzine als Enzyklopädie ist – sowohl textlich als auch gestalterisch. Zu oft werden die gleichen Jubel- bzw. Plattensammlerphrasen benutzt – das nutzt ab. Dazu kommt, das die Auswahl bzw. Linie nicht wirklich stringent beibehalten wurde, aus meiner Sicht wird das durchaus relevante Thema damit verwässert.

    Was auch fehlt, ist eine Sicht die größer als US/CAN und ein bisschen UK ist. Australien? Nur ein paar. Schweden? Fast gar nicht. Deutschland? Weitestgehend ignoriert. Liegt wahrscheinlich daran, das er die meisten Bands als Sammler auf Börsen oder beim Crate Digging gefunden hat (er ist Jahrgang 1981 und damit erst after the fact zu der Musik gekommen).

    Einmal habe ich mich sogar ein wenig aufgeregt: Den tatsächlich relevanten Chemical People wg. ihrer “oft pornographischen” Texte Vorhaltungen zu machen verkennt das Dave Naz (Chemical People, Down By Law etc) ein durchaus anerkannter Fotograf ist (der durchaus auch härtere Erotik im Portfolio hat). Was stört da bloß?

    Trotzdem ein relevantes Buch, da der von Alexandros verfolgte Link so auch von mir wahrgenommen wurde: Mitte der 80er zerfaserte da was und letztendlich waren die Grunge und Pop-Punk Millionen der 90er eine Ernte, die damals gesät wurde.

    Was zum stöbern für Sammler, nix für Experten. Ich bin beides nicht, also passt es nicht 100% für mich. Aber definitiv worth the effort!

    Extra Lob für das Cover vom großartigen Brian Walsby, das die wunderbaren The Nils ganz nach oben hebt. Falls ihr die nicht kennt, dann dreht mal Volume auf 12 und singt ihren wunderbaren Song Fountains mit (von 1985 und damit exakt ein Exhibit Extraordinaire für dieses Buch)

    I can remember long time ago
    When we were kids and said we didn't know
    Diving head first into a fountain of youth
    Didn't last long
    That's the truth now
    One day
    You changed your mind
    and only dream inside us most of the time
    that all of my prayers, all of the promises
    all of my pacts, all of my wishes won't last
    
    (c) Psyche Industry 1985
    

    Soundtrack dazu: Trusty – There Goes Sally, was sonst? Spannend bei dieser Platte ist das sie ehr das Exhibit zum Ende der Ära ist (1995) und für die Zeit total untypisch auf Dischord rausgekommen ist. Für mich immer noch ein veritabler Hit!

    PS: Und Alexandros so? Mag auch Crossover Metal (und hat dazu auch ein Buch geschrieben: The Edge – Where Hardcore, Punk and Metal Collide