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  • Bücher, schnell gelesen: 1.674

    Bücher, schnell gelesen: 1.674

    Jacob Ross – Shadowman (Suhrkamp, 2023)

    Gelesen: 11. – 21.12.2023 (netto 451 Seiten)

    Aus dem karibischen Englisch von Karin Diemerling.

    Der erste Band des Camaho Quartet war ein ganz wunderbares Buch, mit Shadowman kommt “endlich” der zweite Band.

    Wieder sind die Frauen die eigentlich starken Personen und diesmal fokussiert sich Jacob Ross ganz auf Michael “Missa Digga” Digson und seine Kollegin Miss Stanislaus.

    Jacob Ross erklärt das in einem Interview ziemlich elegant:

    That’s the point I make when contrasting Miss Stanislaus with Digger. More often than not Digger is ‘rational’ and gets results, yes; but look at the kind of intelligence that Miss Stanislaus deploys to get at the truth. 
    
    She arrives at insights and conclusions before she rationalizes them, much as James Watson did in working out the double helix structure of DNA, or Elias Howe allegedly did with the sewing machine.
    
    Quelle
    

    Dazu glänzt die Geschichte auch wieder mit viel Humor, viel Lokalkolorit und … großartigen Drinks:

    ( (c) Suhrkamp Verlag 2023)

    Am Ende hat Missa Digga seine Freundin verlassen, Miss Stanislaus gerettet, einen Drogenschmuggel aufgedeckt und einen Kollegen … kaltgestellt. Und die ganze Zeit habe ich mich gefragt ob Miss Stanislaus jetzt mehr wird als seine Kollegin.

    Großartig, coole Figuren und ein perfekt lockerer Ton. Wo sonst brennen Grannies Kokain-Fabriken nieder, wieder und wieder, bis die Drogenpanscher ihre Insel verlassen?

    So geht Lokalkrimi.

    Soundtrack dazu: Kirk And The Jerks – Engine No. 9, was sonst?

    PS: Und Jacob Ross so?

  • Bücher, schnell gelesen: 1.646

    Bücher, schnell gelesen: 1.646

    James Kestrel – Fünf Winter (Suhrkamp, 2023)

    Gelesen: 13. – 15.06.2023 (netto 486 Seiten).

    Aus dem amerikanischen Englisch von Stefan Lux.

    Es gibt Dinge auf dieser Welt, die würde ich gerne nach meinem Gusto haben. Zum Beispiel wünsche ich mir das jeden Monat ein Krimi bei Suhrkamp, Polar, Pulp Master, Rotbuch und Hard Case Crime herauskommt.

    Finde den Fehler.

    Ja, Suhrkamp und Polar liefern zuverlässig. Pulp Master ist da schon schwieriger. Die tolle Rotbuch Krimi Reihe ist quasi verstorben. Und die deutsche Ausgabe von Hard Case Crime (auch bei Rotbuch) ist schlicht und einfach … verstorben. Ich finde das Scheiße. Echt Kacke.

    … Hard Case Crime in Deutsch. Leider nach Band 18 verstorben. ( (c) 2023 gehkacken.de)

    Um so glücklicher war ich das ich beim öffnen dieses Buches im Impressum lass “Die Originalausgabe erschien 2021 unter dem Titel Five Decembers bei Hard Case Crime”. Yippie!

    Auf dem deutschen Umschlag steht prominent “Ein Krimi-Epos für die Ewigkeit” (als Zitat von Dennis Lehane) und “EDGAR AWARD 2022 für den besten Krimi des Jahres”. Für mich ein wenig viel Tam-Tam, dazu ein Cover das so gar nicht zu Hard Case Crime passt …

    …. im Original sieht das so aus:

    James Kestrel – Five Decembers (Hard Case Crime, 2021)

    Und, quelle surprise, es ist tatsächlich ein großartiges Buch. Ne, eigentlich kein Wunder. Hard Case Crime!

    Das Buch spielt vor, während und nach dem 2ten Weltkrieg in Hawaii, Hongkong und Japan. Und bedient sich eines cleveren Kniffs um sowohl hard-boiled Detektive Story als auch Epos zu sein.

    Detektive Joe McGrady, ex-Army Captain aus dem 1ten Weltkrieg, ist beim Honolulu PD eher gelitten als gemocht. Trotzdem bekommt er quasi am Vorabend des Überfalls der Japaner auf Perl Harbor einen Fall. Und der entpuppt sich als Sprengbombe: Blutig, grausam und eine Japanerin und der Neffe eines 4-Sterne Admirals sind tot.

    Und während McGrady auf die Spur des möglichen Mörders angesetzt wird und damit Richtung Westen und Hongkong fliegt, dampft die Japanische Flotte gen Osten und Richtung Perl Harbor. Und tritt den Krieg los.

    Der auch Hongkong erreicht und McGrady, der von seinem Gegner ausmanövriert wurde, im Polizeigefängnis erwischt. Wo er die “Befreiung” durch die Japanische Armee nur überlebt. weil er Amerikaner ist.

    Tja, wie funktioniert das Detektivspiel als Kriegsgefangener? Ab hier wird aus dem hard-boiled Krimi eine ziemlich spannende historische Geschichte mit einem klugen und spannenden Blickwinkel (ich verrate nix).

    McGrady überlebt (aka Fünf Winter) den Krieg in Tokyo, kehrt als totgesagter nach Honolulu zurück und lässt sich sein aufgelaufenes Gehalt nachzahlen. Und kündigt. Und nutzt sein Wissen aus Japan um den alten Fall zu lösen. Und das kommt wieder schön hard-boiled rüber, mit allem was dazugehört (Alkohol, Liebe, Verlust, Gewalt und Verrat). Plus Nazi-Spione. Und und und – ein perfekter Strauss!

    James Kestrel hat mit dem Buch quasi ein komplett neues Genre erfunden, super spannend mit ganz viel historischem Bezug. Das Buch ist immer in voller Fahrt, dennoch schafft er es langsame Momente einzupassen, die überhaupt nicht stören. Ist das eine Adventure-Noir? War-Noir? Mystery-Noir?

    Dazu extrem kenntnisreiche Details, wer aufpasst lernt noch was.

    Ja, das hat was. Zum ganz großen Epos reicht es nicht (dann hätte es das Format von Neal Stephensons Baroque Cycle haben müssen), aber ich bin ziemlich sicher das ich das auf der Leinwand sehen werde.

    Die Story ist zu gut. Gerade auch weil ohne Happy End.

    Was sagt die Welt dazu?

    "Crisp, vivid writing—not a word is wasted...as satisfying as it is deeply unsettling...Highly recommended."
    
    "One hell of a good story. FIVE DECEMBERS blew me away."
    
    "Utterly enthralling. Wildly ambitious and deeply haunting, FIVE DECEMBERS drops you in the middle of a dark noir dream full of heat, loss and memory. Not to be missed." 
    
    "War, imprisonment, torture, romance, foreign language and culture are all explored with genuine feeling. The novel has an almost operatic symmetry, and Kestrel turns a beautiful phrase, too...[He] does this very, very well." 
    
    "Magnificent...a work of panoramic historical fiction [that’s] also a transcendent love story and a gripping thriller...All [the] plot strands come together exquisitely in a truly breathtaking finale that is unbearably violent one moment and tearfully tender the next. Give this special novel the word of mouth it so richly deserves."
    
    "Hardboiled fiction at its best: an exceptional tale, filled with emotion.
    
    "Epic...razor sharp."
    

    Auf gehts, Kaufen!

    Soundtrack dazu: Rotten Blossom – Suffering, was sonst?

    PS: Und James Kestrel so?

  • Bücher, schnell gelesen: 1.632

    Bücher, schnell gelesen: 1.632

    Tom Lin – Die Tausend Verbrechen Des Ming Tsu (Suhrkamp, 2022)

    Gelesen: 10. – 11.04.2023 (netto 291 Seiten).

    Aus dem amerikanischen Englisch von Volker Oldenburg.

    Krimi? Thriller? Mhhhhhh … das Buch passt nur mit viel Mut in diese Schublade. Es passt aber ganz wunderbar neben Die Abendröte Im Westen und Das Böse Im Blut.

    Auch hier ist das Stichwort wieder “The Birth of a Nation is a bloody gory exercise”. Diesmal im Südwesten der US of A, Utah, Nevada, Kalifornien. 1869. Beim Bau der Central Pacific Railroad.

    Und 10tausende Chinesen, die insbesondere die gefährliche (und oft tödliche) Arbeit in den Bergen ausführten.

    Chinese labor was the most vital source for constructing the railroad. Most of the railroad workers in the west were Chinese, as white workers were not willing to do the dangerous work. Fifty Cantonese emigrant workers were hired by the Central Pacific Railroad in February 1865 on a trial basis, and soon more and more Cantonese emigrants were hired. 
    
    Working conditions were harsh, and Chinese were compensated less than their white counterparts. Chinese laborers were paid thirty-one dollars each month, and while white workers were paid the same, they were also given room and board. 
    
    In time, CPRR came to see the advantage of good workers employed at low wages: "Chinese labor proved to be Central Pacific's salvation."
    

    Ausbeutung, Rasissmus, Sklavenarbeit – alles dabei. Und mittendrin ein doppelter Aussenseiter: Ming Tsu, Chinese aber in den US of A geboren und aufgewachsen. Nichteinmal der chinesischen Sprache mächtig. Aber von seinem amerikanischen Ziehvater als Killer ausgebildet.

    In die Reihen der Bahnarbeiter hat ihn das Schicksal verschlagen: Die Liebe zu einer weißen Frau wurde vom Schwiegervater brutal beendet und er wurde in die Sklavenarbeit gezwungen. Mit der Bahn kam er nach Utah, ohne die Bahn macht er sich auf von Utah auf zurück nach Kalifornien. Zu seiner großen Liebe Ada.

    Eine perfekte “Ein Mann Sieht Rot” Geschichte, in der der Profi-Killer seinen zukünftigen Opfern immer überlegen ist: Zum einen unterschätzen sie ihn ständig (er ist ja nur ein unterwürfiger gesichtloser Chinese), zum anderen ist er Profi. Mit dem Colt. Mit dem angeschliffenen Schwellennagel.

    Aber das ganze passt auch andersrum: Für Ming Tsu sind auch alle Weißen gleich, gleich aussehend und gleich egal. Und darum verblasst auch die Erinnerung an seine große Liebe.

    Der Rachetrip gen Westen ist aber nicht nur durch lakonische Kills spannend, sondern auch weil Tom Lin ganz wunderbare Landschaftsbeschreibungen beigibt. Und Ming Tsu auch eine etwas andere Begleitung mit auf den Weg gibt: Ein alter Chinese, blind, aber mit Fähigkeiten als Seher. Name: Der Prophet. Dazu eine kleine Sideshow Truppe mit wundersamen Fähigkeiten.

    Und während Ming Tsu sich als Rächer gen Westen mordet, hungert und friert ahnt der Leser schon das am Ende nicht der Topf voll Gold wartet. Und trotzdem bekommt Tom Lin ein ordentliches Ende hin, natürlich ohne Happy End.

    Im kleinen Klasse, im großen immer noch Klasse und ein Blick in eine Zeit wo der Fortschritt die Anarchie und das Chaos noch nicht eingefangen hat. Mit klugem Blick erkennt aber der Prophet das die Bahn genau dieses machen wird.

    Ich mag solche Bücher, zumal dieses extrem kurzweilig daherkommt. Und auch ausreichend blutig, wo Blut fließt. Cool.

    Bin definitiv gespannt was Tom Lin nach diesem Erstling noch so fertig bringt.

    Soundtrack dazu: Huevos Rancheros – What A Way To Run A Railroad, was sonst?

    PS: Und Tim Lin so?

    PPS: Some views into the past

    PPPS: Und eine kleine Kindheitserinnerung – Hörspiele aus dem Wilden Westen auf Schallplatte

    https://www.youtube.com/watch?v=IFrAa4GLDY4

    PPPPS: Weil es grad so schön passt …