Category: Bücher

  • Bücher, schnell gelesen: 1.790

    Bücher, schnell gelesen: 1.790

    Louise Doughty – Deckname Bird (Suhrkamp, 2025)

    Gelesen: 23. – 28.09.2025 (netto 376 Seiten)

    Aus dem Englischen von Astrid Arz.

    Was ne coole Story, was ne coole Heldin!

    Heather Berriman aka Bird verpisst sich aus einem Meeting Raum, läßt ihren Chef und Kollegen zurück und …

    … lässt ihr ganzes Leben zurück.

    Und das ganze bekommt einen Doppel-Twist dadurch das sie bei einem der geheimen Geheimdienste im United Kingdom arbeitet. Nach einer Karriere (naja, endete mit Rausschmiss als sie einen Offizier umhaute) beim Militär wurde sie Spionin.

    Wie ihr Vater. Und hat sich immer auf diesen Moment vorbereitet. Wenn irgendwas schief geht … dann nix wie weg.

    Das Ganze könnte auch eine Reality-TV Serie sein: Menschen müssen an furchterregenden Orten wie „dem Norden“, „auf dem Land“ oder “auf der Insel” überleben.

    Es zeigt den Schrecken, verfolgt zu werden, greift aber die große Fantasie auf: Wie es wäre, alles stehen und liegen zu lassen und zu fliehen, verschiedene Rollen anzunehmen und sich auf Überlebensfähigkeiten zu verlassen, die man aus Pfadfinderhandbüchern (und in der Ausbildung beim Geheimdienst) gelernt hat.

    Auch wenn Birds Hauptgefühl vielleicht Angst ist, ist die Geschichte für den Leser einfach großer Spaß, mit ganz viel dunklem englischen Humor (und einigen Leichen).

    Eine fast schon leichte, smarte und irgendwie coole Geschichte von eine starken Frau, against all ods. Die aber genau weiß was sie will und wie sie es vom Geheimdienst bekommt.

    Da bin ich auf die Verfilmung gespannt, die Autorin hat bereits sehr erfolgreiche TV Serien geschrieben.

    Soundtrack dazu: The Sect – Firebird, was sonst?

    PS: Und Louise so?

    PPS: Und, klar, ein Book Trailer…

  • Bücher, schnell gelesen: 1.789

    Bücher, schnell gelesen: 1.789

    Jon Bassoff – Todestaufe (Polar Verlag, 2025)

    Gelesen: 15. – 22.09.2025 (netto 305 Seiten)

    Aus dem Amerikanischen von Sven Koch.

    Ganz selten einmal hab ich einen WOW Effekt bei dem deutschen Titel eines Buches. Hier war mal wieder so weit: Aus dem Original Beneath Cruel Waters wurde Todestaufe. Kann passen, muss nicht passen.

    Und dann, auf Seite 305, kommt der Knaller. Und der deutsche Titel schlägt den amerikanischen um … Lichtjahre (einzig das Stock-Foto auf dem Titel passt so garnicht).

    Jon Bassoff schreibt in der Regel Genregrenzgänger. Horror? Crime? Thriller? Ich glaube er kann alles. In Todestaufe schafft er eine perfekte Balance zwischen einem langsamen Psychothriller (mit einem ziemlich fesselnden und verstörenden Fixpunkt) und einer emotionalen Coming-of-Age-Geschichte. Und erinnert den Leser daran das eine impulsive Entscheidung den Verlauf eines Lebens komplett verändern kann.

    Und auch daran, dass Geheimnisse um des Scheins willen und Lügen letztlich zur Tragödie führen, besonders wenn sie im Namen der Religion geschehen.

    Auf gehts nach Thompsonville, Colorado. 1984.

    Eine Frau betritt das Haus eines Mannes und feuert drei Schüsse ab: Einen in den Bauch, zwei in die Brust. Nachdem er seinen letzten Atemzug getan hat, zückt sie eine alte Polaroid-Kamera, macht ein Foto und geht zur Tür hinaus.

    34 Jahre später kehrt dieselbe Frau in das inzwischen baufällige, niedergebrannte Haus zurück, liest eine Bibelstelle und erhängt sich anschließend.

    In Deerfield, Kansas, wacht Feuerwehrmann Holt Davidson in einem billigen Motel neben einer Kellnerin auf, die er am Vorabend in einem Straßencafé aufgegabelt hat. Die unwillkommenen Fragen der verheirateten Frau nach seiner Identität werden durch einen Anruf unterbrochen, in dem ihm mitgeteilt wird, dass Vivian, seine Mutter, Selbstmord begangen hat.

    Was für ein cooler Start in die Geschichte.

    Von da an seziert Jon Bassoff quasi die Story: Er enthüllt Geheimnisse und Details gaaaanz laaangsam Stück für Stück, sodass der erfahrene Crime Leser Hinweise und Informationsfetzen zu eigenen Theorien entwickeln kann.

    Mehr als einmal schickt er dabei den Leser nicht auf eine falsche Fährte sondern lasst die Geschichte schlicht und einfach nicht vorhersehrbar weitergehen. Dazu ist das Buch eine außerordentlich Düster, perfekt Hoffnungslos und es ruft alle Geister herbei, besonders der Kindheit.

    Und während der Leser grübelt, gräbt Holt in seiner Familiengeschichte. Tief. Immer tiefer. Immer fieser. Und dann kommt die Todestaufe.

    Auf Seite 305.

    Ein fesselndes Buch mit WOW Effekten.

    Soundtrack dazu: Debt Neglectors – Bad Faith, was sonst?

    PS: Jon schafft auch relevante Settings…

    ( (c) Polar Verlag 2025)

    PPS: Und Jon hat Humor…

    PPPS: Und nach dem Buch wurde auch ein Song gemacht

  • Bücher, schnell gelesen: 1.788

    Bücher, schnell gelesen: 1.788

    Alan Parks – Möge Gott Dir Vergeben (Polar Verlag, 2025)

    Gelesen: 05. – 14.09.2025 (netto 399 Seiten)

    Aus dem schottischen Englisch von der wunderbaren Conny Lösch (ein Qualitätsmerkmal).

    Und wieder bleibt Alan Parks seinem coolen Setting treu: Der fünfte Fall von Harry McCoy spielt vom 20.05.1974 bis zum 30.05.1974, wieder 10 Tage realistische Polizeiarbeit, wieder ein tiefe Hate/Love Story an das Glasgow der 1970er.

    20.05.1974: McCoy steht vor einer wütenden Menge, die den Glasgower Sheriff Court belagert. Das Volk will Blut sehen, Hang ’em high ist der Slogan. McCoy ist geradeben aus dem Krankenhaus entlassen und noch nicht vollständig von einem Magengeschwür genesen. Was treibt ihn in das Chaos?

    Bei einem Brandanschlag auf einen Friseursalon sind Menschen gestorben. Drei Jugendliche wurden festgenommen. Der Mob lechzt nach ihrem Blut, doch als der Gefangenentransporter sie vom Gerichtsgebäude zum Gefängnis bringen soll, wird er von einem Lastwagen gerammt und die Jungen werden befreit.

    Niemand scheint sich groß darum zu kümmern, warum die drei jungen Männer dies getan haben. Außer McCoy natürlich und seinem Chef Murray, der seinem Detektiv erlaubt, herumzuschnüffeln und mit seinem Gangster-Freunden zu sprechen um Antworten zu finden.

    Daneben soll er seinem Kollegen Wattie helfen einen anderen Fall zu lösen und bekommt noch einen Selbstmord zur Untersuchung.

    Der Leser merkt schnell das am Ende alle drei Fälle zusammenhängen (und ein kleiner Hint ist auch früh versteckt), aber Alan Parks hält die ganze Zeit die Spannung hoch. Und wie?

    Ganz einfach: McCoy und sein Chef folgen quasi immer den ersten und offensichtlichen Spuren. Und finden nix. Weder Motiv noch Täter. Erst zum Ende fragt sich McCoy, ob sie überhaupt die richtigen Fragen an die richtigen Personen stellen.

    Und als er das macht, öffnen sich alle Fälle wie ein offenes Buch. Der Weg dahin ist aber voller Gewalt (und mit reichlich Toten), inklusive sehr bildlicher Folter. An Schuldigen. Dazu ein traurig überzeugender Handlungsstrang zum Thema Kindesmissbrauch und Kirche. Harte Kost.

    Aber perfekt in Szene gesetzt. Die Schauplätze sind überzeugend – der schreckliche Schmutz von billigen Wohnungen und Shebeens, die grauenhafte Einrichtung der aufstrebenden Gangsterhäuser. Das Wetter.

    Und erfährt McCoy Vergebung oder erteilt er Vergebung?

    30.05.1974:

    ( (c) Polar Verlag 2025)

    Auf keinen Fall!

    Soundtrack dazu: Gallows – The Great Forgiver, was sonst?

    PS: Glasgow 1974 …