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    Bücher, schnell gelesen: 1.765

    Nicolás Ferraro – Ámbar (Pendragon, 2025)

    Gelesen: 25. – 28.04.2025 (netto 305 Seiten)

    Aus dem argentinischen Spanisch von Kirsten Brandt.

    Was für ein wunderbares Buch!

    Aus Argentinien, meiner heimlichen Liebe (seit ich 1996 in Buenos Aires war um das vorletzte Konzert der Ramones zu sehen).

    Victor und Ámbar fahren in alten, spottbillig gekauften Klapperkisten von einer kleinen Stadt zur nächsten. Victors Beruf ist Kleinkrimineller, seine Tochter Ámbar ist 15 und sowas wie seine Assistentin. Verarztet sein Schußwunden. Macht Aufklärungsarbeit. Und kennt kein anderes Leben. Und keine andere Schule als die Schule der Straße.

    Nicolás Ferraro macht sich nicht mal die Mühe, die Namen der Städte zu nennen. Sie sind alle gleich: verarmt, schmutzig, verlassen und vernachlässigt. Und voller Machismo.

    Das Buch ist in drei Teile gegliedert. Teil 1 trägt den Titel „Von Nirgendwo“ und ist sowas wie der Road-Movie Teil. Teil 2 heißt „Ins Nirgendwo“. Der Road Movie wird quasi sesshaft, Victor ist auf der Suche nach Rache, Ámbar auf der Suche nach Liebe. Es wird härter, blutiger und echt fies.

    So wie das eben ist, wenn der Rachewunsch auf sein Ziel trifft: Auftritt Mbói, definitiv ein skrupelloser Bösewicht. Mit einem Bruder der noch viel schlimmer ist. Denn der foltert Ámbar und Tana (Victors heimliche Freundin), um Victors Versteck herauszufinden.

    Es ist eine ziemlich plastische und grausame Folterszene, direkt aus einem Slasher oder Gore Movie. Doch Victor, ein kompromissloser Dauerlügner, bleibt der böseste Bösewicht des Buches. Und …

    …Teil 3 trägt dann den passenden Titel „Ámbar“, weil sie sich da ihr Leben zurückholt. Ein Leben, das sich von ihrem Vater loslöst.

    Am Ende ist es – perfekt – kein Happy End sondern der Leser muss sich entscheiden: Hat Ámbar den rechten Weg gewählt. Und was ist aus Sicht des Leser eigentlich “der (ge)rechte” und der “un(ge)rechte” Weg.

    Alles ein Frage des Standpunktes.

    Im Englischen ist das Buch als “My Favorite Scar” herausgekommen und damit verbunden ist auch die Quintessenz des Buches:

    Victors Körper ist mit zahlreichen Narben übersät – Erinnerungen an Scharmützel mit anderen Verbrechern. Außerdem trägt er Ámbars Namen auf seinem Arm tätowiert.

    Victor nennt sowohl seine Tochter als auch das Tattoo „Meine Lieblingsnarbe“. Narben sind in der Regel unansehnliche Makel, die für immer bleiben. Manchmal sind sie schmerzhafte Erinnerungen an tragische Ereignisse.

    Ich möchte eigentlich nicht als jemandes Lieblingsnarbe bezeichnet werden.

    Am großartigen Ende des Buches findet Ámbar einen Weg, das Tattoo dauerhaft vom Arm ihres Vaters zu entfernen.

    Bäng!

    Ich folge Ámbar, no matter what!

    Und ja, kommt definitiv in auf die Shortlist “Buch des Jahres 2025”!

    Soundtrack dazu:

    PS: Das Deutsche Cover ist gut, aber nicht ganz so gut wie das Original von Editorial Revólver…

    Nicolás Ferraro – Ámbar (Editorial Revólver, 2021)

    PPS: Und Nicolas so?