
Gelesen: 26. – 29.05.2024 (netto 385 Seiten plus 13 Seiten Nachwort von Carolin Würfel)
Aus dem Amerikanischen von Otto Wilck und Max Schroeder. Vollständig neu überarbeitet von Hans-Christian Oeser.
Also die Lebensgeschichte von Edith Anderson ist schonmal eine ganze besondere: Eine jüdische Kommunistin verlässt 1947 die US of A um ihrem Mann, deutscher Kommunist der in New York im Exil war, nach Ost Berlin zu folgen.
Nach Deutschland. Wo die Nazis Millionen Juden umgebracht haben. Aus dem reichen und funktionierenden Amerika in den zerstörten und ärmeren Teil Deutschlands. Letztendlich hinter den Eisernen Vorhang (aber das ahnte sie 1947 noch nicht).
Ihr Mann wird Chef-Lektor beim Aufbau-Verlag, sie wird Teil der Kultur-Elite.
Und kann ihren ersten (diesen) Roman veröffentlichen, im Original als Gelbes Licht 1956 erschienen.
Es ist ein ziemlich lakonisches Buch über einen Moment, der sowohl in den US of A als auch in anderen Ländern klammheimlich das Gefüge zwischen Mann und Frau verschob.
Der zweite Weltkrieg. Und Millionen von Männern an der Front. Und ihre Jobs – übernahmen zum Teil die Frauen. Edith Anderson hat es selbst erlebt, von 1943 bis 1947 war sie Schaffnerin bei der Pennsylvenia Railroad.
Edith erzählt mit viel O-Tönen wie die Frauen Mauern einreißen können, die Männer (inkl. der Gewerkschaften) aber ihre Privilegien bis aufs Blut verteidigen. Teils lustig, teils todtraurig. Und böse.
Und am Ende, als der Krieg aus ist, da kommen die Männer zurück.
Aus heutiger Sicht ein Zeitsprung in eine echt elende Zeit, voller struktureller Ungerechtigkeiten. Und einer Arbeitswelt in den US of A, die per se ungerecht gegenüber den Arbeitnehmern ist.
Mit 385 Seiten sicher zu viel, aber da Edit Anderson nie den erhobenen Zeigefinger in die Erzählung einbringt ist es gerade so zu ertragen. Als Zeitzeugniss ist es auf jedem Fall ein starkes Stück Emanzipation.
Soundtrack dazu: Government Warning – Railroaded, was sonst?
PS: Book Collectors are pretentious assholes – #0895 der nummerierten Erstausgabe!
PPS: Und das bleibt…